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Zentren werden übergroß

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Stadtregionen, die sich in die Landschaft fressen: So stellen sich die ausufernden Zentren der Industrieländer dar.

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Stadtregionen, die sich in die Landschaft fressen: So stellen sich die ausufernden Zentren der Industrieländer dar.

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Zehn Millionen im Raum Paris

Um Paris als Zentrum erstreckt sich eine 12.000 Quadratkilometer große Stadtregion. Auf nur zwei Prozent der französischen Staatsfläche leben da 10,6 Millionen Menschen (rund ein Fünftel der Bevölkerung des Landes). Mit 13 Prozent (8,5 Prozent aus Nicht-EG-Ländem) hegt der Anteil der Ausländer an der Bevölkerung sehr hoch. Insgesamt werden im Raum Paris 28 Prozent des französischen Inlandsproduktes erwirtschaftet. Rund 250.000 Menschen pendeln zur Arbeit, seit der Inbetriebnahme des Hochgeschwindigkeitszuges TGV sogar über Strekken von Hunderten Kilometern.

Der Pariser Raum expandiert: Fast ein Drittel aller französischen Bauarbeiter sind in der „He de France" tätig und die Einwohnerzahl der Region hat in der Dekade 1980-1990 um 6,6 Prozent zugenommen. 74 Prozent der Beschäftigten (im Stadtbereich Paris sogar 84) sind im Dienstleistungssektor beschäftigt. Daher auch das hohe Einkommensniveau, das 60 Prozent über dem EG-Durchschnitt liegt. Der Raum Paris kann als Zentrale der französischen Wirtschaft angesehen werden: Jeder zweite Beschäftigte in Frankreich arbeitet für ein Unternehmen, das seinen Sitz in der Ile de France hat. Von den Produktionsstätten bleiben allerdings nur die „Spitzenindustrien" (Informatik, Pnarma und Luftfahrt) in der Ile de France.

„Die Bewohner der Kernzone, vor allem der Hauptstadt, leiden unter den Nachteilen aller Großstädte: Verschmutzung von Luft und Wasser, Verkehrsprobleme trotz eines gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehrs, teure Mieten (…). Der Umweltschutz wird immer aufwendiger. Er umfaßt Maßnahmen wie den Bau der Müllverbrennungsanlagen in St. Ouen und Creteil, die Reinigung der Abwässer und Regenwässer (…)." (Eurostat: „Portrait der Regionen", Band 2)

Das Ruhrgebiet -ein Stadtgeflecht

Nordrhein-Westfalen weist eine Bevölkerungsdichte von 500 Einwohner je Quadratkilometer auf. Hier lösen sicn die Konturen von Dörfern und Kleinstädten auf. Teile des Bundeslandes können als durchgehendes Großstadtgebiet angesehen werden: 4,5 Millionen Menschen wohnen auf 3.860 Quadratkilometern im Ballungsgebiet Düsseldorf-Dortmund. Entlang der Diagonale Köln-Dortmund und der Linie Aachen-Duisburg sind es 6,7 Millionen auf 4.580 Quadratkilometern. Allein der Regierungsbezirk Düsseldorf lunfaßt zwölf Großstädte.

Als ehemaliges Kohlenbergbau-und Stahlerzeugungsgebiet ist diese Agglomeration nach wie vor stark von der Industrie geprägt - auch

wenn die Bedeutung dieser Industrien stark rückläufig ist. Seit 1970 gingen rund 700.000 Arbeitsplätze ver-oren und mußten durch neue (800.000 im Dienstleistungssektor) ersetzt werden, was eine enorme Umstrukturierung erforderlich gemacht hat.

Mit rund 40 Prozent Beschäftigten in der Industrie weist Nordrhein-Westfalen einen nach wie vor hohen Anteil an Beschäftigten in der Produktion auf.

