In einer Szene des Films von Stefan Wolner sieht man aus einiger Entfernung einen kleinen Spielplatz: zwei Kinder, eine Rutsche auf einem Hügel, eine Sandkiste, ein Kinderwagen davor. Nein, kein Kinderwagen, aber das wird erst auf den zweiten Blick klar. Sondern ein Rollstuhl, und darin sitzt ein kleiner Erwachsener, damals beinahe 40 Jahre alt. Martin Habacher kam 1977 in Oberösterreich mit der Glasknochenkrankheit zur Welt. Den Tag seiner Geburt würde er nicht überleben, prognostizierten die Ärzte seiner Mutter. Doch Martin hatte einiges vor - und sollte trotz unzähliger Knochenbrüche
Ihr ein Denkmal zu bauen, wäre wohl auch Ute Bock nicht recht gewesen. Dessen scheint Filmemacher Houchang Allahyari gewahr. Seinen bereits dritten Dokumentarfilm über die Menschenrechtsaktivistin, die im Jänner 2018 nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 75 Jahren verstarb, ist nie sentimental. Er versammelt Personen aus dem näheren Umfeld der Aktivistin; ihre Schwester Helga, mit der Allahyari verheiratet war, ihre Nichte, seinen Sohn, Menschen aus den ehemaligen Heimen, in denen Bock u. a. als Erzieherin arbeitete, und Leute aus dem österreichischen Kultur-Geschehen, die im
In einem baufälligen Haus am Rande von Wien lebt der 17-jährige Pepe mit seinem despotischen Onkel, dem Roma-Mafioso Rocky, und dessen Freundin Terezka. Pepe muss betteln, Terezka auf den Strich. Rocky holt die Teenagerin Marcela aus der Slowakei ins Haus -für Pepe und sie ist es Liebe auf den ersten Blick. Doch Rocky entwickelt eine ungesunde Obsession für Marcela Die in der Slowakei geborene Regisseurin Alexandra Makarová hatte mit ihrem Langspielfilmdebüt "Zerschlag mein Herz" wohl gute Absichten, doch ihre farblich opulenten Bilder, stets noch musikalisch übermalt, dienen lediglich
Cocote" ist ein kreolisches Wort, das man nur in der Dominikanischen Republik verwendet. Es bedeutet "Hals" eines Tieres und mit ihm assoziiert man eine gewalttätige Handlung, zum Beispiel ein Tier -oder jemanden -am Nacken zu packen und den Kopf abzutrennen. Ungefähr so ist Albertos Vater zu Tode gekommen. Durch die Hände eines berüchtigten Dorfkriminellen (Pepe Sierra).Alberto (Vicente Santos) erfährt davon an seinem Arbeitsplatz als Gärtner eines reichen Anwesens in Santo Domingo. Er reist, in der Hoffnung, seinen Vater beerdigen zu können, in seine Heimatstadt zurück. Dort jedoch
Kolonialismus, patriarchale Gesellschaft -all dem entkommt dieser
spanische Held in "Zama", dem neuen Film der argentinischen
Regisseurin Lucrecia Martel, nicht. In vielerlei Hinsicht ein
Meisterwerk.
Der Titel "Maria by Callas" des Films von Tom Volf gibt seine Gestaltung vor: Anstatt genreüblicher Interviews mit Wegbegleitern der 1977 verstorbenen Sopranistin, montiert der französische Regisseur Archivmaterial und Interviews mit ihr selbst zu einer Dokumentation, in der Sophie Cecilia Kalos, wie sie eigentlich hieß, über Maria Callas sprechen darf. Das gerät vorwiegend elegant und pittoresk, visuell bisweilen ein humoriger Widerspruch zur direkten, erfrischenden, konfrontativen Art der Callas.Seine eigene Faszination für die hochbegabte Sängerin verbirgt Volf nicht: Mehr als fünf
Eine Existenz, die größer ist als der einzelne Mensch, eine kollektive,'überlebensgroße' Erinnerung, bestimmt von der Vergangenheit, Identität stiftend, gesellschaftlich verankernd.In den Arbeitsräumen von Dr. Yoel Halberstam (Ori Pfeffer) kann man kaum ein Fenster öffnen. Die Archivabteilung der Universitätsbibliothek, in welcher der 45-jährige Historiker seit Jahren zum Holocaust forscht, befindet sich den unteren Zwischenstöcken des Gebäudes. Ausgrabungen auf Papier und auf Computerbildschirmen. Die Aussicht: limitiert. Halberstam hat sich angepasst. Stoisch, schweigsam, fast
Yılmaz Güney hat seine Filme 'für das Volk' gemacht, nicht für Eliten, und vor allem das Machen schien ihn zu definieren. Man ist immer 'frei' zu handeln, selbst wenn man eingesperrt ist.Warum willst du das als Film erzählen?", fragt Michael Haneke seinen Schüler Hüseyin Tabak in einer frühen Szene der Dokumentation "Die Legende vom hässlichen König". Diese Frage ist wichtig und richtig, und Tabak beantwortet sie mit einem sehr überlegten und interessanten Biopic, das innerhalb seiner Genre-Konventionen so herkömmlich gar nicht ist. Es geht um das Leben von Yılmaz Güney, wie
"Nun könnte man sagen: Ein Film muss nicht politisch sein. Doch das ist jeder Film -wie jede Kunst, wie jeder Mensch, der Filme, Kunst macht. Der den Mund aufmacht. Oder nicht aufmacht."Allein angesichts der aktuellen politischen Situation in Österreich wäre es gerechtfertigt, Filme ähnlich Simon Wielands Dokumentarfilm "Unser Kampf" jeden Tag im Kino zu zeigen. Gegen die Verharmlosung, gegen das Vergessen. Er begleitet -in einer lose versetzten Anordnung genretypischer Interviews und Alltagsaufnahmen - eine jüdische Familie in drei Generationen. Hauptfigur ist die sympathische Fritzi
"Eine analoge Welt, die mit einer digitalen konfrontiert ist, ein Innen, das dem Außen entgegengesetzt ist. Unweigerlich kommt es da zu Kollisionen, Verschmelzungen, Wunden -und Reparaturen."Auf die Frage, was er sich vom russischen Kino wünsche, antwortete der Schauspieler, Regisseur, Produzent und Zaren-Nachfahre Nikita Michalkow, bekannter Putin-Unterstützer und aktueller Direktor des Moskauer Filmfestivals, vor einigen Jahren in einem Interview mit der FURCHE: "Utopien, Romantik, Hoffnung!" Gar nichts halte er von naturalistischer Sozialtristesse: "Schlecht geht es den Leuten selber,
Ende der 1960er-Jahre nimmt Donald Crowhurst an einer Segelregatta mit dem Ziel einer Weltumrundung teil. Er ist damals fast 40, verheiratet, zweifacher Vater und lebt gut situiert in einer englischen Kleinstadt, aber um seine Firma steht es schlecht. Das Preisgeld von 5000 Pfund würde seine Probleme lösen, doch: Crowhurst ist lediglich Hobbysegler. Von der Regatta wird er nicht zurückkehren. Der Film "Vor uns das Meer", den Regisseur James Marsh nach dieser wahren Geschichte erzählt, gibt Colin Firth allen Raum, Crowhurst auszuloten. Während Crowhurst anfangs mit simplen technischen
