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Regionen — Illusionen?

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Als der steirische Landesrat Gerhard Hirschmann kürzlich die Abschaffung der Bundesländer und ihre Zusammenfassung zu drei Großregionen vorschlug, erntete er nur Spott und Hohn.

Die ichärfste Ablehung von Hirschmanns Ideen kam aus seiner eigenen Partei. Das ist verständlich. Nichts käme etwa dentoberöster-reichischen Landeshauptmann wenige Wochen vor einer Landtagswahl so ungelegen wie eine Debatte über die Existenzberechtigung seines Bundeslandes.

Auch kann sich die ÖVP leicht ausrechnen, was die Zusammenlegung der südlichen bzw. östlichen Bundesländer zu größeren Einheiten für sie bedeuten würde: Das Verhältnis von sieben ÖVP-Landes-hauptleuten zu zwei der SPÖ würde sich umkehren zu zwei sozialdemokratischen gegen einen ÖVP-Begio-nalpräsidenten.

Nicht ganz so stichhaltig ist das Argument, die Bundesländer seien seit dem Mittelalter gewachsene politische Einheiten, die man nicht antasten dürfe. Die Steiermark war bis 1918 größer als sie heute ist. Tirol reichte bis 1918 von der bayrischen Grenze bis zum Gardasee. Vorarlberg war Teil des alemannischen Vorderösterreich. Das Burgenland gehörte bis 1918 zur ungarischen Krone und kam 1921 zur Republik, Salzburg kam auch erst 1815 zu Österreich.

So bald wird sich die föderalistische Struktur Österreichs in seiner jetzigen Gestalt freilich nicht ändern, aber die Idee von quasi EU-unmittelbaren / Regionen flackert da und dort in Europa immer wieder auf. Selbst in so erzzentrali-stischen Staaten wie Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien beginnen sich regionalistische und föderale Tendenzen zu regen.

Einen neuen, wenig beachteten Aspekt hat das Referendum in Schottland vom letzten Wochenende gebracht. Neben dem eigenen Parlament und der begrenzten Steuerhoheit haben die Schotten auch dafür gestimmt, daß in Zukunft bei den EU-Räten neben dem jeweiligen Minister des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland auch ein Vertreter Schottlands sitzen wird.

Freilich handelt es sich bei der schwierigen Beziehung zwischen England und Schottland nicht um das Verhältnis einer untergeordneten politischen Gestalt zu einer übergeordneten, sondern um zwei Nationen, die durch Gewalt zu einer Union zusammengeschmiedet wurden.

Die Nationalstaaten werden nicht so schnell verschwinden, mehr und mehr werden sich aber andere Einheiten - Länder, Begio-nen - Gewicht verschaffen und ihre wirtschaftlichen Interessen im europäischen Standortwettbewerb selbst in die Hand nehmen und in „Brüssel” durchzusetzen versuchen.

Unter diesem Gesichtspunkt ist eine Debatte über die künftige Form des österreichischen Föderalismus nicht ganz so absurd wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag.

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