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Znaim und Frein

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Wenn man sich Znojmo (Znaim) vom Süden her nähert, ist der große Gebäudekomplex mit seiner impo- santen Kuppel gar nicht zu überse- hen: das früher vor den Stadttoren liegende Kloster Bruck (Louka). Daß das Kloster seine spirituelle Vergangenheit zuerst mit dem tri- vialen Dasein einer Tabakfabrik, dann einer Kaserne tauschen muß- te, hat mit den kommunistischen Jahren nichts zu tun. Kaiser Joseph II. hat das so gewollt.

Das ehemalige Prämonstra- tenserkloster blickt auf eine lange Geschichte zurück. Die erste Prä- monstratenser-Kanonie wurde 1190 errichtet. Und unterzeichnet ist die Stiftungsurkunde von Marie von Wittelsbach, der Mutter des Znaimer Fürsten aus dem Ge- schlecht der Pfemysliden, Konrad III. Das Kloster ist heute noch in ei- nem durchaus guten Bauzustand. Und man kann sich gut ausmalen, wie dieser Bau die Gegend vor der Stadt ehedem beherrschte.

Zwei ganz große Österreicher des Barocks waren hier am Werk: Lukas von Hildebrandt und Franz Anton Maulpertsch.

Die Tragik von Bruck: Kaum hatten die Prämonstratenser ihr neues Kloster, das dem nieder- österreichischen Stift Göttweig äh- neln sollte, übernommen, mußten sie es auf kaiserliches Geheiß räu- men.

Heute kann man Kloster Bruck und seine noch vorhandenen bauli- chen Schätze besichtigen - aller- dings nicht immer und nicht alles. Einen Versuch ist es aber in jedem Fall wert.

Vom Kloster nordwärts führt der Weg über den ehemaligen Marien- platz (heute Name Masaryk) - mit seinen wunderschönen Renaissan- cehäusern und einem furchtbar häßlichen „modernen" Kaufhaus - zum Rathaus, mit seinem für Mäh- ren einzigartigen spätgotischen Turm samt Turmhaube aus zwei übereinanderstehenden Helmen, mitten in die Stadt.

Dieser Rathausturm ist ein Werk des Südmährers Niklas von Edel- spitz, dessen steinernes Selbstbild- nis in der Znaimer Stadtpfarrkirche St. Niklas die Zeiten überdauert hat. Dorthin gelangt man vom Marktplatz - bis um die Mittagszeit herrscht da um die Mariensäule herum ein recht buntes Markttrei- ben - durch die V. Mikulasska mit ihren wunderschönen, aber vielfach renovierungsbedürftigen Althäu- sern.

Das spätgotische Aussehen prägt die Kirche seit dem 14. Jahrhun- dert. Im Inneren ein Barockjuwel, das man gesehen haben sollte: eine Kanzel in Form einer Weltkugel. Und da schmücken die Kirche beim Besuch auch noch die Zweige der heurigen Fronleichnamsprozession.

Sie hat, erzählt der Mesner in akzentfreiem Deutsch, erstmals seit 42 Jahren wieder durch die Straßen von Znaim geführt. „Nicht nur bei uns, das war im ganzen Land so."

Weiter geht der Weg über die Vel. Frantiskanska, vorbei an der neu renovierten orthodoxen Doppel- kirche, zum ehemaligen Minori- tenkloster oberhalb der- momentan nicht zugänglichen - Burg mit der weltberühmten Rotunde der Heili- gen Katharina und zum Süd- mährischen Museum, in dem auch eine Dokumentation zu den Pre- mysliden-Fresken der Rotunde zu sehen ist. Wann diese einmaligen Fresken selbst einmal renoviert wieder der Öffentlichkeit zugäng- lich sein werden, wußte freilich niemand zu sagen...

Wenn man in Znaim ist, sollte man keinesfalls an Schloß Frein (oft auch Frain geschrieben) vor- beigehen. Um es vorwegzunehmen: Es ist wohl das schönste Schloß Mährens, hoch über der Thaya ge- legen. Und man sollte sich auch nicht von „Alle Führungen schon ausgebucht!" abwimmeln lassen, sondern zuwarten. Oder sich - Vergebung - hineinschwindeln.

Der ab 1688 von Johann Bern- hard Fischer von Erlach für die Familie der Grafen Althann begon- nene und von Josef Emanuel rund vier Jahrzehnte später vollendete Bau ist einzigartig. Wer Frein ge- sehen hat, der ahnt, was die Fischer von Erlachs unter einem barocken Gesamtkunstwerk verstanden ha- ben.

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