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Märchen und Mythos als Ballett

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Uraufführung der „Homerischen Symphonie“ von Theodor Berger

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Uraufführung der „Homerischen Symphonie“ von Theodor Berger

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Mit dem „F e u e r v o g e 1“, den Stra-winsky 1909/10 für Diaghflew schrieb, beginnt nicht nur die fruchtbare Zusammenarbeit zweier eigenwilliger, „moderner“ Künstler, sondern auch eine neue Epoche des Bühnentanzes. Die revolutionäre Wirkung, welche der „Feuervogel“ bei seiner Uraufführung an der Pariser Oper übte, ist für uns heute kaum mehr vorstellbar. Diese Premiere nach 40 Jahren kommt, so erfreulich sie sein mag, ein wenig spät... Die (in der letzten Fassung von 1945) siebenteilige Orchestersuite, aus dem Konzertsaal wohlbekannt, wirkt stärker. In der Original-Ballettpartitur gibt es amorphe Stellen, Längen und Ungeschicklichkeiten (etwa das Vorspiel), die keinem Anfänger erspart bleiben; denn das war Strawinsky, als er diese Partitur schrieb. Man höre daneben nur „Petruschka“ von 1911, und man wird den unwahrscheinlichen Fortschritt spüren und verstehen, was gemeint ist. Die Choreographin Erika Hanka hat es nicht leicht mit dieser Musik und bewältigte ihre Aufgabe nur zum Teil. Bühnenbilder und Kostüme waren geschmackvoll, aber — man sehe sich einmal farbige Illustrationen russischer Märchen an! — ein wenig „farblos“. Die Hauptgestalten tanzten Julia Drapal, Willy Dirtel, Gretl Bauer und Carl Raimund.

Die Aufführung der „Homerischen Symphonie“ von Theodor B e r g e r stellt daneben eine der erfreulichsten Gesamtleistungen der Staatsoper dar. Schon der äußere Rahmen: die Bühnenbilder Stefan Hlawas und die Kostüme Erni Knieperts, waren stilvoll und künstlerisch konzipiert, hatten Farbe, schufen Atmosphäre und ließen — mit Ausnahme der Kirke-Szene, deren Dekor und Kostüm mißglückt war — kaum einen Wunsch offen. Die Choreographie hatte die schwierige Aufgabe zu lösen, die einzelnen Episoden, welche — dem Tempo und der Taktzahl der Partitur entsprechend — sehr verschieden schnell ablaufen, zu einer organisch gegliederten und zusammenhängenden Aktion zusammenzuschließen. Hierauf wurde sicher viel Sorgfalt verwendet und das gesamte Bewegungsrepertoire aufgeboten. Daß es trozdem zu einer Reihe von schematischen Lösungen kam (viel zu häufig angewandte Sprünge etwa), lag sowohl an der Choreographie im allgemeinen als am Fehlen ganz großer tanzschöpferischer Begabungen. Im angedeuteten Rahmen boten die Träger der Hauptrollen beachtenswerte Leistungen (Erwin Pokorny als Odysseus, Poldy Pokorny — Kalypso, Lisi Temple — Nausika, Julia Drapal — Kirke, Richard Nowotny — Telemach, Lucia Bräuer — Penelopeia und andere). Bergers Musik ist immer fesselnd und wirkt — trotz ihrer Herkunft von Debussy-Ravel und Strawinsky — durchaus eigenständig, (über den Handlungsverlauf und die Musik wurde bereits in der „Furche“ vom 23. Dezember 1950 berichtet.) Den eindeutigen Beweis für die Qualität von Bergers Partitur erblicken wir darin, daß sie sich nach dem Werk des älteren Meisters entschieden behauptete. Ihre Wiedergabe durch die Philharmoniker unter Rudolf Moralt schien einwandfrei, während die des „Feuervogels“ die für Stra-winsky-Musik unbedingt erforderliche Exaktheit an einigen Stellen vermissen ließ.

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