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Christsein in der Großstadt

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In den „Nachtgedanken“ stellt Univ.-Prof. Dr. Johannes Scha-sching SJ. die Frage, wie weit der Einfluß der Kirche in einer hochindustriellen Gesellschaft reiche. In der Antwort werden drei Kreise unterschieden: „Der erste bildet den Kern der religiösen Aktivisten. Er ist nicht groß, aber sehr breit gestreut. Der zweite Kreis besteht in der Gruppe der Praktikanten. Sie ist relativ groß, aber ihre religiöse Interessiertheit ist über einen bestimmten Punkt hinaus nicht mehr mobilisierbar... Der dritte Kreis besteht aus dem Heer der religiösen Nomaden...“

An Hand der Ergebnisse der Volkszählung 1961 kann man die konfessionale Struktur der Wiener Bevölkerung von heute und in der zeitlichen Entwicklung untersuchen. Dabei soll versucht werden, vor allem die Nomadisierung und konfessionelle Labilität in der Bundeshauptstadt Wien zu untersuchen. Die quantitativen Ergebnisse auf Grund der statistischen Unterlagen können aber nie und nimmer eine qualitative Struktur aufzeigen. Es wäre daher abwegig, wollte man Schlußfolgerungen bestimmter Art aus diesen Zahlen ziehen. Es bleibt wohl unbestritten, daß die formale Zugehörigkeit zu einem der erwähnten Religionsbekenntnisse allein noch nicht die innere Einstellung des Menschen dokumentieren kann; dies könnte unter bestimmten Voraussetzungen auch für Personen ohne Bekenntnis angenommen werden. Einzelne Beispiele aus Vergangenheit und Gegenwart beweisen es oder lassen es nicht unberechtigterweise vermuten. Klagen nicht viele Menschen in allen ihren seelischen Leiden, daß es um sie anders stünde, wenn sie religiös wären?

Glauben heißt auch Mut haben, bedeutet den „Sprung ins Ungewisse“, im Vertrauen, daß es trägt. Denn im Glauben wird der Sinn des gamein'>rnischlicHeh'n'DysWs entschieden. Daher ist es auch das größte Wagnis, das ein Mensch eingehen kann.

Zutreffend stellt Msgr. Univ.-Prof. DDr. Georg Siegmund in „Gottesglaube und seelische Gesundheit“ fest: „Ein Kennzeichen unserer Zeit scheint es zu sein, daß der Arzt die Rolle, die früher der Priester inne gehabt hat, übernimmt. Mag auch nach außen hin die Fassade früheren Gottesglaubens noch stehen, für sehr viele hat er die lebenspraktische Wirksamkeit verloren. Entsprechend dieser inneren Säkularisierung, zieht der seelisch Kranke den Arzt dem Priester vor, wobei übrigens der Seelenarzt von heute oft geneigt ist, den Priester wieder zu Rate zu ziehen ...“ Nach der letzten Volkszählung,

1961, zeigt sich in der Bundeshauptstadt Wien folgende konfessionelle

Struktur der Wohnbevölkerung (1,627.566 Personen): Der katholischen Religionsgemeinschaft gehörten 81,3 Prozent an, evangelisch waren insgesamt 8,1 Prozent, zu den anderen Bekenntnissen bekannten sich 2,5 Prozent, konfessionslos waren 8,0 Prozent. Bei nur 0,1 Prozent der Bevölkerung ist die Zugehörigkeit zu einer konfessionellen

Gemeinschaft nicht bekannt ge-worde^i. Jiiumn ,1W ll<4rterite,t's( .Zu Beurteilung der. Sachlage und zu Vergleichszwecken seien nachfolgend die Anteilsquoten im Jahr 1951 angeführt: Zu dieser Zeit bekannten sich 82,3 Prozent der Wiener Bevölkerung zur katholischen Kirche, 7,7 Prozent waren evangelisch, anderen Bekenntnissen gehörten 2,2 Prozent an, konfessionslos waren 7,7 Prozent der Wiener Bevölkerung. Auch im Jahre 1951 war der Anteil jener Personen, bei denen eine konfessionelle Zugehörigkeit nicht festgestellt werden konnte, nur 0,1 Prozent. Mit dem höchsten prozentuellen Anteil der katholischen Bevölkerung im Jahr 1951 wurden die Bundesländer Niederösterreich und Vorarlberg mit je 95,4 Prozent festgestellt. Ihnen folgte mit 94,7 Prozent Tirol und mit 90,8 Prozent Oberösterreich. An letzter Stelle mit 82,3 Prozent reihte sich Wien.

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