"Der Fortschritt ist bedingt, wenn selbst das 'Anders-Sein' (ästhetischen) Normen unterworfen ist. Alles ständig umzuwerfen, das kostet Mut und freilich Kraft."L'Animale", also das Tier in Katharina Mücksteins zweitem Spielfilm, das sind wir bzw. lebt es in uns. Vielleicht nicht von Anfang an und nicht immer als rau-leidenschaftliches Biest, wie es dem Titel gebenden Lied des Italieners Franco Battiato entspringt, sondern als schlummerndes, etwas gemächliches, verkapptes, gar österreichisches Weslein.Ist es groß oder klein? Wild oder zahm, dressiert oder begehrlich, leise oder laut,
Thorsten Trimpops Film "Furusato" beginnt mit einer enorm erschreckenden Szene: Eine digitale Landkarte zeigt Japan im Stillen Ozean, 11. März 2011,14: 46. Im Nordosten der Insel beginnt es plötzlich rot zu blinken, dieses Licht umrahmt von gelben Kreisen. Innerhalb nur weniger Sekunden ist das ganze Land mit Alarmsignalen übersät. Da verdichten sich die Lichter an einem Punkt -im Distrikt Fukushima, wo fünf Atomreaktoren stehen.Erschütternd ist diese Szene in erster Linie, weil sie ohne Menschen auskommt -aber trotzdem zigtausend Tote zeigt. Diese Diskrepanz zwischen nüchterner
Regisseur Juri Rechinsky, der aus der Ukraine stammt und in Wien lebt, hatte in seinem schonunglosen wie zärtlichen Dokumentarfilm "Sickfuckpeople" (2013) eine Gruppe drogensüchtiger Jugendlicher in Odessa begleitet und deren Würde stets bewahrt. Sicher und feinfühlig changieren auch in seinem Spielfilm "Ugly" die Figuren zwischen Dystopie und Hoffnung: In den dialogarmen Geschichten von der Österreicherin Hanna und ihrem Freund, dem Ukrainer Jura, denen man gleich zu Beginn als Halbtote begegnet, die sich fortan zurück ins Leben kämpfen, ist das Unsagbare omnipräsent. In ihrem Ringen
Die britische Regisseurin Sophie Fiennes gibt ihrem Dokumentarfilm über Grace Jones den Zusatztitel "Bloodlight und Bami", was im jamaikanischen Slang das rote Licht in Aufnahmestudios und eine lokale Art von Fladenbrot bezeichnet. Diesen Bogen will Fiennes (bekannt für ihre zwei gemeinsamen Dokumentarfilme mit dem Philosophen Slavoj ˇ Ziˇzek -"The Pervert's Guide to Cinema" und "The Pervert's Guide to Ideology") spannen: von lebhaften Eindrücken aus Jones' künstlerischem Leben und den schillernden Live-Show-Spektakeln bis zu ihrer jamaikanischen Herkunft.Dabei geht Fiennes weder linear
In der Erinnerung verklärt man so manches, und der Film "Jumanji" aus dem Jahr 1995 mit Robin Williams in einer Hauptrolle gehört nicht selten dazu. Bei weitem kein Meisterwerk, reüssierte die Geschichte über ein paar Kinder, die plötzlich als lebende Charaktere in das Spiel (Jumanji), das sie spielen, hineingesogen werden, an den Kinokassen. Für das aktuelle Remake hatte Regisseur Jake Kasdan ein größeres Budget, was man -wie so oft nicht zum unbedingten Vorteil eines Films -auch sieht. Das analoge Brettspiel verwandelte er in ein virtuelles Videogame, was in Folge viele der
Simon Daoud ist ein virtuoser Geiger, hat aber kein Engagement. Mit Jobs in der klassischen Musik sieht es selbst in Paris nicht allzu rosig aus, das schlägt ihm auf die Mimik. In "La Mélodie" von Rachid Hami spielt der Schauspieler Kad Merad ihn mit durchdringender Stoik, der Unzugänglichkeit eines beinahe schon zu zynisch gewordenen, frustrierten Begabten. Daoud nimmt einen Job an, den ihm sein Freund Farid (Samir Guesmi), Lehrer an einer Pariser "Brennpunktschule", anbietet: Im Zuge des Projekts Démos, ein Förderprogramm der Pariser Philharmonie, das sozial benachteiligten Kindern
Man könnte meinen, "Die Geschichte von Ferdinand" des US-amerikanischen Autors Munro Leaf wäre lange nach ihrer Veröffentlichung im Jahr 1936 nun nicht mehr interessant. Aber die Erzählung über Ferdinand den Stier, der Blumen liebt und der sich weigert, im Ring zu kämpfen, funktioniert auch heute noch als klassische Parabel über exemplarischen Pazifismus im Kanon der Kinderliteratur. - Und ebenso funktioniert sie in der filmischen Umsetzung durch Regisseur Carlos Saldanha. Das liegt im Kern daran, dass die Grundwerte, nach denen Ferdinand sich -trotz Bullen-Daseins -dem "Bullying", also
Dramatische Szenen spielen sich ab, wenn der männliche Kaiserpinguin das Ei auf seinen Füßen unter seiner Bauchfalte halten muss, während er sich in der Kolonie mit anderern Vätern durch den eisigen Südpolwind bewegt. Keinesfalls darf es ihm von den Füßen rollen, sonst ist das Junge tot, bevor es geschlüpft ist. Bis sich die kleinen Pinguine im antarktischen Sommer selbst auf den langen Weg über das schmelzende Packeis ans Meer für ihren ersten Tauchgang machen, hat Filmemacher Luc Jacquet in "Die Reise der Pinguine 2" Zeit, ihnen erneut "nahe" zu kommen. Anders als in seinem 2006
Als wäre die Pubertät nicht ohnehin verwirrend genug, stellt der junge Außenseiter Adam immer auffallendere Veränderungen an sich fest: Seine wuscheligen Haare wachsen immer schneller und seine Füße platzen durch die Schuhe, die er nur noch mit Klebeband zusammenhalten kann. Als er just zu jener Zeit endlich seinen lange verschwundenen Vater wiederfindet, wird ihm einiges klarer. "Bigfoot Junior" ist der neue Animationsfilm des belgischen Studios nWave, das sich u. a. mit Arbeiten wie "Sammys Abenteuer" mit großen Hollywood Studios messen wollte. Erneut gelingt dies nur bedingt, denn
Der Satz "Humor ist, wenn man trotzdem lacht", meint, dass auch schmerzvollen Erfahrungen ein Amüsement-Potenzial innewohnen kann - die Lachneigung des Erfahrenden vorausgesetzt. Für Michael Bully Herbigs neuen Film "Die Bullyparade" kann nicht einmal dieses Prinzip gelten. Zum 20-jährigen Jubiläum der gleichnamigen TV-Serie, die von 1997 bis 2002 ausgestrahlt wurde, hat Herbig einen "Episodenfilm" gemacht, in dem er Sketche aus den erfolgreichsten seiner Komödiengeschichten konzeptlos aneinanderreiht. Diese Gag-Einheiten tragen Titel wie "Planet der Frauen","Wechseljahre einer Kaiserin"
Der katalanische Regisseur Albert Serra im Gespräch über seinen Film
"Der Tod von Ludwig XIV.", in dem er den französischen Sonnenkönig
auf dem Sterbebett beobachtet.
