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Kontrollieren wir die Kerker!

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Auf der interparlamentarischen Konferenz, die auf Island, der Heimat des ältesten Parlaments der Welt, in diesem Sommer stattfand, erhob B ö g h o 1 m, der dänische Schriftsteller, seine mahnende Stimme für eine internationale Kontrolle des gegenwärtigen Gefängniswesens. Die Forderung fand lebhafte Zustimmung. In der Öffentlichkeit der nordischen Länder bespricht man zur Zeit die Möglichkeit einer gemeinsamen nordischen Intervention über die Außenministerien der skandinavischen Staaten oder über die nordischen Delegationen bei der bevorstehenden Generalversammlung der UNO in New York.

Die Ausführungen Bögholms verdienen festgehalten zu werden. Der* angesehene Publizist, dem es gelungen ist, sogar zu einem Belgrader Gefängnis sich Zutritt zu verschaffen, erklärte:

„Ich werde niemals die Eindrücke vergessen, die eine Reihe von Gefängnisbesuchen im Europa der Nachkriegszeit auf mich gemacht hat. Ich bin in den politischen

Gefängnissen auf Männer gestoßen, die früher leitende Posten im kulturellen und wirtschaftlichen Leben ihrer Länder innehatten. Ich möchte mich natürlich nicht damit beschäftigen, wie weit der eine oder andere mit Recht oder Unrecht gefangengehalten wird, aber ich sehe es als meine Pflicht an, auf die untragbaren Verhältnisse aufmerksam zu machen, unter denen die politischen Gefangenen in einem Großteil Europas leben müssen. Ich habe selbst mit politischen Gefangenen gesprochen, die bereits seit l'A Jahren in einer Zelle sitzen, ohne vor einem Richterstuhl gestanden zu haben, ohne zu wissen, weshalb sie festgehalten werden und ohne daß sie in all den Monaten in frisdier Luft gewesen wären. Die Richtigkeit dieser Darstellung ist mir von den zuständigen Behörden bestätigt worden' Das sind Verhältnisse, die geändert werden können und müssen. Hier ist eine Aufgabe, die die UNO aufgreifen muß. Wird eine internationale Gefängniskontrolle ermöglicht, dann gehören zumindest d i e Zustände, wie idi sie erlebt habe^ der Vergangenheit an. Es wird kaum einen Staat geben, der die internationale Untersuchung seiner Gefängnisverhältnisse verweigern wird, denn er würde damit.gegen sich selbst Anklage erheben.“

Wie recht Bögholm hat, ist heute öffentliches Geheimnis. Das politische Gefängniswesen vieler europäischer Länder erneuert heute die Zustände längst überwunden geglaubter Barbarei. Hier Abhilfe schaffen, hieße für die Wiederherstellung der Ehre der Menschheit etwas tun. Mag das Mißtrauen, das die Großmädite trennt, eine gemeinsame Aktion verhindern — gut, so übergebe die UNO die internationale Kontrolle den kleinen unparteiischen Staaten des Nordens, die keine Machtpolitik beirrt und die alte humanrstische Traditionen leiten.

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