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Wie wir in 20 Jahren leben

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Der älteste Menschheitstraum, einen Blick in die Zukunft zu werfen, isl heute für viele Lebensbereiche Realität geworden. Zumindest die nächsten dreißig Jahre hat die Wissenschaft schon vorplanend erfaßt. Denn in dei modernen Wirtschaft und Technik werden Fortschritt und Erfolg immer abhängiger von einer langfristigen Konzeption, die sich auf exakte Vorschauen stützen muß. Darum trat an die Stelle der mystikumrankten Mantik die nüchterne Prognose.Verließ sich die alte Wahrsagerei auf Wetterorakel, Astrologie, Vogelflug, Xraumdeuterei, Handlesekunst, spiritistische Medien oder gar auf die Zeichen in Großmutters Kaffeesud, so sind es nun programmierte Daten und Zahlen, mit deren Hilfe man die Vision vom Leben der Menschen etwa im Jahr 2000 anpeilt. Die noch junge Prognosetechnik hat indes mit Zauberei gar nichts gemein. Sie geht vielmehr von den Entwicklungen der letzten Jahrzehnte aus und ermittelt durch Grenzwertberechnungen die zu erwartenden Tendenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind Millionen von Rechenoperationen erforderlich. Der Computer, jener nützliche Idiot, der den verblüffend schnellen Fortschritt der Technik erst ermöglicht, führt sie aus. Indessen ist ein Heer von Experten damit befaßt, den Computer mit den notwendigen Daten zu füttern und die Programme zu entwerfen, nach denen dieses hochleistungsfähige Elektronengerät eben diese Daten zu verarbeiten hat. Die in Windeseile ausgeworfenen Resultate zu bewerten und in die Prognose umzusetzen, bleibt dem Menschen vorbehalten

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Der älteste Menschheitstraum, einen Blick in die Zukunft zu werfen, isl heute für viele Lebensbereiche Realität geworden. Zumindest die nächsten dreißig Jahre hat die Wissenschaft schon vorplanend erfaßt. Denn in dei modernen Wirtschaft und Technik werden Fortschritt und Erfolg immer abhängiger von einer langfristigen Konzeption, die sich auf exakte Vorschauen stützen muß. Darum trat an die Stelle der mystikumrankten Mantik die nüchterne Prognose.Verließ sich die alte Wahrsagerei auf Wetterorakel, Astrologie, Vogelflug, Xraumdeuterei, Handlesekunst, spiritistische Medien oder gar auf die Zeichen in Großmutters Kaffeesud, so sind es nun programmierte Daten und Zahlen, mit deren Hilfe man die Vision vom Leben der Menschen etwa im Jahr 2000 anpeilt. Die noch junge Prognosetechnik hat indes mit Zauberei gar nichts gemein. Sie geht vielmehr von den Entwicklungen der letzten Jahrzehnte aus und ermittelt durch Grenzwertberechnungen die zu erwartenden Tendenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind Millionen von Rechenoperationen erforderlich. Der Computer, jener nützliche Idiot, der den verblüffend schnellen Fortschritt der Technik erst ermöglicht, führt sie aus. Indessen ist ein Heer von Experten damit befaßt, den Computer mit den notwendigen Daten zu füttern und die Programme zu entwerfen, nach denen dieses hochleistungsfähige Elektronengerät eben diese Daten zu verarbeiten hat. Die in Windeseile ausgeworfenen Resultate zu bewerten und in die Prognose umzusetzen, bleibt dem Menschen vorbehalten

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Auch in Österreich gewinnt die Prognose immer mehr an Bedeutung. So hat das österreichische Institut für Raumplanung gegen Ende 1968 im Regierungsauftrag eine nach politischen Bezirken gegliederte Bevölkerungsprognose für das Jahr 1980 und eine Gesamtvorschau auf das Jahr 2000 erstellt. Auch das Gesamtverkehrskonzept der Bundesregierung, das der Öffentlichkeit vor wenigen Monaten vorgestellt worden ist, hat einen sehr ausgeprägten, prognostizierenden Charakter. Daneben gibt es eine Fülle feststehender Pläne für den Ausbau des Straßennetzes, den Gewässerschutz, die Schaffung von Großspitälern, Hochschule rtradn Vertungsmitimtvi' denen sich eine Vorstellung davon ableiten läßt, wie der Österreicher um das Jahr 2000 leben wird und wie Österreich sein Aussehen verändert.