Verbindet man zwei Gehirne mittels eines Computers, kann man erlernte Fähigkeiten von einem zum anderen übertragen. Was bei einem Studentenexperiment an Ratten funktioniert, erweist sich in "Mind-Gamers" von Regisseur Andrew Goth auch beim Menschen applikabel. Ein Umstand, der bald fiese Typen (im Kardinalsgewand) auf den Plan ruft, um die Massen zu manipulieren. Den Glauben an die Technologie als Ersatzreligion zu kritisieren, mag eine Kernidee des Films gewesen sein, doch über eine krude Plattitüden-Anhäufung kommt die "Terra Mater"-Produktion des Red Bull-Konzerns, die man in
Die neueste Lesart des vor 84 Jahren mit Merian C. Coopers und Ernest B. Schoedsacks begründeten filmischen King Kong Mythos in ihrem Film "King Kong und die weiße Frau" ist ein Hybrid der heutigen Zeit und der offensichtlichen Liebe von Regisseur Jordan Vogt-Roberts der Post-Vietnamkriegs-Ära der 1970er. Als Blockbusterfilm konzipiert, hält Vogt-Roberts sich mit Mythenbildung oder dramaturgisch verankertem Spannungsaufbau nicht auf. Dafür lässt er in seinem "Kong: Skull Island" eine kleine Truppe Monsterjäger aus Militärs, Wissenschaftern und Zivilisten (John Goodman, Samuel L.
Das filmische Horrorgenre lebt und funktioniert vor allem durch die visuelle Ebene, das Zusammenwirken von Darstellung und Subtext. Die Filme von Stanley Kubrick oder Park Chan-Wook sind prägende Beispiele, aber auch in den Arbeiten von Regisseur Gore Verbinski wird deutlich, dass er um die Macht des Bildes weiß. Allerdings schwächt er sie allzu oft durch inhaltliche Überladung. Mit einem Remake von "The Ring" konnte er 2002 reüssieren und seine "Fluch der Karibik"-Inszenierungen funktionieren innerhalb ihres Anspruches. In "A Cure for Wellness" erzählt er von einem Angestellten, der in
So, wie sich Männer in den Filmen von Aki Kaurismäki immer die Haare glatt kämmen, bevor sie einen entscheidenden Schritt in etwas Neues wagen, tun es auch Waldemar Wikström (Sakari Kuosmanen) und Kaled Ali (Sherwan Haji) in Kaurismäkis neuem Film "Die andere Seite der Hoffnung". Wikström verlässt daraufhin seine Frau und kauft ein Gasthaus. Khaled hat sich in einer finnischen Bahnhofsdusche gerade den Dreck von seiner Flucht aus Aleppo abgewaschen - und wird ein wenig später mit Wikström an einem Tisch landen. Kaurismäkis charakteristischer Rhythmus seiner Figuren, der artifiziellen
Wie schwierig es ist, einen literarischen Text zu verfilmen, zeigt Sven Taddickens Adaptions-Versuch "Gleißendes Glück" nach dem Roman der schottischen Autorin A. L. Kennedy. Die Autorin kann der Geschichte von Helen Brindl, einer Hausfrau aus Glasgow, die "Gott verloren" und die Liebe (noch) nicht gefunden hat, eine sprachliche Musikalität und Dichte geben, für die Taddicken letztlich keine filmischen Entsprechungen findet. In seiner "Übersetzung" wird jeder Dialog zum unbelebten Phrasenaustausch, jedes Symbol zum Klischee und jede menschliche Nuance zum starren Tableau. - Helen, in
In "L'accademia delle muse" setzt sich der spanische Regisseur José
Guerlain mit der Liebe und deren Fiktionalisierung auseinander. Ein
tiefgehendes Filmerlebnis.
"Kater", die zweite Kinoarbeit von Händl Klaus, ist ein selten
gelungener Liebesfilm mit Lukas Turtur und Philipp Hochmair. Der
Regisseur im FURCHE-Gespräch.
Endlich mal in den Süden auf Urlaub fahren. Das könnte er zum Beispiel, malt Primus (Anders Baasmo Christiansen) sich aus, sobald er mit seinem neuesten Projekt genug Geld verdient hätte. "Ins Ausland?", fragt ihn da der aus Eritrea stammende Abedi (Olivier Mukuta), mit dem er gerade am Tisch sitzt. "Aber du magst doch gar keine Ausländer!"- Primus winkt ab, Geld ist ohnehin noch nicht in Aussicht. Das alte Hotel vis-à-vis seines eigenen Hauses in der norwegischen Gebirgseinöde, das er vor Jahren schon nicht gewinnbringend bewirtschaften konnte, versucht er aktuell als rentable
In seinem Dokumentarfilm "Korida" erzählt der junge bosnische
Regisseur Sinisa Vidovi´c von der wenig bekannten Tradition der
Stierkämpfe in seiner Heimat.