46 der 100 größten deutschen Unternehmen sind in der Region angesiedelt. Neun Prozent der Bevölkerung sind selbständig (1950 waren es 20) und ebenso viele sind als Beamte tätig (1950 nur vier Prozent). Auch im Ruhrgebiet ist das Bildungsniveau sehr hoch: 20 Prozent verfügen über einen Hochschuloder Fachhochschulabschluß. In 49 Hochschulen werden rund 480.000 Studenten ausgebildet.

Seit 15 Jahren werden verstärkt Umweltschutzmaßnahmen unternommen, vor allem auf dem Gebiet der Entschwefeltmg und Ent-stickung von Kraftwerken. Seit Mitte der sechziger Jahre hat sich daher auch der Schwefeldioxid-Gehalt der Luft auf ein Zehntel verringert. Große Sorgen bereitet aber nach wie vor die vor allem verkehrsbedingte

Belastung mit Stickoxiden, Kohlen-monoxid und mit Benzolen. Der Anschluß der Kanalisation ist zu 90 Prozent vollzogen.

Amsterdam-Rotterdam: eine Stadt

Fast 50 Prozent der holländischen Bevölkerung, rund 5,6 Millionen Einwohner, drängen sich auf einer Fläche von 5,6 Quadratkilometern im Umfeld von Amsterdam und Rotterdam zusammen. Geprägt ist dieser Raum von seiner besonders günstigen Lage als Verkehrsknoten, weist er doch ausgezeichnete See-, Luft- und Landverbindungen auf. Noch in den neunziger Jahren soll er an das französische TGV-Netz angeschlossen werden.

Auch in diesem Ballungsraum dominiert der Dienstleistungssektor, der 76 Prozent der Beruftstätigen beschäftigt und dazu beiträgt, daß das durchschnittliche Einkommen um 14 Prozent über dem EG-Mittel liegt. Der Großraimi Amsterdam-Rotterdam ist ein attraktiver Standort für international operierende Unternehmen, die hier ihre Hauptniederlassungen xmd Handelszentren einrichten. Großunternehmen sind überrepräsentiert (Shell, Unilever, Fokker…). Auch kommt Amsterdam als Finanzzentrum und als Zentrum der Lagerung und Bearbeitung von Erdölprodukten Bedeutung zu. Probleme der Umstrukturierung kennzeichnen allerdings auch hier die Lage. In alten Stadtviertebi nimmt die Arbeitslosigkeit (vor allem die Langzeitarbeitslosigkeit) zu.

„Megatowns"- Made in USA

New York, ein wahrer Stadt-Gigant mit 12 Millionen Einwohnern, eine der Metropolen der Welt, ist selbst wiederum nur Teil einer Riesenagglomeration, die sich entlang der Ostküste der Vereinigten Staaten von Boston im Norden nach Washington im Süden erstreckt - auf über 650 Kilometern. In dieser „Megalopolis" gehen Städte, Dörfer, Industrien, Dienstleistxmgszentren in einem fast durchgehend verbauten Gebilde auf. In ihm wohnen rund 35 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge leben dort etwa zehn Prozent von innen in ärmsten Verhältnissen. Zwar entstehen in den „Stadtzentren" immer wieder Wolkenkratzer als Symbole der Macht und des Wohlstandes unmittelbar neben den Vierteln mit hoher Arbeitslosigkeit, in denen Verfall, Kriminalität, Armut und Trostlosigkeit herrschen.

Los Angeles vnederum ist die aus-dehnxmgsmäßig größte Stadt der Welt. Uber 1.200 Quadratkilometer erstreckt sich dieses riesige besiedelte Areal. Da gibt es Boulevards, die 70 Kilometer lang sind. Ein schlecht ausgebauter öffentlicher Verkehr macht die Benützung des Autos zur Notwendigkeit. Täghche Wegstrecken zur Arbeit bis zu 100 Kilometern sind keine Seltenheit. In Vierer-Kolonnen bewegen sich die Autos auf den Super-Highways in Stoßzeiten dahin. In Los Angeles leben sieben Millionen Menschen mit fast drei Millionen Autos.

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