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Der Arbeit, nicht der Ehre...

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Friedrich Funder wurde am 1. November 1872 in Graz als Sohn des Zuckerbäckers Ludwig Funder und der Mutter Julie, geb. Mangold, geboren. Tiefempfundene Religiosität und ausgeprägte Vaterlandsliebe erfüllten das Elternhaus — eine Atmosphäre, die bestimmend für das ganze Leben und Wirken Friedrich Funders wurde. Auch von des Vaters praktischem Sinn und Weltaufgeschlossenheit (er beherrschte mehrere Fremdsprachen und bekleidete öffentliche Aemter) finden sich später Züge in dem Sohn wieder. Ein Domizilwechsel der Eltern aus beruflichen Gründen brachte es mit sich, daß Friedrich Funder die Volksschule und die ersten Jahre des Gymnasiums in Dresden besuchte. Nach Graz zurückgekehrt, absolvierte er die letzten Mittelschuljahre am zweiten Staatsgymnasium in Graz als Schüler des Fürsterzbischöflichen Knabenseminars (Matura 1892). Es folgten drei Semester Theologie und Kunstgeschichte an der Grazer Universität, hierauf vorwiegend juristische Studien an der Universität in Wien, wo er 1898 zum Doctor juris promovierte.

Ein erstes Schicksalsjahr im Leben Doktor Funders war das Jahr 1896, das ihn dem journalistischen Beruf zuführte. Im August 1892 war auf dem Linzer Katholikentag beschlossen worden, ein „Unabhängiges Tagblatt für das christliche Volk Oesterreich-Ungarns" unter dem Titel „Reichspost“ zu gründen. 1893 bezog die „Reichspost“ unter der technischen Leitung des aus Warnsdorf gerufenen priesterlichen Zeitungsmannes Ambros Opitz (f 1907)

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(die redaktionelle Leitung hatte Anton W earn a r) vorerst ein primitives Notquartier im Hause Strozzigasse 41. Das Jahr 1896 war ein Schicksalsjahr auch für die Zeitung, die in diesem Jahre von der Nachmittagsausgabe zur Morgenausgabe überging, was dem ganzen Unternehmen anfangs finanzielle Schwierigkeiten bereitete. In diesen schweren Tagen war der Redaktion der Eintritt des Juskandidaten und sichtlich begabten Journalisten Friedrich Funder hochwillkommen. Vorerst als Feuilletonredakteur, bald als Parlamentsreferent tätig,

errang er in weniger jähren, verständnisvoll gefördert durch füllende Geister der Politik und Kirche, die redaktionelle Führung der „Reichspost“ (1903 Chefredakteur, 1905 Herausgeber), der er von da ab ein halbes Leben lang, bis 193 8, seine ganze Kraft widmete. Die Einverleibung der „Deutschen Zeitung" (1909) und des „Vaterland“ (1912) in die „Reichspost“, die Gründung der heute wiedererstandenen Verlagsanstalt „Herold“ (1912) sowie die Verzwölffachung der Auflage in einem Dezennium (1905: 4500 Exemplare, 1915: 55.000) bezeichnen die äußeren Stationen dieses beispiellosen Aufstieges des Blattes und seines Chefs.

Die glänzenden geistigen Anlagen Doktor Funders äußerten sich nicht nur bei großen publizistischen, sondern auch bei ebensolchen politischen und organisatorischen Aufgaben. In die Jahre bis zum ersten Weltkrieg fallen Doktor Funders weithin beachtete Erfolge im Kampf gegen die „Los-von-Rom-Bewegung“ und einen ihrer geistigen Ausläufer, die geplante „Ehereform“, im Aufstieg Dr. Karl Luegers (die besonders verständnisvolle Zusammenarbeit Dr. Funders mit Lueger war eine Vorbedingung des triumphalen Sieges der christlichsozialen Bewegung), bei der Gründung des „Pius- Vereins zur Verbreitung der katholischen Presse“ (1905), in den überaus schwierigen Verhandlungen zur Verschmelzung der Christlichsozialen Partei und der Katholischen Volkspartei (1907) und bei der Vorbereitung des Eucharistischen Kongresses (1912), die Doktor Funder hohe Auszeichnungen durch Kaiser Franz Joseph und den Zar von Bulgarien eintrugen. In zunehmendem Maße wurde Dr. Funder in den Jahren vor 1914 der publizistische Vertraute des Erzherzog-Thronfolgers Franz Ferdinand. Der Schuß am 28. Juni 1914, der diesen letzten Träger der Hoffnungen seines Zeitalters traf, zerstörte auch einen Teil des geplanten Lebenswerkes Dr. Funders...

