Melitta Breznik - © Foto: Uwe Zucchi / dpa / picturedesk.com

Melitta Breznik: „Mutter soll behütet und beschützt sein“

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Eine Tochter begleitet ihre krebskranke Mutter in den letzten Wochen. Melitta Breznik hat sich in ihrem neuen Buch mit großem Einfühlungsvermögen und Sensibilität dieses schwierigen Themas angenommen.

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Eine Tochter begleitet ihre krebskranke Mutter in den letzten Wochen. Melitta Breznik hat sich in ihrem neuen Buch mit großem Einfühlungsvermögen und Sensibilität dieses schwierigen Themas angenommen.

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„Es ist später, als Du denkst“. Diese Inschrift auf einem Südtiroler Grabstein in Laas gemahnt als Memento-mori-Signatur an die Endlichkeit des Daseins. Die in Kapfenberg geborene und heute in der Schweiz lebende Autorin und Ärztin Melitta Breznik hat sie als Motto für ihre neue Prosa „Mutter. Chronik eines Abschieds“ gewählt. Der Sinnspruch weckt Assoziationen zur Vanitas-Thematik der Barocklyrik. Immerhin hat der Tod in der Literatur schon eine lange motivische Tradition.

Während es früher eher um die Konfrontation des Menschen mit der eigenen Endlichkeit geht, rückt gerade in den letzten Jahrzehnten immer wieder der Prozess des Sterbens und Hinübergleitens selbst, der von Angehörigen begleitet wird, ins Zentrum. Das erstaunt vielleicht, da der Tod, wie auch Breznik betont, heute nur allzu gern aus dem Leben ausgeblendet und aus Privat räumen verbannt wird.

Beruflich ist Breznik immer wieder mit dem Sterben konfrontiert. Möglicherweise hat der Tod deshalb in ihren Werken schon ein wichtiges thematisches Wasserzeichen hinterlassen. Auch wenn in der Handlung ihrer neuen Prosa vieles autobiografisch anmutet, weist sie im SRF darauf hin, dass nur die „Klammern“, also die Eckdaten, etwas mit ihr zu tun hätten. Sie verfüge aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit über ein großes „Sammelsurium an Erfahrungen“, weil sie bereits „viele Leben mitverfolgt“ habe. Hier wird viel Verschiedenes ineinandergeschichtet: „Ich bin eine, die aus dem Fundus des Lebens schöpft.“

Die Rollen kehren sich um

Brezniks Prosa beginnt mit einem kurzen Rückblick auf die Geburtssituation der Ich-Erzählerin. Der Termin ist bereits zwei Wochen überfällig, und im Vorfeld besteht die Sorge, ob das Ungeborene überhaupt überleben kann. Auch wenn die Mutter als Vierzigjährige kein Kind mehr will, ist „alles gut“, als sie das kleine Wesen in den Händen hält. Von der Geburt der Tochter spannt Breznik einen direkten Bogen zum Sterben. Denn die Rollen kehren sich plötzlich um: Die Mutter meldet sich telefonisch bei der schon lange erwachsenen Tochter, einer Ärztin, die nicht im selben Land lebt. Sie hat Schmerzen und ist bald kaum mehr in der Lage, das Bett zu verlassen. Die Tochter macht sich auf den Weg zu ihr, begleitet sie ins Krankenhaus zur Untersuchung und muss sie mit einer schrecklichen Diagnose konfrontieren. Nach der Befundbesprechung mit dem Arzt meint die Mutter ganz lapidar: „Komm, wir gehen heim sterben.“

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