Für den Dokumentarfilm "20 Feet of Stardom" über Backgroundsänger, die im Schatten erfolgreicher Musiker stehen, erhielt der kalifornische Filmemacher Morgan Neville 2013 den Oscar. Davor hatte er an anderen Musikfilmen, u. a. über die Beach Boys, Iggy Pop und Johnny Cash gearbeitet. Für "The Music of Strangers" porträtiert Neville ein besonderes Projekt im bewegten Leben des US-amerikanischen Cellisten und einstigen Wunderkindes Yo-Yo Ma: Das von ihm gegründete Silk Road Ensemble, das verschiedene Musiker entlang der Seidenstraße in einem Orchester versammelt, in dem jeder von ihnen
Intuition, was ist das eigentlich? Jeder hat davon gehört, manche haben es gespürt: Ein Gefühl, das wirkt wie Wissen, aber einer unmittelbaren Faktengrundlage entbehrt. Vielmehr forme sich Intuition aus der Summe an Erfahrungen, die man im Laufe seines Lebens macht und aus dem Instinkt, der einem angeboren ist. So erklärt es einer der Philosophen, den die Isländerinnen Hrund Gunnsteinsdottir und Kristin Ólafsdóttir für ihren Film "Innsaei -Die Kraft der Intuiton" interviewen.Tatsächlich gibt es Forschungsgruppen, die mit der Messung von Intuition beauftragt sind, und bereits darin
Als er mit 19 Jahren das erste Mal in Wien ankam, habe "alles nach Tod" gerochen, sagt Houchang Allahyari heute. Der Filmregisseur, der zuletzt mit "Der letzte Tanz" reüssierte, war 15 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nach Österreich ausgewandert, wo er Medizin studierte und stets weiterhin Filme drehte.Ein paar Mal besuchte er anfangs noch die alte Heimat, aber das Leben in Wien verschlang ihn schnell: 47 Jahre vergingen, ohne dass er je wieder in den Iran zurückkehrte - bis zu jenem Tag, an dem auch sein längst erwachsener Sohn Dariusch endlich bereit war, mit ihm diese Reise
Rot und blau sind die bestimmenden Farben in Pedro Almodóvars neuem Film "Julieta", mit dem er 16 Jahre nach seinem Melodram "Alles über meine Mutter" zu seinem bestimmenden Thema - Mütter - zurückkehrt. Rot für das emotionale Leid, das die Hauptfigur Julieta, eine Frau von 50 Jahren (gespielt von Emma Suárez) wie eine Aura umgibt, die sie nicht abschütteln kann; blau für die Rationalität, die wieder in ihre Realität drängt, nachdem sie zufällig eine Jugendfreundin ihrer Tochter Antía trifft, die sich nach dem frühen Tod ihres Vater von der Mutter völlig abwendete, auswanderte
In seinem Dokumentarfilm "Seefeuer" zeigt Gianfranco Rosi
schonungslose Bilder vom Brennpunkt Lampedusa: Der preisgekrönte
italienische Regisseur über seinen Zugang zur Flüchtlingstragödie.
Winfried Conradi (Peter Simonischek), ein Alt-68er, hat sich womöglich davor gefürchtet, seine Tochter Ines (Sandra Hüller) könnte eines Tages Drogen nehmen, eine weltfremde Aussteigerin werden, nichts auf die Reihe kriegen, fast so zu werden wie er. Doch die nach außen stets aalglatte und nach innen steil abfallende Geschäftswelt, in der ausgerechnet seine Ines nun als toughe Unternehmensberaterin agiert, konnte er sich nie ausmalen. In Maren Ades "Toni Erdmann" - einer der besten deutschen Filme der letzten Jahre - ist Ines in Bukarest stationiert, wo sie dabei helfen soll, eine
Die deutsche Regisseurin Maren Ade über ihren grandiosen Film "Toni
Erdmann", der von der Kritik hoch gelobt wurde - aber bei den
diesjährigen Filmfestspielen in Cannes leer ausging.
Mit nichts Geringerem als den wirklich existenziellen Fragen entlang der naturhistorischen Weltzeitachse haben sich die "Ice Age"-Filme schon bisher beschäftigt: Nach der Eiszeit, dem Tauwetter, dem Dinosauriersterben und der Kontinentaldrift nun, im fünften Teil "Ice Age - Kollision voraus!", endlich: der Urknall. Genauer: Wer war daran eigentlich schuld? Niemand, der bisher auch nur einen Film der erfolgreichen Animationsreihe gesehen hat, könnte die Antwort auf diese Frage nicht wissen: Natürlich Scrat, das etwas zu groß geratene Eichhörnchen mit dem Säbelzahn-Überbiss. Wie immer
In den ersten Minuten von Jan Gassmanns semi-dokumentarischem Film "Europe, She Loves" präsentiert er einen Einspieler aus dem Europäischen Parlament: Europa sei die "wohlhabendste Region der Welt", ein "Friedensversprechen". Dann folgt ein Schnitt auf eine Tänzerin eines Nachtclubs. Sie sitzt im Backstagebereich und sagt sich leise etwas vor. Etwa die Sätze aus dem Einspieler? Dann geht sie auf die Bühne, um vor diversen Anzugträgern sexy Laune zu verbreiten. Veronika heißt sie und wohnt in Tallinn. Ihre Zuschauer sind meist Geschäftsmänner aus Brüssel oder Moskau. Zu Hause lebt sie
Gerade gewann er den Auslands-Oscar, nachdem er 2015 beim
Filmfestival Cannes mit dem Großen Preis der Jury prämiert worden
war: László Nemes' Spielfilm "Son of Saul" ist eine radikal-singuläre
Darstellung der Schoa.
Das in der McCarthy-Ära in den USA der späten 1940er-Jahre mächtige "Kommitee für unamerikanische Umtriebe" des US-Kongresses, das sich gegen nationalsozialistische Aktivitäten richtete, bald aber "Kommunisten" im Visier hatte, kam vor kurzem auch in "Hail, Caesar!" der Coen-Brüder zu Ehren. Immerhin fiel dort George Clooney als falscher Cäsar den Linkslinken anheim, die ihn mit harten Mitteln - deliziösen und geometrisch geschnittenen Mini-Sandwiches zum Tee - einer Gehirnwäsche (im wörtlichen Sinne der Reinigung) unterzogen und ihn beinahe erfolgreich zum freien, weil vom
Im packenden Film-Drama "Louder Than Bombs" spürt der norwegische
Regisseur Joachim Trier den Verwerfungen einer Familie nach, die nach
dem Tod der Mutter mehr oder weniger zutage treten.
Die deutsche Regisseurin Cosima Lange begleitete den
Ausnahmepianisten David Helfgott und seine Frau Gillian sieben Wochen
lang auf dessen Europatournee 2012.
Heißer Tee, kaltes Coca Cola und Körperkontakt ist alles, was David Helfgott braucht. Stimmt nicht, ein Klavier natürlich auch. Selbst während der Dreharbeiten, in denen Cosima Lange für "Hello I am David - Eine Reise mit David Helfgott" ihn und seine Frau Gillian 2012 auf seiner Konzerttournee mit den Stuttgarter Symphonikern begleitete, wird er quengelig, wenn er nicht Klavier spielen soll, weil Lange und Gillian gerade ein Gespräch aufnehmen. Helfgott, 1947 als Sohn polnisch-jüdischer Einwanderer in Australien geboren, wurde als Kind als Musikwunder entdeckt, doch sein Vater verbot
"Ewige Jugend": Nach seinem Oscar-Erfolg "La Grande Bellezza"
schreibt Paolo Sorrentino die Geschichte des Lebens weiter -und kommt
in einem Kurhotel in den Schweizer Alpen an.
Miguel Gomes' betörende Filmtrilogie "1001 Nacht" erzählt im
Rückgriff auf das im Titel genannte arabische Erzählwerk von Portugal
mitten in der Gegenwart.