Der erste Weltkrieg sah Dr. Funder in publizistischer Verwendung und als politischen Beobachter bei großen militärischen Aktionen an der russisch-rumänischen Front, in drei Isonzo- schlachten, darunter der 12. mit dem Vorstoß über den Tagliamento.

Wie er einst Schulter an Schulter mit Doktor Lueger gewirkt hatte, so fand die Erste Republik Dr. Funder an der Seite der Führer des christlichen Volkes, namentlich Dr. Ignaz Seipels, und später Dr. Dollfuß’ und Dr. Schuschniggs. Seine unerschrockene Haftung trug ihm die Feindschaft zahlreicher politischer Gegner zu, von denen manche sogar vor schweren Verbrechen nicht zurückscheuten: im Juli 1927 steckten sie das neue (am 7. Dezember 1913 geweihte) Haus, Strozzigasse 8, in Brand und bedrohten Dr. Funder persönlich an diesem schwarzen Tag der österreichischen Chronik. Vom Herbst 1934 bis 1938 war er Mitglied des Staatsrates.

Die sieben Jahre der Fremdherrschaft 193 8 bis 1945 standen auch für ihn im Zeichen harter politischer Verfolgung durch die nationalsozialistischen Machthaber: er verbrachte Monate in den Lagern Dachau und Flossenbürg (1938 bis 1939), in den Gefängnissen der Wiener Polizeidirektion, des Wiener Landesgerichtes, des Wiener-Neustädter Gerichtes, im berüchtigten Wittelsbacher - Palais der Gestapo München. Zuletzt (nach dem Attentat auf Hitler) war er von August bis Oktober 1944 in Haft. Dazu jahrelange Konfinierung in seiner Badener Wohnung, Hausdurchsuchungen in Wien und Baden usw., usw. Diese Unsumme von Demütigungen, seelischen und körperlichen Bedrängungen ertrug Doktor Funder mannhaft und mit dem standhaften Glauben an eine baldige Befreiung der Heimat.

Bewegt lesen wir heute einen „Nachruf", den die „Neuen Zürcher Nachrichten" am 9. Juni 1939 auf Grund einer irrtümlichen Meldung des Senders Beromünster über den angeblichen Tod Doktor Funders in Dachau brachten.

Nichts kennzeichnete vielleicht den Adel seiner Gesinnung besser als die Tatsache, daß Dr. Funders letztes Lebenswerk, die Gründung der „Furche“ am 1. Dezember 1945, in keiner Weise im Zeichen eines Ressentiments, sondern im Gegenteil im Geiste der Versöhnung und Zusammenfassung aller positiven Kräfte zur Rettung der schwer getroffenen Heimat und im weiteren des gesamten Abendlandes erfolgte — eine Idee, der Dr. Friedrich Funder unbeirrt und allen möglichen Mißverständnissen trotzend, bis zum letzten Atemzug treu blieb.

Dr. Friedrich Funder war in erster Ehe (8. Oktober 1898) mit Frau Cäcilie, geborene N o t h h a f t, nach ihrem Tode (seit 8. September 1917) mit Frau Marianne Nothhaft verheiratet, die ihm bis zum Tode eine verständnisvolle, beispiellos aufopfernde Gattin gewesen ist. Der zweiten Ehe entsproß der heute 40jährige Sohn Wolfgang, Dr. med., derzeit Assistent auf der Augenklinik in Graz.