Kein Wohnungsproblem mehr

Die Lebenserwartung der im Jahre 1980 Geborenen wird — so sagen die Computer — zwischen 80 und 100 Jahren liegen. Bei etwa verdoppelter Kaufkraft ist bis zur Jahrtausendwende mit dem Ubergang zur Viertagewoche als Arbeitszeitnorm zu rechnen. Die Verteuerung der menschlichen Arbeitskraft wird allerdings zu einer starken Verschärfung der Situation bei den Dienstleistungen führen. Indessen wird der Durchschnittseuropäer zwei Monate im Jahr Ferien machen können. Auch für den Normalverdiener werden Weltreisen kein finanzielles Problem sein. Der Mensch des Jahres 2000 wird allerdings seinen Luxus mit höherer Arbeitsleistung zu bezahlen haben. Das immer stärker in Erscheinung tretende Spezialistentum in allen Sparten wird zu einer merklichen Verlängerung der Ausbildungszeiten führen. Um mindestens zwei Jahre werden dann die Kinder die Schulbank länger zu drücken haben. Die heutige mittlere Reife wird allgemeiner Bildungsstandard sein. Dafür wird es auf dem Hochschulsektor zu einer weiteren, sehr stark ausgeprägten Auffächerung der Disziplinen kommen. Von etwas mehr als 7 Millionen Menschen bei der letzten Volkszählung im Jahre 1961 wird die österreichische Bevölkerung bis 1980 auf

7.7 Millionen und bis 2000 auf

8.8 Millionen Einwohner anwachsen. Bis zum Jahre 1980 wird die Bevölkerung der Bundeshauptstadt Wien nur um 60.000 Menschen zunehmen und rund 1,7 Millionen Einwohner betragen. Auch diese Zuwachsrate dürfte nicht auf ein natürliches Wachstum der Bevölkerung, sondern auf Zuwanderungen zurückzuführen sein. Zurückgehen wird in diesem Zeitraum die Arbeitsbevölkerung Wiens, und zwar von rund 865.000 im Jahre 1961 auf 838.000 im Jahre 1980. Für das Jahr 2000 sagen die Experten für Wien 1,8 Millionen Einwohner voraus.

Selbst in Wien wird es gegen Ende dieses Jahrhunderts kein quantitatives Wohnungsproblem mehr geben. Indessen wird durch den steigendenWohlstand ein immer höher werdender Komfortanspruch erhoben werden. Die Menschen werden nicht nur größere Wohnungen anstreben, sondern auch die Forderung nach Flexibilität erheben. Die Überlegungen futuristischer Architekten zeigen schon jetzt einen solchen Trend an. Die Entwicklung auf dem Wohnungssektor dürfte über die bloße Möglichkeit, den vorhandenen Wohnraum durch leicht versetzbare Trennwände individuell gestalten zu können, weit hinaus gehen. Selbst die althergebrachte Vorstellung von der Gestalt des Hauses dürfte sich wandeln: Heute utopisch anmutende Vorstellungen von hexagonalen Wohnzellen, die zu linearen Stadteinheiten bis zu 2500 Wohnungen zusarnmengefaßt sind, dürften dann bereits reale Chancen haben. Denkbar ist auch das Entstehen terrassierter Wohntürme, die in sich eine kleine Stadt in der Großstadt bilden. Wenn im Jahre 1980 in Österreich 1,9 Millionen Personenkraftwagen in Betrieb stehen, wird es in den Ballungszentren, vor allem in Wien, große Verkehrsprobleme geben. Zwar wird bis dahin ein Netz von U-Bahnen und Stadtautobahnen entweder in Bau oder schon teilweise fertiggestellt sein, doch werden die vorhandenen Verkehrsflächen vor allem im Zentrum nicht mehr ausreichen, den ruhenden Verkehr aufzunehmen. Mit größter Wahrscheinlichkeit wird Wiens Innenstadt dann zur Fußgängerzone erklärt werden müssen. Einen zusätzlichen Wirtschaftsimpuls wird Wien am Beginn der achtziger Jahre durch die zu diesem Zeitpunkt .voraussichtlich.“ fertiggestellte Rhein-Main-Donau-Großschiffahrtsstraße erhalten.

Mit dem neuen Allgemeinen Krankenhaus, dessen beide riesigen Bettentürme der Stadt einen neuen optischen Schwerpunkt geben werden, wird die Bundeshauptstadt über eines der modernsten und höchstleistungsfähigen Spitäler Europas verfügen. Im Donaupark werden 3000 internationale UNO-Beamte in einem Behördenzentrum tätig sein, das dem Siedlungsgebiet nördlich der Donau einen besonderen städtebaulichen Akzent verleihen wird.

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