Mit dem minimalistischen Familiengewalt-Horrorfilm "Snowtown" machte der australische Regisseur Justin Kurzel zum ersten Mal vor vier Jahren auf sich aufmerksam. Mit seiner Verfilmung der Shakespeare-Tragödie über den Aufstieg des königlichen Heerführers Macbeth zum König von Schottland durch eine eigenhändig durchgeführte mörderische Intrige, seinen Wandel zum Tyrannen und seinen dramatischen Fall, war Kurzel bereits im diesjährigen Wettbewerb von Cannes.Kurzels "Macbeth"-Adaption ist in gewisser Weise ein Produkt heutiger Zeit des ständigen Hungers nach Mehr: Gewaltige Bilder,
Ein Grenzzaun würde wenig helfen gegen eine echte Invasion - einer aus dem All nämlich. Sicher scheint lediglich: Auch dann würden die behördlichen Mühlen sehr langsam mahlen. Das Szenario, das Regisseur Michael Madsen für seinen fiktionalen Dokumentarfilm "The Visit" entwirft, ist ein andernorts bereits oft durchgespieltes: Aliens kommen auf die Erde, die Menschen reagieren auf ihre Art und Weise.Madsens Kamera nimmt aber dieses Mal den Blickwinkel der oder des Aliens ein, mit dem es die europäischen (Madsen ist Däne) Instanzen zu tun kriegen, die in einem solchen Fall eben wirklich
Ein Verbrechen in der Provinz, bei dem Opfer wie Täter als auch Motiv im Dunkel bleiben, gibt "La Chambre Bleue" ("Das blaue Zimmer"), dem neuen Film des französischen Schauspielers Mathieu Amalric, seinen narrativen Rahmen. Amalric, der 2010 mit "Tournée" sein Langfilm-Regiedebüt gab, adaptiert hier einen Roman von George Simenon in einer atmosphärisch dichten Genre-Variaton als beunruhigenden psychologischen Thriller und gleichzeitig poetischen Blick auf Lust und Besessenheit.Wie auch in "Tournée", ist Amalric in der Hauptrolle zu sehen: Als Julien Gahyde ist er ein Vertreter für
Die dritte Zusammenarbeit zwischen Regisseur Jaume Collet-Serra und Liam Neeson -nach dem Euro-Thriller "Unknown" und dem Nervenkrieg in einer Flugzeugkabine ("Non-Stop") - ist wiederum entlang einer "tickende Uhr"-Prämisse strukturiert: Auftragskiller Jimmy (Neeson) pflügt sich durch New York City, um den irischen Mob davon abzuhalten, seinen entfremdeten Sohn Mike (Joel Kinnaman) zu töten. Collet-Serra schwirrt durch Vororte und Hinterhöfe, lässt die Kamera geometrisch präzis durch Gebäude und Räume, über Balkone und Zäune schneiden, trotzdem stellt sich ein Dringlichkeitsgefühl
65. Internationale Filmfestspiele Berlin -einmal mehr politisch: Der
Goldene Bär für Jafar Panahis "Taxi" ist ein sieg für die Filmkunst
-und für ihre Freiheit.
Regisseurin Angelina Jolie verfilmt das Schicksal eines US-Soldaten im Zweiten Weltkrieg: Das gäbe Stoff für eine Geschichte über die Menschlichkeit - das Potenzial dieser Biografie bleibt aber ungenutzt.Zwei Stunden und 17 Minuten dauert es, bis in Angelina Jolies neuem Film "Unbroken“ der Abspann läuft. Dann erst offenbart sich, was sie aus der Geschichte des Athleten Louis "Lou“ Silvie Zamperini hätte machen können, hätte sie sich auf sein Leben nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs konzentriert. Dabei adaptierte ein namhaftes Team die von Laura Hillenbrand verfasste Biografie
Mit 35 Jahren hat die österreichische Schauspielerin Susanne Wuest bereits gezeigt, dass sie in ihren Rollen Abgründigkeit mit Fragilität verbinden kann. Fein nuanciert spielt sie auch in "Ich seh Ich seh" von Severin Fiala und Veronika Franz: eine Mutter, die nach einem traumatischen Ereignis für ihre Söhne nicht mehr wiederzuerkennen ist.Die FuRche: Warum schienen Sie den Regisseuren geeignet für die Rolle? Susanne Wuest: Es gibt Menschen, mit denen verbindet man eine ähnliche Weise, die Dinge zu betrachten, und Veronika und Severin zähle ich dazu. Da gibt es ein verbindendes
Im Juni 1945 kehrt die Auschwitz-Überlebende Nelly mit zunächst zerstörtem Gesicht nach Berlin zurück und sucht Ehemann Johnny: Daraus entwickelt sich die Story von "Phoenix" (siehe Filmkritik) - und das FURCHE-Gespräch mit Regisseur C. Petzold.DIE FURCHE: Warum zeigen Sie das Gesicht der Hauptfigur Nelly nie, wie es zerstört aussieht?Christian Petzold: Hans Belting schreibt in seinem Text "Faces" (2013):"Gesichtsverlust ist Gesellschaftsverlust." Ohne dein Gesicht bist du nichts. Niemand kann in dir etwas lesen, du bist ohne Persönlichkeit. Ich wollte nicht damit anfangen, ein
Bei seiner Weltpremiere in Toronto wurde "Das Verschwinden der Eleanor Rigby", das Regiedebüt des US-Amerikaners Ned Benson, in zwei Teilen vorgeführt. Ein Film, mit dem Titel "Him", erzählte den Niedergang einer großen Liebe aus der Sicht des Mannes, Conor (James McAvoy), und der Teil "Her" übernahm ihre Sicht: Eleanor (Jessica Chastain) geht mit dem Tod ihres gemeinsamen Babys anders um als Conor: Nach einem Selbstmordversuch soll sie bei ihren Eltern (William Hurt und Isabelle Huppert) wieder auf die Beine kommen. Mit dem Titel "Them" kommt nun die Fusion beider Filme ins Kino - und
"Mr. Turner - Meister des Lichts“: Mike Leigh weckt in seinem neuem Film den Vorläufer des Impressionismus erstaunlich faszinierend zum Leben.Stellen Sie sich vor: Sie haben soeben drei Wochen lang damit verbracht, geradezu besessen akribisch ein Picassogemälde nachzumalen. Sie haben jedes Detail über den kreativen Prozess dieses Künstlers recherchiert, Sie haben seine Pinselführung einstudiert, seine Haltung, jeden Farbtupfer in einen Gedankenstrich verwandelt - wohl niemand könnte auf den ersten Blick sagen, das wäre nicht das Original "Guernica“ oder Sie nicht der echte Pablo.
