6568521-1950_08_14.jpg
Digital In Arbeit

Der Klub der jungen Leser

Werbung
Werbung
Werbung

Die lang währenden Diskussionen über die Maßnahmen, die zum Schutze der Jugend vor Schmutz und Schund zu trefen sind, haben zwar noch zu keinen konkreten Ergebnissen, wohl aber zu einer gewissen Einigung der Interessierten geführt; es ist dementsprechend zu erwarten, daß über kurz oder lang der Wust der „sexualwissenschaftlichen Aufklärungsschriften“ und der „pikanten“ Magazine von den Zeitungsständen verschwinden wird. Möge es bald sein, damit der Schaden, der schon angestiftet wurde, nicht noch größer wird!

Indessen — selbst im günstigsten Fall wird nur ein Teil der Schmutz- und Schundschriften mit gesetzlichen Maßnahmen zu beseitigen sein —, jener eben, den man mit dem Sammelbegriff „Pornographie“ ganz gut abtun kann. Schwieriger, wenn nicht unmöglich, wird es sein, die Literatur der Einschilling-Abenteuer-hefte, die Memoiren der Fünfziggroschendetektive und -Gentlemanverbrecher, den Kitsch billigster Liebesromane und sensationshungriger Wochenblättchen von der Jugend fernzuhalten.

Nun, dem Kitsch ist mit Verboten und Verordnungen niemals recht beizukommen; man kann es vielleicht, wenn man ihm Besseres und Sauberes gegenüberstellt und es kräftig propagiert, man wird ihn vielleicht überwinden, wenn man versucht, den guten Geschmack zu fördern und an den gesunden Instinkt der heranwachsenden Menschen appelliert. Das sind Binsenwahrheiten, aber gültige. Der „österreichische Buchklub der Jugend“ handelt nach ihnen — und er handelt recht und mit schönem Erfolg.

Dieser Buchklub wurde aus der Erkenntnis heraus geschaffen, daß man aus den erwähnten Gründen gute und ausgesuchte Lektüre stärker unter die Jugend bringen müsse: durch Aufklärungsarbeit unter der Elternschaft, durch die Mitarbeit der Lehrer und Pädagogen, der Verlage und Buchhandlungen, vor allem aber durch die Verbilligung der Bücher selbst. Der „Buchklub“ nimmt die lesende Jugend als „teilnehmende Mitglieder“ auf, der Beitritt erfolgt zumeist über die Schulen; ein geringfügiger Mitgliedsbeitrag gewährt die Berechtigung, jährlich drei Bücher aus der Liste des Klubs auswählen und um ein Viertel ihres Ladenpreises billiger erstehen zu können. Man lese diese Ziffer und staune: der „österreichische Buchklub der Jugend“ zähltbereitsüber 3 0.0 0 0 Mitglieder. Man kann aus ihr unschwer den Schluß ziehen, daß das Niveau der Jugendliteratur unseres Landes in einiger Zeit durch den „Buchklub beachtliche Korrekturen erfahren wird.

Die Auswahl der Bücher, die auf die Liste' des Klubs gesetzt werden, erfolgt durch eine Lektorenkommission, die sich aus Bibliothekaren, Vertretern der Jugendorganisationen, aus Jugendlichen und Lehrern zusammensetzt. (Wie es für die Arbeit des Buchklubs ja tatsächlich bezeichnend ist, daß gerade die Erzieher an ihr lebhaftesten und interessiertesten Anteil nehmen.) Die Lektoren des Klubs stehen in Verbindung mit der Jugendschriftenkommission des Unterrichtsministeriums; ihre Mitarbeit ist ehrenamtlich, denn die Tätigkeit des Vereins ist nicht auf materiellen Gewinn berechnet. Anregungen von seiten der Elternschaft und der Jugend selbst sind erwünscht und werden berücksichtigt; ein Blick in die Liste lehrt, daß wirklich nur erstklassige, moralisch einwandfreie, aber nicht moralinsauere Bücher in sie aufgenommen wurden, die für Leser vom 5. bis zum 22. Lebensjahr bestimmt sind. Von Politik ist nicht die Rede; vielleicht wird man aber finden, daß der spezifisch österreichischen Titel nicht allzu viele sind. — An dem Grundsatz: „Für die Jugend nur das Beste“ muß unbedingt festgehalten werden.

Der Stolz des „österreichischen Buchklubs der Jugend“ ist die hohe Mitgliederzahl, der überraschende Erfolg und der neugeschaffene Leseraum, dem weitere folgen sollen. Seine Sorgen: daß nur selten ein bekannter und geschätzter — oder ein unbekannter und begabter — Autor ein Kinderbuch schreibt, und die Landjugend weiter Gebiete entweder überhaupt kein Leseinteresse zeigt, und wenn, so nur dem Billigsten Reiz abgewinnt. Die Verantwortlichen hoffen, mit guter Literatur in billiger Massenauflage — in kolportagehafter Aufmachung I — den Autoren Erfolg versprechen und der Landjugend Interesse abgewinnen zu können, solcherart also zwei Fliegen auf einen Schlag zu treffen. Die Gefahr, die hiebei unbedingt vermieden werden muß, ist die einer gewissen Monopolbildung, denn mit den Verlegern wurde bisher nur ein Kompromiß erzielt. Und gerade die hohe Mitgliederzahl bedeutet hier doppelte Verantwortung.

Im ganzen also: Der „österreichische Buchklub der Jugend“ ist ein junges und neuartiges Unternehmen, dem man Erfolg wünschen kann. Seine Bewährung muß er in der kontinuierlichen Arbeit finden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung