Erwin Pröll ist kein Taufscheinkatholik und macht aus seinem Glauben kein Geheimnis: "Ja, ich bin ein gläubiger Mensch. Ich bin dem lieben Gott sehr dankbar, weil er es gut mit mir gemeint hat." Das war schon in der Jugend der Fall, wurde er doch vor 65 Jahren von seinem Vater mit einem Pferdefuhrwerk überfahren, worauf er drei Tage bewusstlos war. Aber "der liebe Gott schickte mich nicht ins Jenseits, sondern holte mich ins Leben zurück. Ich habe ein sogenanntes Nah-Tod-Erlebnis gehabt, und diese Erinnerung hat sich durch mein ganzes Leben hindurchgezogen." Und er dankt auch Gott für das Glück, das er im Leben hatte. Das beginnt mit der Politik, von der er keine einzige Stunde bereut. Mehr noch: "Ja, ich hatte das Glück in einer entscheidenden Phase der österreichischen und europäischen Politik Verantwortung für dieses Land tragen zu dürfen. Ein Land, das besonders exponiert in der Mitte Europas lag, bis 1989 im Norden und Osten vom Eisernen Vorhang umgeben war, und beim Zusammenbau des alten und neuen Europas regional begrenzt eine wichtige Rolle spielen durfte." Aber er weiß es auch zu schätzen, dass ihm in all diesen Jahren eine verständnisvolle, warmherzige Familie den Rückhalt gegeben hat, ihm die Kraft verlieh, so manche schwere Stunden durchzustehen. Manchmal half es auch, ein Stoßgebet zum Himmel zu richten. Dazu kam eine gehörige Portion Gesundheit, um die täglichen Herausforderungen, den Stress durchzustehen. Seine Schlussfolgerung: "Das gibt mir die Gewissheit, dass mich jemand lenkt und mir auch die Stärke gegeben hat, das alles zu bewerkstelligen." Der christliche Glaube kennt auch das Gebot der Reue. Gibt es eigentlich Handlungen, die Pröll jetzt, am Ende seiner aktiven politischen Laufbahn, bereut? Noch ist der Abstand vielleicht nicht gegeben, wenn er zunächst meint: "Nein, grosso modo eigentlich nicht." Um aber dann doch einzugestehen, dass er bei der Umsetzung manchmal auch langsamer vorgehen und den Dialog mit einer breiteren Öffentlichkeit hätte suchen sollen. Aber summa summarum: "Wir haben nicht ins Blitzblaue Politik betrieben, sondern an einem Zukunftsbild für das Land gearbeitet." Zum Schluss wird der scheidende Landeshauptmann auch noch sehr versöhnlich. "Ich habe mich eigentlich immer bemüht, einen Ausgleich zu finden, den Dialog mit Betroffenen zu führen. Wenn sich jemand verletzt oder unbeachtet gefühlt hat, so soll er die Gewissheit haben, dass das nicht bewusst erfolgte, sondern es gewisse Entscheidungsmomente gab, die das passieren ließen." Und jenen, die mit Unterstellungen arbeiteten, Gerüchte verbreiteten, denen rät er nur, "sich in Zukunft an den Grundsatz der Menschenwürde zu halten".
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!