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Ein Kommentar aus Kalifornien

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Professor Charles G u s o c k von - der Universität Kalifornien skxt über Kurt van Schuschnigg in der „New York Times'' zu Gericht. Anlaß ist das Erscheinen des Schuschnigg-Mcmoirenwerkeyin den Vereinigten Staaten. Zwar findet Prof. Gusocks lange und zugespitzte Untersuchung keinen Angriffspunkt, außer den einen, daß Schuschnigg in diesem Erinnerungsbuche nicht vergißt, auch einiges von seinen Erlebnissen aus siebenjähriger Gestapo-Gefangenschaft zu erzählen, wobei er auch zweimal Bemerkungen macht: „Wer immer in dieser Hölle verdammt war“ und „wer immer die Einzelhaft der Gestapo zu ertragen hatte, hat voll für alle Fehler gebüßt, die er begangen hat“. Herr Professor Guspck sieht in solchen Reminiszenzen des Buchautors einen Advokatentrick. Nun freilich, einer in Kalifornien kann die Greuel der Wiener Gestapo leichter vergessen als ein anderer, der sie erlebt hat. Da aber das neue Buch des gewesenen österreichischen Bundeskanzlers für die Kritik des amerikanischen Kritikers nicht ergiebig genug ist, greift er auf eine Stelle aus dem 1937 erschienenen Buche Schuschniggs „Dreimal Österreich“ zurück. Damals sprach sich Schuschnigg, außenpolitisch eingeklemmt zwischen zwei totalitäre Systeme, gegen die Anerkennung der sozialdemokratischen Partei und eine Koalition mit ihr in Gesetzgebung und

Regierung aus. Wiederholt etwa Schuschnigg eine solche Erklärung, verteidigt er die damalige? Keineswegs. Aber er bekennt, daß er Fehler gemacht, und wenn er dies sagt, so handelt es sich eben um die Gegenständlichkeiten der Diskussion. Kann jemand ritterlicher als durch ein freimütiges Bekenntnis dem inneren Frieden seiner Heimat zu dienen sudien?

Es ist nichts Neues, daß in, der Politik Stellungen, die man in einem Irrtum bezogen hat. in besserer Erkenntnis wieder verläßt. Wäre es anders, müßte jeder Fehler festgehalten werden. würde es schlimm bestellt sein um die Menschheit. Es hat einmal eine große Partei gegeben, welche die faschistische Parole „Diktatur des Proletariats“ als ihr Programm verkündigte. Sogar auf einem Parteitag. Sie tut das nicht mehr, denn jedes Wort war folgenschwer. Soll man ihr das, was einmal war und heute nicht mehr ist, heute wieder ankreiden? Nein. Es gab Fehler hier und dort. Nur steht bisher Schuschnigg allein mit dem Bekenntnis seiner Fehler.

In der „Furche“ (Folge 2) wurde nach Herkomirruen und Begründung des Verbotes gefragt, das nach Meldungen der Schweizer und dann auch der österreichischen Presse den Eintritt des Memoirenwerkes Kurt von Sdiuschniggs „Requiem in Rot-Weiß-Rot“ vom inländischen Buchhandel ausschließe. Die Wirkung der Nachricht war im In- und Ausland gleich peinlich. Die Außenhandelsstelle, der nachgesagt worden war, sie habe aus Rücksichten des Buchclearings mit der Schweiz ein Veto gegen die Auslieferung des Werkes nach Österreich eingelegt, ersucht uns um die Feststellung, ein solches Veto sei nicht erfolgt, wohl aber habe der Dienstweg, die Einholung des Votums des zuständigen Ministeriums eine gewisse Zeit in Anspruch genommen. Wenn von Schweizer Seite aus dem Umstand, daß die Bestellung auf das Werk nicht gleichzeitig mit den übrigen Verlagsbestellungen erfolgte, die Schlußfolgerung gezogen wurde, daß damit schon ein Verbot des Buches verbunden sei, so sei dies eine irrtümliche Auslegung gewesen.

Die Angelegenheit hat damit ihre erwünschte Aufklärung gefunden. Das Werk

wird also künftig im österreichischen Buchhandel zu haben sein.

Etliche Leute hatten sich über das vermeintliche Verbot gefreut. Sie werden sich jetzt überzeugen können, daß auch ohne Verbot die Mauern Hions nicht einstürzen.

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