Wie nur soll man sich zwischen Weisheit und Glut entscheiden? - Ein Dilemma, in dem sich der Dichter Friedrich Schiller in seinem Dreiecksverhältnis mit den Schwestern Charlotte und Caroline von Lengenfeld wiederfand. Beide waren scheinbar gleichermaßen faszinierend und schön, klug und leidenschaftlich, charmant. Doch auch im Sommer 1788 waren Amour Fous öffentlich "nicht akzeptabel." Man schickte einander also Nachrichten in Geheimsprache, die Code-Namen der "Geliebten Schwestern", die der Dichter ihnen gab, standen bezeichnend für ihren Charakter: "Weisheit" und "Glut".Wie jedes
"Land der Wunder": Alice Rohrwachers zweiter Film ist wieder
autobiografisch gefärbt und erzählt eindringlich vom Heranwachsen in
einer toskanischen Familie.
Wie lange darf man seinen Träumen nachhängen? Wohin verlieren wir jemanden, wenn wir an nichts glauben? Und was ist, wenn das, was man gerne macht, gar nicht das ist, was man am besten kann? - Existenzielle Fragen treiben den ehemaligen "Scrubs"-Darsteller Zach Braff auch in seinem neuen Film "Wish I was here" an, seine zweite Arbeit als Regisseur nach "Garden State" (2000), in dem er ein Generationen-Gefühl um die "Nuller-Jahre" zum Ausdruck brachte. Mit bittersüßem Humor erzählt er von Aidan (Braff), dessen Vater stirbt, wodurch sein Leben eine Neuorientierung erfährt. Seine Familie
"Her“: Joaquin Phoenix liebt in Spike Jonzes Film ein Computerprogramm, dem - in der Originalfassung - Scarlett Johansson die Stimme verleiht."Die Liebe ist doch nur eine Form sozial akzeptabler Geistesgestörtheit“, sagt Theodores langjährige Freundin Amy im Film einmal, und wir wissen, sie hat Recht. Wir wissen das, weil wir schon einmal verliebt waren, dauergelächelt haben wie belämmert, die Wiesen plötzlich grüner fanden als sonst und wir uns aufgehoben fühlten, wenn wir nur in denselben Sternenhimmel blickten wie die Person, die wir liebten.Wen wir lieben, wenn wir lieben, ist
"12 Years a Slave“: Steve McQueens Sklavendrama gewann den Golden Globe und gilt als Oscar-Favorit. An die Wurzeln eines kranken Systems geht der Film aber keineswegs.Bereits bevor Steve McQueens "12 Years A Slave“ erstmals vorgeführt wurde, gab es Warnsignale. Als sich auf Twitter ein Kritiker vorab skeptisch äußerte, hagelte es Beschimpfungen, vor allem von US-Nutzern: "Wenn Sie diesen Film kritisieren, sind Sie Rassist!“, so der eindeutige und einfältige Tenor der Reaktionen."12 Years A Slave“ ist Steve McQueens dritter Film in seiner zweiten Karriere als Regisseur. Und der
Für "Blau ist eine warme Farbe“ errangen Abdellatif Kechiche und seine beiden Hauptdarstellerinnen die Goldene Palme in Cannes 2013.Drei von Abdellatif Kechiches bisher fünf Filmen - "L’Esquive“, "Couscous mit Fisch“ und "Voltaire ist schuld“ - erzählen von nordafrikanischen Protagonisten der Arbeiter-Klasse und reflektieren Kechiches eigenen Hintergrund: Geboren in Tunesien, aufgewachsen in Nizza und mittlerweile in Paris (im Belleville-Gebiet der "Araber-Stadt“) lebend, arbeitet der 53-Jährige auch definiert durch die eigene Biografie. Auch in seinem neuen Film, der epischen
Ron Howard der Formel 1 auf der Spur. Die Hauptprotagonisten in "Rush“ sind die zwei Ausnahme-persönlichkeiten der Rennfahrt: Niki Lauda und James Hunt. Ein Film über ihr Leben und ihren Kampf.Da fährt einer, um zu gewinnen, nicht um zu gefallen. Auch mit dem Zirkus um jene "Verrückten, Träumer oder Rebellen“, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen, in einem "Sarg auf Rädern“ ihre Runden zu drehen, hat Niki Lauda nichts am Hut und zwar schon immer, wie Ron Howards Film "Rush“ nun nachzeichnet. Analyse und Impulsivität prallen aufeinander, als der Österreicher Lauda und der
Ein bisschen hatte man schon das Gefühl einer Altherren-Veranstaltung: Beim Filmfestival von Locarno zerrte man in diesem Jahr beinahe täglich einen verdienten Altstar vor die Leinwand der Piazza Grande, um ihm oder ihr diverse Lebenswerkpreise zu überreichen: Den Auftakt machte Sir Christopher Lee, mittlerweile 91 Jahre alt und mit Gehstock. Es folgten Faye Dunaway, 72, Anna Karina, 72, Jacqueline Bisset, 68, Werner Herzog, 70. Sie alle haben sich um Europas Kino verdient gemacht - und wurden in Locarno geehrt. Sie alle sind aber auch die Boten eines Kinos von gestern. Was nicht unbedingt
"The Broken Circle Breakdown“: Felix van Groeningen erzählt vom Glück eines Paares, das durch den Krebstod der Tochter zerstört wird.W äre Felix van Groenigens Film "The Broken Circle Breakdown” eine Person, müsste man eine bipolareStörung diagnostizieren. In seiner Geschichte über ein Paar, das damit fertig werden soll, dass die kleine Tochter an Krebs gestorben ist, wechselt Groeningen geradezu manipulativ zwischen traurigen und fröhlichen Momenten, also emotionalem Stress für den Zuseher und emotionaler Erleichterung; der dadurch unweigerlich entstehenden Bindung an den
"Meine keine Familie“: Dokumentarfilmer Paul-Julian Robert reflektiert seine Kindheit in der Kommune von Otto Mühl.Das Gespräch führte Alexandra ZawiaWo beginnt Familie, wo hört sie auf - und wann wird sie zur Bedrohung? Paul-Julien Robert erforscht in "Meine keine Familie“ seine Kindheit in der Kommune von Otto Mühl am Friedrichshof, in der er aufgewachsen ist, bis er zwölf war. Durch Original-Videos sowie durch die direkte und erstmalige Konfrontation seiner Mutter mit seinen Fragen sowie auch seine eigenen unverdeckten Reaktionen darauf, entsteht die intensive Chronologie einer
Es ist auch eine Haltung, die der ungarische Regisseur Benedek (Bence) Fliegauf mit dem Filmtitel ausdrückt: "Just the wind” erzählt die Chronik eines angekündigten Mordes im Roma-Milieu, und Fliegauf bemüht sich dabei offensichtlich, keine Position zu beziehen. Motiv ist ihm die Mordserie an Roma-Familien in Ungarn 2008/09. Fliegauf informiert darüber am Anfang des Films durch ein schriftliches Insert, das also das narrative Gerüst vorgibt und von Beginn klarmacht, dass der Film nur für sein Ende existiert. Es mag ihm nicht bewusst gewesen sein, dass dies für den ganzen Film sofort
