Zeit eines neuen Anfangs

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Es ist ein Genuss! Die Wahl in Wien ist vorbei, die Plakatständer sind von den Straßen verschwunden. Die Großmäuler haben eine auf die Pappen gekriegt, und die Sieger werden zeigen müssen, dass sie den Triumph verdienen. Mir wird mancher - besonders Peter Marboe - abgehen, mancher Neue wird mein Interesse wach halten. Die Josefstadt, mein Theater, kriegt eine neue Leitung - ich hoffe auf K. H. Hackl - und will mich dann altershalber aus dem Dauerbetrieb zurückziehen.

Aber jetzt, jetzt kommt einmal der Frühling! Kinder - es blüht, verblüht fast schon, es wird warm (immer wärmer!) und das Grün ist fast nicht zum Aushalten, so frisch, so saftig, wie nicht einmal der Chorherr es sein kann.

Osterhasen, Glocken, Pinzen kugeln durch's Gras, mein Hund schaut ungläubig auf aufbrechende Knospen und pisst verträumt einen Gartenzwerg in meinem Gärtlein an. Ja, Sie haben richtig gelesen: Ich habe Gartenzwerge - vier an der Zahl - und ich liebe sie. Sie sind so anders als die Zwerge in der Politik. So still, so gütig, so lieb. Ja, ich mag sie.

Ich war vor ein paar Tagen in Venedig. Nur 48 Stunden, Sonne ahnen und Bellotto anschauen. Aber als es dann zu regnen begann, da habe ich Sehnsucht bekommen nach meinen Zwergen. Die Gartenzwerge, die Hundsviecherzwerge, die Enkelzwerge. Mir war so zwergig zu Mute, was weiß ich warum? Warum soll ein alter Komödiant nicht auch einmal kindische Sehnsüchte haben? Jetzt, wo es sommert, wo das Frühjahr zeigt, was Kraft ist, jetzt, wo die Kastanien in den stolzen Landesfarben von Wien kerzeln, jetzt darf man es wagen - wenn schon nicht wie ein Lercherl zu singen, so wenigstens wie eines zu denken. Hoch hinaus, hinauf, der Sonne entgegen, in den Himmel fliegen und dort Gott näher sein. Vielleicht lässt Er sich herab, eine Bitte entgegen zu nehmen. Vielleicht lässt er die Menschen vernünftiger werden und den Frieden finden. Vielleicht vergibt er uns, dass wir seine Welt vernichten und nicht sehen, dass die Natur zurückschlägt, überall, weltweit! Vielleicht hört er unsere Bitte: Rette diese Welt - trotz allem.

Schau, meine Familie, meine Freunde, meine Stadt, mein Land - es wird sich besinnen Die ganze Welt wird es, wenn Du es willst. Bitte will es - es ist Frühling. Die Zeit eines neuen Anfangs.

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