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Dem fesen entgegen

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Sparformen feiern in den letzten Wochen in zunehmendem Maße Jubiläen.

SO Jahre ist die Sparkassenbewegung alt. Volksbanken feiern ihre lOOjätiri- gen Julbiläen. Raiffeisenkassen jubilieren ebenso. Nunmehr hat eine andere Sparform in Österreich sogar ihren 200. Geburtstag gefeiert. Das Geburtstagskind Pfandbrief wurde in Anwesenheit des Bundespräsidenten, zahlreicher Minister und Staatssekretäre auf diese Weise geehrt. Daß diese Feier, die im Theater in der Josefstadt stattfand, nicht nur eine Jubiläumsfeier im üblichen Sinn blieb, kann darauf zurückzuführen sein, wie Gen. Dir. Miksch in seiner Festansprache sagte, „Weil der Pfandbrief als Anlageform dem Wesen des Österreichers schon immer stark entgegenkam.”

Ursprünglich sollte dieser Pfandbrief als Instrument zur Behebung der Schäden des Siebenjährigen Krieges mit dem Königreich Preußen unter Kaiserin Maria Theresia dienen. Österreich, damals Gegner Preußens auf dem Schlachtfeld, war nämlich bereit, diese Einrichtung zu übernehmen, sie den spezifischen Erfordernissen anzupassen und erfolgreich für den wirtschaftlichen Aufbau etazusetzen.

Schon damals erwiesen sich diese Pfandbriefe eben dem Wesen des Österreichers entgegenkommend, wenn auch im Vergleich zu anderen Wertpapierarten, wie Miksch meint, nicht immer die höchsten Renditen zu erzielen waren, der Österreicher aber schätzte die bemerkenswerte Kursstabilität mehr als ein allzu hohe? Risiko. Stärker allerdings konnte sich der Pfandbrief erst vor 100 Jahren in Österreich durchsetzen. Seit damals wurde er von der österreichischen Nationalbank und von der österreichischen Bodenkreditanstalt, einem Vorgängerinstitut der Creditanstalt-Bankverein, betreut. Eine wesentliche Neuerung bedeutete es damals, daß nicht nur Papiere über eine Einzelhypothek dem Publikum angeboten wurden, sondern daß die Gesamtheit der Pfandbriefe nunmehr durch eine Vielfalt in Laufzeithöhe und Ertrag entsprechender Hypotheken gedeckt war. Damit war der Weg frei zur Überbrückung der unterschiedlichen Fristigkeiten der angebotenen Mittel und der Kredite gegen Sicherstellung durch Liegenschaften.

Heute bestehen in Österreich zwei gemischte Hypothekenbanken, die Creditanstalt-Bankverein und das österreichische Credit-Institut, für die das Hypothekenbankgeschäft eine organische Ergänzung des Mobilbankgeschäfts darstellt. Diese Banken werden dadurch in die Lage versetzt, für die Realisierung der auf allen Bereichen der österreichischen Wirtschaft herangetragenen Projekte, den einzeflnen Erfordernissen angepaßte Gesamtflnanzierungskonzepte anzubieten, in deren Rahmen auch langfristige Mittel zur Verfügung gestellt werden können.

Allerdings sind in den letzten Jahren in der Nachfrage für Hypothekardarlehen, wie man aus Kreisen der Hypothekenbanken erfahren konnte, wesentliche Verschiebungen eingetreten. Wenn ursprünglich die Landwirtschaft an der Spitze der Kreditwerber stand, wurden in der Folge immer mehr Finanzierungen auf anderen Wirtschaftssektoren durchgeführt.

Jedenfalls steht eines fest: Für viele österreichische Sparer bilden die Papiere den Grundstock ihres Wertpapiervermögens. Durch seine gute Kurspflege ist für die Leute von den Hypothekenbanken und Hypothekeninstituten maßgebend, daß das Papier in Österreich eine solche Beliebtheit erreicht hat. In Kreisen der Hypothekenbanken spricht man heute, wenn man vom Pfandbrief spricht, von einem „alten Instrument”. Man weiß, daß immer wieder Versuche unternommen werden müssen, diese Sparform den Wünschen der Kunden anzupassen. So wurde unter anderem in der schnellebigen Zeit eine Verkürzung der Laufzeiten der Emissionen eingeführt Einen wesentlichen Auftrieb hat das Pfandbriefgeschäft zweifellos dadurch erreicht, daß die steuerlichen Benachteiligungen gegenüber den Anleihen der öffentlichen Hand und der Energiewirtschaft innerhalb des letzten Jahres weggefallen sind. Nunmehr können auch jene Kreise des Publikums angesprochen werden, so meint man, die eine steuerbegünstigte Wertpapieranlage su chen. Um überhaupt ein breites Publikum anzusprechen, haben sich die Hypothekenanstalen innerhalb der letzten Zeit überraschend werbeexpansiv gezeigt.

So bieten die CA und die anderen verstaatlichten Banken ein Programmsparen, in dem auch das Pfandbriefsparen enthalten ist, die Hypothekenanstalten haben ihre Werbung unter der Devise „Das Huhn, das goldene Eier legt” auf ein immer breiteres Publikum ausgeweitet.

Die höhe Verzinsung bei relativ großer Sicherheit, wird für ein breites Publikum ausschlaggebend gewesen sein, sieh dieser Sparform immer stärker zuzuwenden, meint man bei Hypothekenbanken und anstalten. Miksch meinte jedenfalls, „für die überschaubare Zukunft glaube ich, daß der Pfandbrief seine Bedeutung beibehalten wird”. Finanzierungsaufgaben auf den Gebieten der Landwirtschaft, des Fremdenverkehrs, des Gewerbes und der Industrie, aber auch der Verbesserung der Infrastruktur der Gemeinden, der Stadterneuerung und des Wohnungsbaues werden weiterhin erhöhte Anforderungen an die Realkreditki’Stitute stellen.

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