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Undurchdachtes Modell von franz kohmaier

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Das auf der gegenüberliegenden Seite beziehungsweise oben abgedruckte Pensionsmodell der Grünen ist ein weiterer Beweis, daß Politiker nach wie vor glauben, diese Pensionswahrheit negieren zu können; denn daß heute eine politische Gruppierung nicht weiß, wie es um die Finanzierbarkeit der Pensionen steht, ist kaum anzunehmen.

Diese Pensionswahrheit besagt, daß - projiziert man die demografische Entwicklung, die man kaum beeinflussen kann, auf 1995 ~ zusätzliche 180 Milliarden gebraucht werden, um die Pensionen im heute versprochenen Umfang zu finanzieren. Die Grünen legen zu diesen 180 Milliarden nochmals 45 Milliarden dazu! Einen Beitrag zur Lösung der Pensionsproblematik liefert dieses Grüne Pensionsmodell daher sicher nicht. Diese Partei fordert mit der Vorlage ihres Pensionsmodells alle auf, dazu kritisch Stellung zu nehmen. Das soll hiermit erfolgen.

Vorbemerkung 1: Eine grundlegende Änderung eines Pensionssy-stems(PV) ist praktisch unmöglich.

Hat einmal ein Volk ein Pensionsmodell gewählt, dann ist es praktisch unmöglich, auf ein anderes Modell umzusteigen; denn das würde bedeuten, daß eine Generation zweimal zur Kasse gebeten werden müßte.

In Osterreich haben wir ein Pensionssystem, das auf das Erwerbseinkommen abgestellt ist; wer niemals erwerbstätig war, hat keinen Anspruch auf eine Pension im Alter.

Sicher, in Europa gibt es zahlreiche Pensionssysteme, die auf eine Grundversorgung für alle abgestellt sind (Volkspensionsmodelle ähnlich Schweiz, Skandinavien, Holland und andere). Alle diese Modelle sind jedoch historisch gewachsen; außerdem gewähren sie Pensionen erst ab 65 (!) Jahren (Männer und Frauen!).

Das Grüne Pensionsmodell verschweigt sich - nicht unabsichtlich -zum Pensionsalter. Es soll daher wie bisher angenommen werden (57 Jahre im Schnitt).

Die Finanzierung des Grünen Pensionsmodells geht davon aus, daß die aus Steuermitteln aufgebrachten Bundeszuschüsse zu einer vorgeschlagenen Umverteilung zur Verfügung stehen. Es wird aber übersehen, daß jedes Pensionssystem auf 70 Jahre angelegt sein muß: 30 Jahre Pensionsbezug inklusive Witwenpensionen und 40 Jahre Beitragszeit.

Selbst wenn es gelänge, ab morgen das Beamtendienstrecht inklusive der Beamtenpensionen - das juristisch stark abgesichert ist - auf ASVG-Pensionen umzustellen, dauert es 40 bis 70 (!) Jahre, bis die letzte Beamtenpension nach derzeitigem Recht ausläuft. Oder glaubt man, daß sich die Beamten ihren Pensionsstatus über Nacht wegnehmen lassen werden?

Gelänge selbst eine Umstellung, errechnet sich ein fiktiver Wert von 7,5'(!) Billionen Schilling für sämtliche Pensionsanwartschaften, die irgendwie abgelöst und aufgebracht werden müssen.

Die Bundesmittel, die heute für Beamtenpensionen aufgebracht werden und mit denen die Grünen ihr Modell finanzieren wollen, stehen daher für die nächsten 40 bis 70 Jahre nicht zur Verfügung (detaillierte Berechnung siehe Kasten rechts).

Das Grüne Pensionsmodell nimmt die Pensionsrealität nicht zur Kenntnis. Es überträgt ausländische Vorbilder, ohne jedoch die Konsequenzen anzuerkennen. Diese Konsequenzen sind: Eigenvorsorge in einer zweiten und dritten Säule nach dem Deckungsprinzip. Nur dann könnte das heute versprochene Pensionsniveau soweit reduziert werden, daß es mit den heutigen Beitragssätzen von 22,8 Prozent ohne zusätzliche Steuermittel zu finanzieren wäre. Selbstverständlich kann man die Soziale Komponente in einem Pensionssystem verstärken - wie das die Grünen vorschlagen -, nur muß man gleichzeitig sagen, woher die zusätzlichen Mittel kommen sollen:

Die eigentliche Pensionsproblematik klammern die Grünen aus. Sie gehen beim vorgelegten Modell von realitätsfernen Annahmen aus und leisten daher keinen brauchbaren Beitrag zur Problemlösung. Angesichts eines schon derzeit vorhandenen zusätzlichen Finanzierungsbedarfs von 180 Milliarden Schilling noch weitere 45 Milliarden zu fordern, ist nicht zu verantworten, daher unfinanzierbar.

Der Autor ist

Sozialversicherungsexperte.

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