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Neue Möglichkeiten des Gesprächs

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FRAGE: Es ist oft gesagt worden, daß das künftige Verhältnis der Konfessionen wesentlich davon abhängt, wie die Fragen nach der Religionsfreiheit, dem Proselytismus und der Mischehe beantwortet werden. Was ist auf dem Konzil Schon geschehen, und was könnte noch getan werden, um diese Hindernisse des Dialogs zu beseitigen?

ANTWORT: Was die Religionsfreiheit angeht, so wissen Sie, daß die entsprechende Vorlage bei der grundsätzlichen Abstimmung — die zwar noch kleine, im wesentlichen geringfügige Änderungen zuläßt, aber den Text festgelegt hat — von einer überaus großen Mehrheit der Bischöfe angenommen worden ist. Dabei ist zu beachten, daß gerade der angriffslustige Proselytismus mancher nichtkatholischen Sekten in Südamerika den katholischen Bischöfen jener Länder in ihrer Verantwortung für ihre Gläubigen nicht wenig zu schaffen macht und daher auch die richtige Würdigung der Erklärung über Religionsfreiheit nicht wenig erschwert hat. Der Text dieser Erklärung ist in seinen großen Zügen bekannt, und es ist ihm von manchen nichtkatholischen Kirchenführern große Anerkennung gezollt werden, wie die Presse seinerzeit berichtet hat.

Was die Frage der Mischehen an-

geht, so darf ich darauf hinweisen, daß in dieser Sache die Lage in verschiedenen Ländern und Kontinenten sehr verschieden ist. Man muß sich daher hüten, diesen ganzen Fragenkomplex nach der Tatsachenlage eines einzelnen Landes zu beurteilen. Aus diesem Grund kann das Konzil keine allgemeingültige Lösung geben. Die entsprechende Vorlage weist aber in ihrer jetzigen Form kräftig auf die ökumenische Seite des Problems hin und gibt allgemeine Richtlinien für eine richtige Handhabung der Bestimmungen, soweit diese noch bestehen bleiben.

FRAGE: Wie wird sich die künf-

tige Arbeit des von Ihnen geleiteten Sekretariats zur Förderung der christlichen Einheit gestalten? Wird es in die Überlegungen eingeschaltet sein, die sich aus dem Konzil ergeben? Wird es in der nachkonzi- liären Zeit mitherangezogen, die rechtlichen und praktischen Folgerungen aus den Konzilsbeschlüssen zu ziehen und eine einheitliche Interpretation und Ausführung zu erreichen? Welche Bedeutung messen Sie dieser nachkonziliären Arbeit bei?

ANTWORT: Das Sekretariat wird sich, wie vor dem Konzil und während des Konzils, so auch nach dem Konzil, mit den ihm eigenen Aufgaben zu befassen haben. Es ist nicht seine Sache, die rechtlichen und praktischen Folgerungen aus allen Konzilsbeschlüssen zu ziehen. Eine seiner ersten Aufgaben wird die sein, das schon oft angekündigte ökumenische „Direktorium“ auszuarbeiten, wo mehr ins einzelne gehende Richtlinien für die katholische und ökumenische Arbeit gegeben werden sollen — ohne jedoch ungebührlich uniformieren und zentralisieren zu wollen.

Was die nachkonziliäre Arbeit angeht, so liegt es nahe, daß das Einheitssekretariat bei den Ausführungsbestimmungen der Konzilsdekrete ebenso mitreden wird, wie bei der Konzilsvorbereitung und Konzilsabhaltung, soweit dabei ökumenische Interessen in Frage kommen.

FRAGE: Sehen Sie nach dem jetzigen Stand der Verhandlungen auf dem Konzil auch neue Gesprächsmöglichkeiten zwischen den getrennten Christen über die trennenden dogmatischen Fragen? Wie urteilen Sie aus dieser Sicht über die Interpretation des Konzils von „Schrift und Tradition“, über Maria und den umstrittenen Mediatrix- begriff sowie über das Amt der Kirche, namentlich den Primat?

ANTWORT: Diese Möglichkeiten sind ganz gewiß sehr groß. Sie sind weitgehend durch das Konzil selbst geschaffen worden. Ich hatte in meinen vor der Konzilseröffnung gehaltenen Vorträgen wiederholt darauf hingewiesen, man müsse nicht nur die Probleme der Lehrunterschiede neu durchdenken mit Rücksichtnahme auf den heutigen Stand der Fragen, sondern auch Formulierungen suchen, die der Mentalität des anderen Gesprächspartners Rechnung tragen und von ihm leichter zu verstehen sind. Diese Formulierungen sind vorzüglich durch eingehendes Studium der Heiligen Schrift — besonders der biblischen Theologie — und der älteren Tradition zu erreichen. Dies ist nun irr Konzil schon weitgehend betätigt worden. Weiterhin haben wir Katholiken uns während des Konzils viel intensiver über die heutiger Auffassungen nichtkatholischer Kirchen durch den Kontakt mit der Beobachtendelegierten unterrichter können. Umgekehrt haben dieselben nichtkatholischen Kirchen durch die Teilnahme ihrer Beobachterdelegierten am Konzil sich ganz gewif weitgehend aus erster Quelle übei die katholische Kirche und ihre Lehre unterrichten können.

Was die einzelnen von Ihnen genannten Themen angeht, so schein' es nicht angebracht zu sein, jetzt dazu Stellung zu nehmen. Gerade diese Punkte, wie noch einige andere, müssen Gegenstand des theologischen Gesprächs sein.

Ich möchte dieses Gespräch abschließen mit dem Ausdruck des Dankes an den Evangelischer Pressedienst für die kostbare Gelegenheit, ein Wort an viele evangelische Christen richten zu können Dazu noch eine Feststellung. Es ist vielfach auch von nichtkatholischei Seite betont worden, daß das Konzi eine große Gnade unseres Herrr Jesus Christus an seine Kirche darstelle und damit an alle, die durd den Glauben und die Taufe mit ihrr vereinigt sind. Eine Gnade ist abei eine „Heimsuchung“ des Herrn, unc von ihr gilt die Mahnung des Herrn die Zeit der Heimsuchung nicht zt verkennen (vgl. Lk. 19, 44). Die gnadenvolle Heimsuchung stellt uns alle vor eine vergrößerte Verantwortung gegenüber Christus, gegenüber der Kirche und gegenüber der gesamten Menschheit.

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