MITGLIEDSCHAFTEN

Dr. Funder war Korrespondent zahlreicher Zeitungen und Zeitschriften, Mitglied der Arkadischen Akademie in Rom, 1936 Präsident des Bureau International des Journalistes Catholi- ques, bis 1950 Vizepräsident der Union Internationale de la Presse Catholique, 1921 bis 1950 Wiener Vertreter des News Service der National Catholic Welfare Conference, Washington (1953: Ernennung zum Corresp. einer.), seit 1947 Vorsitzender des Oesterreichischen Zeitschriftenverbandes / Verlegerverband der Fach-, Wochen- und Zeitschriftenpresse, seit 1950 im Vorstand des Forschungsinstituts für Fragen des Donauraumes, seit 1952 Ehrenpräsident der Arbeitsgemeinschaft katholischer Journalisten Oesterreichs, 1952 Ehrenpräsident des Oesterreichischen Katholikentages, seit 195 3 ordentliches Mitglied des Pressebeirates der Oesterreichischen Bischofskonferenz, seit 1957 Mitglied des Ehrenpräsidiums des Oesterreichischen Akademikerbundes u. a.

Seit 1893 gehörte Dr. Funder dem Cartellver- band der katholischen österreichischen Studentenverbindung (CV) an, als Urmitglied der Carolina-Graz, als Bandphilister der CV-Verbin- dung Austria-Innsbruck, Austria-Wien, Nibelun- gia-Wien, Norica-Wien und Rudolfina-Wien.

AUSZEICHNUNGEN

Das Wirken Dr. Funders war nicht unbelohnt durch äußere Ehrungen und Auszeichnungen, besonders päpstliche und solche der alten Monarchie. Trotzdem bereitete in den letzten Jahren ausländischen und inländischen hohen Besuchern die Anrede an Dr. Funder mitunter keine geringe Verlegenheit. Es war bekannt, daß er mit dem bloßen Emeritiertentitel „Staatsrat“ (a. D.) keine rechte Freude hatte, ihm genügten die schlichteren Anreden „Herr Doktor“ oder „Herr Chefredakteur“. Trotzdem weist die Liste in- und ausländischer Orden und Auszeichnungen, die Dr. Funders Arbeit gefunden hat, eine beachtenswerte Fülle auf. 1908: Offizierskreuz des Franz-Joseph-Ordens, 1912: Komtur des Franz-Joseph-Ordens, 1912: Komtur des bulgarischen Zivilverdienstordens,

1918: Kriegsdekoration zum Komtur des Franz- Joseph-Ordens,

1921: Komtur des Ordens des hl. Gregor des Großen mit dem Stern,

1932: Großes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Oesterreich,

1936: Komtur dps Pius-Ordens mit dem Stern, 1947: Ehrenring und Ehrendiplom der österreichischen Liga für die Vereinten Nationen für „Verdienste auf dem Gebiete der Journalistik“ mit der Legende: „Für Ihre journalistische Tätigkeit, die auf die Vertretung des Rechtes Oesterreichs, auf die Wahrung der Grundsätze der Menschlichkeit und auf die Verständigung der Völker gerichtet war“,

1953: Preis der Stadt Wien für Publizistik, 1954: Magistral - Großkreuz des Souveränen Malteser-Ritter-Ordens.

1956: Großes Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Oesterreich.

PUBLIKATIONEN

Dr. Friedrich Funders unübersehbares publizistisches Lebenswerk von 63 aktiven Schaffensjahren ist in tausenden Spalten der in- und ausländischen Tages- und Zeitschriftenpresse verstreut.

An namhaften Publikationen liegen vor: „Festschrift zum Eucharistischen Kongreß Wien 1912",

„Das weißblaugoldene Band. Norica. Innsbruck 1933“,

„Allgemeiner Deutscher Katholikentag Wien 1934",

„Festschrift 3 5 Jahre Neues Haus, Wien VIII, Strozzigasse 8 — 55 Jahre katholische Presse. Wien 1948“,

„Vom Gestern ins Heute“, Wien, 1. Auflage

1952, 2. Auflage 1953 (vergriffen). Amerikanische Ausgabe im Erscheinen.

„Aufbruch zur christlichen Sozialreform“, Wien

1953.

„Als Oesterreich den Sturm bestand", Wien, 1. und 2. Auflage 1957, 3. Auflage 1958.

Vielleicht die bisher reichsten Früchte seines vielseitigen schriftstellerischen Schaffens der letzten Jahre sind, unter vollem Namen, unter der allgemein bekannten Chiffre „f" und namenlos an zahllosen Stellen einer jeden Ausgabe in diesen Blättern enthalten — eine Freude und Erbauuung für Vergangenheit und Gegenwart, eine hohe Mahnung und Verpflichtung für die Zukunft.

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