Ein Frauenhaus, revisited, ist im neuen Dokumentarfilm von Arash T. Riahi (Bild re.) das Zentrum für den "Nerven Bruch Zusammen“, der hier glücklicherweise nie zum zerstörerischen Element wird, sondern vielmehr als Beleg für die Stärke jener Frauen gilt, die hier ihr Leben meistern.Nach seinem Spielfilm "Ein Augenblick Freiheit“ geht Riahi hier wieder mit den Mitteln eines Dokumentarfilms an ein Werk, das er schon vor zwölf Jahren begonnen hat, als er damals in jenem Wiener Übergangsheim für Frauen Zivildienst geleistet hat. Er integriert in diesem Film Aufnahmen aus diesem Jahr
Die Umkehrung des Filmemachens: Das Machen ging von den Frauen aus: Arash T. Riahi über seinen Dokumentarfilm "Nerven Bruch Zusammen“.In "Nerven Bruch Zusammen“ kehrt Arash T. Riahi an einen Ausgangspunkt seines Filmemachens zurück, denn bereits vor zwölf jahren hat er im gleichen Übergangswohnheim für Frauen gedreht.Die Furche: Für diesen Film gingen Sie zurück in das Frauenhaus, in dem Sie 2000 Ihren Zivildienst geleistet haben - warum?Arash T. Riahi: Die Schicksale dieser Frauen im Haus Miriam der Caritas haben mich sehr berührt und ich wollte meinen persönlichen Zugang zu
"Zero Dark Thirty“: Nach dem Irak-Krieg ("The Hurt Locker“, dem Oscar-Gewinner 2010) nimmt sich Kathryn Bigelow der Jagd und der Tötung von Osama Bin Laden 2011 an. Auch diesem Film werden Oscar-Chancen eingeräumt.D ie beste Kur gegen eine Obsession ist, sie durch eine andere zu ersetzen, heißt es. Was aber, wenn nichts mehr übrig ist? Obsession als legitimere Paranoia in einem Amerika, in dem der "War on Terror“ noch lange nicht vorbei ist, mag vorübergehend als Strohhalm taugen, aber Sicherheit bietet auch sie keine. Die Destabilisierung ist nach 9/11 noch zu präsent.Erneut macht
In Berlin wurde "Cäsar muss sterben“ 2012 mit dem Goldenen Bären gefeiert. Nun kommt das exemplarische Meisterwerk der Brüder Taviani endlich auch hierzulande ins Kino. Das Gespräch führte Alexandra ZawiaSeit 50 Jahren arbeiten Vittorio (83) und Paolo Taviani (81) als Regisseure und Autoren ihrer Filme zusammen. Bei der Berlinale 2012 wurde ihr neuestes Opus "Cäsar muss sterben“, das nun ins Kino kommt, mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet.Die Furche: Sie haben schon lange keinen Film mehr gemacht - was hat Sie zu "Cäsar muss sterben“ gebracht?Paolo Taviani: Unsere Lust auf ein
"Slacker“ heißt auf Neudeutsch ein Angehöriger der verlorenen Generation von heute, und Tom Schilling stellt im Film "Oh Boy!“, der auch eine Liebeserklärung an Berlin ist, einen solchen dar. Oder auch nicht, wie er im Gespräch klarstellt. Das Gespräch führte Alexandra ZawiaEr ist 30 Jahre alt und hat schon viele unterschiedliche Rollen gespielt - vom Teenschwarm bis zum jungen Adolf Hitler in der filmischen George-Tabori-Adaption "Mein Kampf“ (2011). In Jan Ole Gerstners Debütfilm "Oh Boy!“ gibt Tom Schilling einen Berliner Taugenichts, in dessen Leben(sgefühl) der Streifen
Ein Mann, der zuhört, kein Egoist ist und auch noch gut aussieht? Kann nicht von dieser Welt sein. "Jesus liebt mich“, will Maria (Jessica Schwarz) unbedingt sagen können: Denn Jeshua (Florian David Fitz) ist schließlich leibhaftig, gerade rechtzeitig aufgetaucht, als ihre Hochzeit platzt. Das Problem: Der Mann aus Palästina mit dem schlechten Frisör, der nicht weiß, was eine Tomate ist und wildfremden Menschen die Füße wäscht, hat eine Mission: Er soll den Weltuntergang vorbereiten. Bis nächsten Dienstag. Mit seinem Regiedebüt versuchte sich Schauspieler und Drehbuchautor
Keine Frage, der 29-jährige Benh Zeitlin ist innerhalb kürzester Zeit zum Darling der Filmindustrie avanciert. Sein Debütfilm "Beasts of The Southern Wild“ hat Festivals und Publikum im Sturm erobert, und es ist auf den ersten Blick einfach, die Geschichte der sechsjährigen Hushpuppy, die mit ihrem (meist absenten) Vater in einer Slum-Enklave ("The Bathtub“) wohnt, zu mögen, so wie es einfach ist, in all den fantastischen Bildern zu versinken, die Zeitlin ihr zur Seite stellt. Aber genau darin liegt die Kernproblematik dieses Films: Er romantisiert seine Causa (Problematiken wie
Manchmal möchte man sie alle schütteln, wie sie da versammelt am vom Tischler gefertigten Küchentisch sitzen und wie sediert das Auseinanderfallen ihrer Familie konstatieren, als wäre jeder von ihnen eine eigene Insel. In "Was bleibt“ versammelt der deutsche Regisseur Hans-Christian Schmid zwei erwachsene Söhne - Marko (Lars Eidinger) und Jakob - im Haus ihrer Eltern (Corinna Harfouch, Ernst Stötzner), für einen seltenen Besuch aus der Stadt. Man kann sehen und möchte manchmal schreien, wie die Bourgoisie-Watte des Wohlstands der 70er-Jahre vor allem Marko immer noch einhüllt. Als
"Tabu“: Der portugiesische Regisseur Miguel Gomes verzaubert das Publikum mit einer Geschichte über Liebe, Besessenheit und Erinnerung."Eine Geschichte braucht einen Anfang, eine Mitte und ein Ende. Aber nicht unbedingt in dieser Reihenfolge“, formulierte Jean-Luc Godard das Prinzip einer idealen Kinoerzählung, und so beginnt Miguel Gomes "Tabu“ mit einem traurigen Krokodil. Es ist der dritte Langfilm des 1971 geborenen portugiesischen Regisseurs, der seine Karriere als Filmkritiker startete, und er markiert einen wesentlichen Schritt in seiner Arbeit.Am Anfang erzählt Gomes hier also
"Verkaufen“, sagen Christinas Vater, ihr Freund und ihre Mutter. "Versuchen“, entgegnet sie und beschließt, den grauen und unbewegten Himmel über der belgischen Stadt Charleroi, wo der Niedergang der Industrie die Bewohner längst eines jeden Idealismus beraubt hat, gegen das "Haus auf Korsika“ zu tauschen, das ihr ihre soeben verstorbene Großmutter vererbt hat. Zehn Jahre Pizzeria-Job, zehn Jahre Freund, und die Aussicht auf noch einmal zehn Mal zehn solcher Jahre, lässt die junge Christina (Christelle Cornil) also hinter sich. Die Familie versteht das nicht, der Zuschauer schon.
