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Im letzten Buch des Wiener Burgtheaterdirektors kann man lesen, e bereite ihm einen „schmerzlichen Genuß“, daß sich die Öffentlichkeit so viel mit ihm beschäftigt. — Das ist ebenso preziös wie unpräzise gesagt und könnte von Stefan Zweig stammen. Entweder er mag die Publicity oder er mag sie nicht. Im letzteren Fall müßte er alles vermeiden, was Schlagzeilen hergibt. Aber gerade auf diese scheint er, neben einigem anderen, immer wieder aus zu sein.

Da sind zunächst seine vielen und vielerlei Funktionen. Allein das Amt eines Burgtheaterdirektors erscheint uns als „abendfüllend“. Doch er sitzt auch noch im Direktorium der Salzburger Festspiele, ist seit kurzem Kunstkonsulent des Salzburger Landesrats für Kultur, leitet die Abteilung für Film und Fernsehen an der Akademie sowie den monatlichen Kulturstammtisch im Fernsehen, schreibt Bücher usw. — So nebenher hat der seit einigen Jahren mit dem Professortitel Ausgestattete im Frühjahr 1965 die Matura nachgeholt (wer von uns übrigen Sterblichen brächte das — Hand aufs Herz! — in dem Alter noch zuwege) und ist im Begriff, nach abgelegtem Philosophicum die Rigorosen zu machen, um zum Doktor phil. zu promovieren. — Doch nicht genug: jetzt wird er auch noch als Regisseur auf den Plan treten und zwar im Burgtheater.

Bekanntlich wird Ernst Häusser- mann (auch Haeusserman) mit Ende der Spielzeit 1968 die Direktion des Burgtheaters niederlegen. Aber heute schon hat er einen neuen Vertrag in der Tasche, durch den ihm fünf Jahre lang je zwei Neuinszenierungen überantwortet werden. Ob das künstlerisch zu rechtfertigen ist, wird von Experten angezweifelt. Sein Nachfolger wird Zusehen müssen, wie er mit dieser Belastung von zehn Inszenierungen fertig wird. Was uns interessiert, ist: Mit wem hat er diesen Vertrag geschlossen? Mit sich selbst oder mit dem von ihm, Häussermann, designierten Nachfolger, der aber noch nicht im Amt ist. Und was sagt die zuständige Behörde zu dieser langfristigen Verpflichtung? — Wöre es nicht klüger und vor allem dem Publikum des Burgtheaters gegenüber verantwortungsvoller gewesen, den Exdirektor erst einmal auf Probe für zwei Neuinszenierungen einzuladen?

Doch schon hat er eine Probe seiner Regiekunst gezeigt. Das war vor der Premiere von Kortners zweimal verschobener „Othello“-Inszenie rung. Verstimmungen im Ensemble, die mehr als vierstündige Dauer der eigenwillig-verbohrten Inszenierung, schließlich eine brutal ausgespielte Mordszene ließen Unruhe im Publikum oder gar Proteste befürchten, die es denn auch — in recht maßvoller Art — gab. Was ist in so einem Fall sicherer, als sich Applaus vor der gefährlichen Vorstellung zu verschaffen? Wie bestellt fand sich am Premierenabend in der Direktionsloge Herr von Karajan mit Frau ein. Zuerst wurde sie — unübersehbar an der Brüstung — bemerkt, hierauf der Maestro. „Karajan, hoch Karajan“, scholl es erst von der Galerie, dann aus mehreren Teilen des Hauses. Worauf der Maestro vortrat und sich dankend verbeugte. — Aber schon während und nach der Pause war er verschwunden ...

Wie haben wir das gemacht? Ausgezeichnet, nicht? Aber ob sich der Regisseur des Abends, Herr Kortner, auch so gefreut hat wie der Hausherr?

Gute Regie? Schlechte Regie? Wir werden sehen. Bis jetzt hat der Herr Burgtheaterdirektor es jedenfalls meisterhaft verstanden, sich selbst in Szene zu setzen.

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