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Was des Bürgers Fleiß geschaffen ...

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Ein Prachtwerk, gewiß! Reich ausgestattet in jeder Hinsicht; nicht zuletzt sind es die Bilder und Karten, teilweise farbig, die diesem Werk den sichtlich gewollten festlichen Charakter geben. Aber sagen wir es gleich: Hier liegt vor uns keine von jenen offiziellen Publikationen, deren erste und letzte Wirkung das Bedauern über, den Aufwand, über das mißbrauchte Glanzpapier, über die teuren Photos minder bekannter Großwürdenträger zu sein pflegt. Denn die Bilder sind schön; und wenn sie Bildnisse sind, dann sind sie Bildnisse von Leuten, die wirklich das Leben Österreichs mitbestimmt haben. Und der Text stützt sich auf reichliche Quellen und Literatur, und er wird selbst ein ganz wesentlicher Behelf des Studiums österreichischer Geschichte sein.

E i n Jahrhundert ist es freilich, welches hier erzählt wird; ein Jahrhundert und kein anderes. Wir haben hier kürzlich die Arbeit von Anna C o r e t h über die Andachten der Habsburger besprochen. Das war ein geschichtswichtiges Thema — weil von der Barockzeit die Rede war. Natürlich hat auch die Barockzeit Bankiers gekannt, und auch das verflossene Jahrhundert hatte seine Andachten. Dennoch: für die Geschichte unserer Zeit sind die Andachten nicht so wirksam — man sieht es ihr, der Zeit, auch an — und der Geldmann der Barockzeit blieb im Hintergrund. Das Institut aber, welches in seinem altmodischen Namen die Zeit der Entstehung signalisiert — es repräsentierte den siegenden Kapitalismus, die Epoche der siegesbewußten Liberalen und die Blütezeit des Bürgertums.

Gewiß, es war der absolute Kaiser, der die Gründung bewilligte, und zwei Fürsten: Schwarzenberg und Fürstenberg, standen dem Neugeborenen Pate. Aber diesen absoluten Kaiser beriet ein Bruck — und auch das absolute Regime des jungen Franz

Joseph war ja eine Absage an den patriarchalischen Feudalismus. Jener Schwarzenberg — er stimmte nachher im Reichsrat mit den Verfassungstreuen! — war der Bruder des Ministerpräsidenten Felix, der dem jungen Kaiser den zweiten Namen angeraten hatte: Joseph,_den Namen des Volkskaisers. Und die Volkshymne Franz Josephs, aus der wir den Titel dieser Rezension nahmen, lobt zuerst des Bürgers Fleiß und gedenkt erst nachher der Lorbeerreiser, die doch seit Custozza und Novara noch in frischem Grün prangten ... Es ist also durchaus kein Zufall, daß das Vorliegende Werk alle wesentlichen Ereignisse der Monarchie bespricht, besprechen muß. weil das Bankinstitut mit allen zu tun hatte; das ist eben die Signatur des Zeitalters.

Die Ereignisse waren nicht immer erfreulich; der große Krach von 1873 erweckte als Echo einen Chor des antikapitalistischen Protests— von rechts, von den Feudalen und Staatsrechtlern ebenso laut wie von links.

Doch bei dieser Vorstellung wollen wir nicht verweilen. Es gibt Erfreulicheres zu erzählen: den wirtschaftlichen Aufstieg Österreichs nach dem von Deutschland verlorenen zweiten Weltkrieg. Mit diesem hoffnungsvollen Ausblick schließt das Werk, für das die Historiker den Herausgebern sicherlich Dank wissen werden.

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