Filmfestspiele Venedig: Mit "Paradies: Glaube“ machte der österreichische Regisseur Ulrich Seidl Furore und sorgt für Empörung. Im FURCHE-Gespräch argumentiert der Filmemacher: Nicht er, sondern die Realität provoziere einen Skandal.Mit dem ersten Teil seiner Trilogie "Paradies“, gegliedert in "Liebe“, "Glaube“ und "Hoffnung“, war der österreichische Filmemacher Ulrich Seidl (60) bereits im diesjährigen Wettbewerb in Cannes vertreten und erzählte darin von der Sex-Touristin Teresa (Margarete Thiesl), die in Afrika die Liebe sucht. Nun folgte in Venedig "Paradies: Glaube“,
Wenn Channing Tatum sich in Steven Soderberghs "Magic Mike“ das erste Mal die Kleider vom Leib reißt, hat das ein bisschen was von der Szene in "Terminator“, als Arnold Schwarzenegger das Fleisch vom darunterliegenden Roboter-Stahl-Skelett schmilzt. Beide Male wird hier Kraft in ihrer konzentriertesten Form entblößt. Bei Tatum war es auch im echten Leben sein gestählter Körper, der ihm seine "Karriere“ in Hollywood ermöglichte, er war jung und brauchte das Geld, das er als Stripper verdiente. Soderbergh inszeniert ihn als Magic Mike, der im Club von Manager Dallas (Matthew
Es ist vielleicht ein starker Film unter all dem verborgen, was der Frankokanadier Jean Marc Vallée im Drama "Café de Flore“ anhäuft. Doch im Final Cut (Vallée hat sein Material auch selbst editiert - ein Fehler, den viele Autorenfilmer machen) dieser metaphysischen, zeitspringenden, theatralischen, überlangen und völlig instrigenten Romanze bleibt davon wenig übrig. Die Hauptgeschichte siedelt Vallée im heutigen Montréal an: Hier lebt Antoine in einer leidenschaftlichen Beziehung mit Rose, für die er seine langjährige Lebensgefährtin Carole und ihre Töchter verlassen hat.
In "Ausgerechnet Sibirien“ unterhält Joachim Króhl an der Seite von Katja Riemann. Ein Gespräch über Neuausrichtungen und ein Genre-Déjà-vu.Joachim Król mimt in "Ausgerechnet Sibirien“ einen Spießer, der emotional und spirituell umgekrempelt wird. In der FURCHE spricht er über das Esoterik-Märchen und die Rückkehr der deutschen Großstadtkomödie.Die Furche: Wie ist es denn für einen Deutschen in Sibirien?Joachim Król: Da haben Sie mich erwischt - Deutsche sind ja schnell überfordert, wenn es im fremden Land, nun ja, fremd ist. Natürlich bin ich eine Ausnahme (lacht). Ich
Michael Haneke hat einen Film über den Umgang mit dem Sterben gedreht. Nun hatte "Amour“ im Wettbewerb von Cannes Premiere, wo die FURCHE den Regisseur zum Gespräch traf.E in alterndes Ehepaar und ihre letzten gemeinsamen Wochen, vor dem Hintergrund ihrer bürgerlichen Vergangenheit in Paris. Anne (Emmanuelle Riva) und Georges (Jean-Louis Trintignant) waren Musiklehrer, und die Liebe zur Musik ist auch im Alter ihr Lebensmotor geblieben. Doch dann erleidet Anne einen Hirnschlag, der sie zum Pflegefall macht. Ihrer Tochter (Isabelle Huppert) macht der Verfall der Mutter schwer zu schaffen.
Dass Sasha Baron Cohen eines Tages als "Diktator“ die Kinoleinwand einnehmen würde, war spätestens seit seinem erstklassigen Auftritt als liebenswürdiger wie rassistischer kasachischer Reporter Borat klar.Doch was Cohen Ende der 1990er durch seine "Ali G“-Show im Fernsehen als Reality-Terror-Comedy begründet hatte, die vom Subversions-Wert der Wirklichkeits-Infiltrierung durch politisch unkorrekten Witz und der Konfrontation mit Stereotypen lebte, ist mit "Der Diktator“ an einem Endpunkt angelangt.Ein strikt fiktives Drehbuch produziert hier eine laue Farce: Cohen gibt Admiral
Was kümmert es einen Scheich, dass es in der Wüste keine Lachse gibt? Was nicht ist, wird gemacht und seine Presseagentin (Emily Blunt) damit beauftragt, den britischen Wissenschafter Dr. Alfred Jones (Ewan McGregor) dazu zu bringen, 10.000 schottische Flusslachse zu verschiffen. Auch die Presseagentin des britischen Premier-Ministers (Kristin Scott-Thomas) hat den Image-Wert positiver Nachrichtenmeldungen aus dem Nahen Osten erkannt und stilisiert ihren Boss kurzerhand zum Fischerei-Fan: Mögen sich Orient und Okzident vereinen. Jones aber hat Hausverstand und findet "Lachsfischen im
Umut Da˘ g, österreichischer Regisseur kurdischer Herkunft, erzählt in seinem ersten Langspielfilm "Kuma“ eine ungewöhnliche Frauengeschichte im muslimischen Milieu.Offiziell sind "Kumas“, Zweitfrauen, verboten. Dennoch leben nach Zählungen der Regierung in Ankara mehr als 186.000 Kumas in der Türkei. Umut Da˘g, österreichischer Regisseur kurdischer Herkunft, nimmt in seinem ersten Langspielfilm "Kuma“ die damit verbundenen Fragen und Lebensweisen zum Ausgangspunkt seiner Film-Erzählung.Die Furche: Was hat Sie an dieser Geschichte interessiert?Umut Dag: Für mich haben Frauen
Wie kein anderer Film von Steven Soderbergh steht "Haywire“ an der Grenze zwischen Mainstream und Experiment. Dieser Kampfkunst-Thriller spielt in einer fast vergessenen Welt, in der US-Behörden, der britische MI6 und allerlei undurchsichtige europäische Einzelspieler Räuber und Gendarm spielen. Prinzipiell geht es um Betrug und um einen als Aufklärungsmission getarnten Rachefeldzug. Mit der Mixed-Martial-Arts-Sportlerin Gina Carano hat er eine Laiendarstellerin ins Zentrum seiner Inszenierung gestellt, in der alles auf die Kunst der Kontextverschiebung ausgerichtet ist: Lange