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Dr. FRANZ J. MAYER-GUNTHOF / PATRIOT UND WIRTSCHAFTSFÜHRER

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Die ordentliche Vollversammlung der Vereinigung Österreichischer Industrieller hat am 21. April 1960 ihren bisherigen Vizepräsidenten DDr. h. c. Franz ]ose{ Mayer-Cunthof zum Präsidenten gewählt. Präsident Lauda hatte zuvor seinen Entschluß bekanntgegeben, aus persönlichen Erwägungen nicht mehr für die Wiederwahl zu kandidieren.

Der Führung der Industrie kommt in einem Lande, das sich zur Demokratie und zur freien Wirtschaft bekennt, naturgemäß ein bedeutendes politisches Gewicht zu. In einem kleinen Lande, das von allen Seiten von Gefahren und Versuchungen umgeben ist, hat die Führungsschicht der Industrie in besonderem Sinne lebenswichtige Bedeutung, doppelt in einem Moment, in dem Wirtschaftspolitik und Staatspolitik erneut in enger Verbindung höchste Bedeutung für die Erhaltung der österreichischen Unabhängigkeit erhalten haben. Gerade in diesem Augenblick tritt nun ein Patriot von hohen Graden, ein Mann mit staatspolitischer Einsicht, ein Staatsbürger, der die Wichtigkeit der Zusammenarbeit aller Schichten des Volkes früh erkannt und bejaht hat, nicht zuletzt eine für Kunst, Kultur und Wissenschaft offene Persönlichkeit, an die Spitze der Industriellenvereinigung.

Franz ]osef Mayer-Gunthof wurde am 18. August 1894 geboren. Seine Schulbildung erhielt er in der altberühmten Schule österreichischer Tradition, im Theresianum. 3913 beginnt er die Rechte an der Universität Wien zu studieren und absolviert noch vor Kriegsausbruch ein Semester in Oxford. Den ersten Weltkrieg macht er als Offizier mit, promoviert 1919 in Wien. Gleich nach K tgseude übernimmt er das elterliche Unternehmen, eine Baumwollweberei in Mährisch-Trübau, das er bis 1944 leitet. Im Mai 194$ wird Dr. Mayer-Gunthof zum

Öffentlichen Verwalter der Vöslauer Kammgarnfabrik AG. bestellt, als deren Generaldirektor er in den folgenden Jahren dieses Unternehmen zu seiner weltbekannten Größe ausbaut. 1946 gelingt es ihm als Führer einer österreichischen Delegation, in England den ersten Auslandskredit für die österreichische Textilwirtschaft zu bekommen, den „Wollkredit“. Die reibungslose Abwicklung dieses Kredits kräftigt das Vertrauen der englischen Geschäftswelt in die österreichische Gesamtwirtschaft.

In seiner programmatischen Erklärung nach seimr Wahl zum Präsidenten erklärte Doktor Mayer-Gunthof, über aller Tagespolitik müsse das oberste Anliegen die Erhaltung und Sicherung der Arbeitsplätze sein. Wenige Kilometer vom Eisernen Vorhang entfernt, sei es in Österreich die Pflicht und Schuldigkeit aller Verantwortlichen, den sozialen Frieden auch durch die Vollbeschäftigung zu erhalten. Mehrung des Wohlstandes und größere Chancen für jedermann sind nur durch ein gesundes Wachstum der österreichischen Wirtschaft möglich. Der neue Präsident plädierte sodann an den kameradschaftlichen Geist des Jahres 1945, an die Verbundenheit aller Schichten des Volkes und aller Gruppen der Wirtschaft im Geiste der Freiheit und Solidarität. Sodann betonte er den guten Willen der Industrie zur Zusammenarbeit mit Gewerbe, Handel, Land- und Forstwirtschaft sowie mit dem Gewerkschaftsbund als Sozialpartner.

Die Industrie wird sich bemühen, den Warenaustausch mit den Partnern der EFTA auszuweiten und verfolgt die Entwicklung in EFTA und EWG mit hoher Wachsamkeit. Ein besonderes Augenmerk will der neue Präsident der Förderung des geistig-wissenschaftlichen Potentials und des Nachwuchses widmen; Österreich könne sich ein Zurückbleiben hinter anderen Ländern nicht leisten. — Dr. Mayer-Gunthof hat seit Jahren vielfältig gezeigt, daß es ihm darüber hinaus mit der Förderung des kulturellen Potentials Österreichs ernst ist; nicht zuletzt durch die auf seine Initiative von der Vöslauer Kammgarngesellschaft herausgegebenen Kunst-bände, die je in einem Bande ein nicht selten unbekanntes oder wenig bekanntes österreichisches Erbe im Bild der Gegenwart vermittelten.

Für seine schwere und verantwortungsvolle Arbeit sind ihm in diesen Tagen aus allen Kreisen des Volkes Segenswünsche zugekommen; Zeichen eines Vertrauens, das dem Patrioten, dem gläubigen Österreicher in einer ernsten Stunde zukommt.

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