Die Flutkatastrophe rund um den Indischen Ozean stellt zentrale Fragen an den christlichen Glauben: Dort, wo die Erfahrung des sinnlosen, unverschuldeten Leidens mit dem Glauben an einen liebenden, allwissenden und allmächtigen Schöpfergott zusammentrifft, entsteht angesichts von Katastrophen mit Notwendigkeit die Frage: Wie kann Gott das zulassen? Eine theoretische Antwort darauf gibt es nicht. Der Optimismus der Aufklärungszeit, wir lebten in der besten aller möglichen Welten und das Übel sei nichts anderes als eine Defizitausgabe der Vollkommenheit, ist am 1. November 1755 im Erdbeben von Lissabon zerstört worden. Klassisch der Einspruch Voltaires: Ist die Zerstörung durch das Erdbeben "das Ergebnis der ewigen Gesetze, die dem Willen eines freien und guten Gottes unterworfen sind? Wie kann man einen Gott begreifen, der die Güte selbst ist und seinen Kindern, die er liebt, so viel Gutes erweist, und der gleichzeitig über sie die Übel mit vollen Händen ausgießt?"
Christlicher Glaube reagiert auf die Unfassbarkeit des Leidens mit der Dialektik von Kreuz und Auferstehung. Gott identifiziert sich in Jesus mit den Menschen. Er wird wie sie geboren und geht mit ihnen bis zum Äußersten, bis in den Tod. In der Auferstehung eröffnet er Zukunft auch für die Toten. Die Verheißung eines neuen Himmels und einer neuen Erde, von der die Offenbarung spricht, setzt nicht die Vernichtung des Bestehenden voraus, sondern meint die Wiederbringung alles Geschaffenen. Gerade angesichts der unzähligen namenlosen Opfer wahrt so die Auferstehungshoffnung die Würde jedes einzelnen Menschen. Dieser Glaube ist nicht logisch ableitbar oder theoretisch beweisbar. Aber er gibt Kraft, dem Unfassbaren standzuhalten, er macht Mut zur Klage und ruft zur Solidarität der Hilfe auf.
Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.
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