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Die Fundgrube

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Im Jahre 1925 schrieb Hugo von Hofmannsthal an den „Deutsche-Meister-Verlag“, der ihm mehrere seiner Bücher, darunter auch Neudrucke von Erzählungen Stifters, zugesandt hatte: „Indem Sie auf ältere Dinge zurückgreifen, wirken Sie für Ihren Teil daran mit, die aufgeregte und unsicher gewordene gegenwärtige Generation in sich zu beruhigen und mit dem höheren Besitz der Nation, der immer ein viele Geschlechter übergreifender sein muß, zu verbinden.“ Hofmannsthal hätte auch an der Reihe „Die Fundgrube" des Winkler-Verlages in München seine Freude gehabt und dessen Bestrebungen zugestimmt, zu Unrecht vergessene Kostbarkeiten der Weltliteratur in neuen, handlichen Ausgaben vorzulegen. Die Reihe, aus der wir zwei Bände vorstellen, umfaßt über 40 Nummern: Romane, Erzählungen, Lyrik, Memoiren, Reisebeschreibungen, Biographien sowie historische und literarische Dokumente. Dabei handelt es sich durchwegs um Werke, die für ihre Zeit Bedeutung hatten und das Menschenbild jener vergangenen Epochen bewahren. Der Geist, in welchem diese Arbeit geleistet wird, ist ein ähnlicher, wie er Hofmannsthal beseelte, als er die „österreichische Bibliothek“, das „Deutsche Lesebuch“, die „Deutschen Erzähler“ herausgab.

Der Band „Kaiser Friedrich II. — Sein Leben in zeitgenössischen Berichten“ setzt wie aus farbigen Mosaiksteinen ein eindrucksvolles Bild dieses ersten modernen Menschen auf dem Thron, des letzten großen Imperators, zusammen. Auch seine menschlichen Züge kommen gut zur Geltung: Die Sicherheit seiner Geste, die Größe seines Konzepts, seine Freigebigkeit, die Anhänglichkeit an seine Freunde, die in rachsüchtigen Zorn umschlagen konnte, wenn er sich verraten glaubte, auch seine Schwächen, so zum Beispiel die Tatsache, daß er — wie der Chronist bedauernd vermerkt und wie sein Gegenspieler, der Papst, ihm gelegentlich vorhält — stets eine ganze Schar schöner junger Damen mit sich führte, wozu ihn die Hofhaltung seiner mohammedanischen Freunde angeregt haben mag, mit denen er sich so gut verstand. Von den 376 Seiten sind 50 dem Nachwort Vorbehalten, das Klaus J. Harnisch schrieb, der auch die Auswahl besorgte und die zahlreichen und gründlichen Anmerkungen verfaßte. Der wissenschaftliche Charakter des Werkes wird auch durch zehn Seiten Namensund Ortsregister dokumentiert, das, im Ganzen, eine sehr wertvolle Ergänzung der großartigen Monographie über Friedrich II. von Kantorowicz bildet, die in den Jahren 1927 bis 1936 erschienen ist.

„Die Großmutter“ von Božena Nem- zovä (1820 bis 1862) ist ein Standardwerk der tschechischen Nationalliteratur, das auch Franz Kafka sehr schätzte und dessen Beschreibungen und Erzählungen er als Gegenwelt zu seinem dunklen „Schloß“ empfand. Der Vater von Božena Nemcovä war Herrschaftskutscher und stammt aus Wien, die tschechische Mutter Zofe der Herzogin von Sagan. Božena Nemcovä wurde jung verheiratet und ist jung gestorben. Dazwischen erlebte sie Glanz und Elend, führte in Prag einen Salon und widmete sich, im Sinne Herders, der Sammlung tschechischer Volkslieder.

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