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Die Spur des Bata-Schuhs

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Wer die Tschechoslowakische Republik kannte, wußte, wer Bata war. Kein Ort, und, war er noch so klein, der nicht eine Filiale dieser größten tschechischen Schuhfabrik enthielt. Aus kleinsten Verhältnissen hatte sich dieser Schuster, der wie Masaryk und Palacky, wie Säfarik und Kolar ebenfalls Slowake war, zu dem größten Industriellen der Republik emporgearbeitet. Er war nicht nur der größte tschechische Steuerzahler, sondern auch der größte tschechische Exporteur. Durch seine Fabrikate wurde der tschechische Name in der Welt berühmt. Ähnlich wie Ford, dem er ebenbürtig als genialer Organisator an die Seite gestellt werden kann, gründete er auf der ganzen Welt Fabriken, am Balkan und am Suezkanal, in Oberschlesien und Kanada, in Indien und weiß der Himmel wo. Als Unternehmer war er einer der sozialsten und fortschrittlichsten in ganz Europa. Er baute für die Familien seiner Arbeiter und Angestellten ganze Villen mit allem Komfort, errichtete Sportplätze, zahlte bessere Löhne als der Staat oder andere Industrien, gründete Erholungshäuser für seine Angestellten und gab eigene Zeitungen heraus. Einige Zeit vor dem Einnjarsch der Deutschen starb der Gründer Thomas Bata und der riesige Betrieb wurde in eine Familien-A.-G. umgewandelt, an deren Spitze der Neffe des Verstorbenen stand. Beim Einmarsch der Deutschen flüchtete er und ging nach England und Amerika. Die Fabriken wurden von den Deutschen sofort beschlagnahmt. Seither war es still um den Namen des tschechoslowakischen Schuhkönigs. Bis auf einmal jetzt aus London die Nachricht kommt, daß er mit noch anderen tschechischen Politikern und Offizieren der tschechoslowakischen Armee in London einen tschechischen Nationalausschuß gebildet hat, der sich scharf gegen die jetzige Regierung und gegen Präsident Benesch' ausgesprochen hat. An der Spitze dieses Nationalausschusses steht General Prchala, der in der Zeit der zweiten Repu blik, also von Herbst 1938 bis März 1939, Innenminister der ukrainischen Regierung in Chust war, dann nach Polen ging uiid dort die tschechoslowakischen Legionen gegen Deutschland organisierte. Der Nationalausschuß übergab der britischen Regierung ein Memorandum, in dem er behauptet, daß das tschechische Volk keine Möglichkeit habe, sich frei zu äußern • und daß die jetzige tschechische Regierung und Präsident Benesch illegal seien. In Flugblättern, welche der Nationalausschuß herausgibt und in die Republik schmuggelte, fordert er auf, die Dekrete des Präsidenten über, die Verstaatlichung zu sabotieren. Der Prager Putsph, der in den letzten Tagen gegen die Prager Regierung inszeniert wurde und der im Keim erstickt werden konnte, ist ein Werk dieser Emigrantengruppe.

Diese Spaltung unter den Tschechen brach schon in dem Augenblick aus, als der Ministerpräsident der Emigrantenregierung, Monsignore Sramek, ging und der Sozialist Fierlinger, nach einer Reise Benesch' nach

Moskau, zum Ministerpräsiclenten ernannt wurde.. Damals konnte ' dieser Bruch unter den Emigranten noch mühsam überbrückt werden, da der größte Kopf unter den Gegnern der Politik Benesch', Milan Hodza, gerade als er zu Präsident Roosevelt fahren wollte, starb. Wäre er am* Leben geblieben, hätte sich die Politik der Republik wahrscheinlich in anderen Bahnen entwickelt.

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