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Hollands Kirche im Gespräch

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Die katholischen Niederlande Į haben sich wieder für drei Tage ge- 1 troffen. Vom Sonntag, den 7. bis : Mittwoch, den 10. April fand nun i eine Plenarversammlung des Pašto- : ralkonzils der niederländischen ’ Kirchenprovinz, in dem sehr gut aus- ! gestatteten Seminar „Leeuwenhorst“ j in Noordwijkerhout statt.

Die Teilnehmer am Pastoralkonzil beginnen sich langsam kennenzulernen: Die Bischöfe, die Zentralkommission, die Vertreter der Bistümer, die Repräsentanten der verschiedenen Gruppen (Ordensleute) und die von den Bischöfen Berufenen, die gewöhnlich eine bestimmte Lücke in der Repräsentanz des katholischen Hollands ausfüllen: zum Beispiel die Jünger, das Militär-Vikariat usw.

Die einzelnen Sessionen fanden nach demokratischen Prinzipien statt: Jedermann konnte sagen, was er zu dem Thema sagen wollte, das auf der Tagesordnung stand, auch die Gäste (zum Beispiel aus anderen Kirchen oder anderen weltanschaulichen Gruppen), und nach Behandlung des Themas wurde über das besprochene Dokument und die daraus abgeleiteten Thesen und Empfehlungen abgestimmt. Außerdem hatte man die Möglichkeit, Anträge zu aktuellen Fragen einzubringen, auch wenn diese mit dem Thema der Plenarsitzung nichts zu tun hatten.

Das Autoritätsschema wurde wieder abgelehnt

Der Verlauf dieser Plenarsitzung des holländischen Pastoralkonzils ist schnell in großen Linien skizziert: Während der ersten Plenarversammlung im Jänner dieses Jahres stand der Bericht über die Autorität in der Kirche auf der Tagesordnung. Man erklärte sich einverstanden mit der Schau, die in dem Bericht zum Ausdruck kam, aber man war nicht sehr glücklich über die Ausarbeitung. Eine besonders dafür eingesetzte Kommission beschäftigte sich mit der Verarbeitung der Änderungswünsche zu einem neuen Stück. Dieses neue Dokument (in Form von Thesen) wurde jedoch bei dieser Sitzung ohne Mitleid in den Grund gebohrt. Die schärfste Kritik kam von den Teilnehmern aus den anderen Kirchen, die von einem „Stück ohne Charakter“, „nicht verwendbar für die Ökumene“, „große Enttäuschung“, usw. sprachen. Als die Plenarversammlung diese Kritik übernahm und das Dokument wieder an den Koozilsrat zurückverwies, waren die protestantischen Teilnehmer eingeschüchtert. Sie organisierten eiligst eine Pressekonferenz, um festzustellen, daß dies nicht ihre Absicht gewesen sei, aber sie brachten ihre Kritik an: Daß der Heuschober abgebrannt war, war nicht ihre Schuld, aber sie mußten zugeben, mit Streichhölzern gespielt zu haben. Diese Rückverweisung an den Konzilsrat war ein wenig enttäuschend, obwohl die neuen Thesen über die Autorität nicht sehr eindrucksvoll waren. Ein Journalist aus Belgien sagte mir: „Ich habe mir viel Mühe gegeben, Ihr Konzil in Belgien zu verkaufen, und ich habe viele lobende Worte über diesen Bericht geschrieben. Nun wird es zum zweitenmal abgelehnt.“

Ein zweiter Punkt, der ziemlich schnell akzeptiert wurde, war ein Antrag holländischer kirchlicher Kreise: Man kann wohl sagen ein Mißtrauensvotum gegenüber den römischen Behörden. Überall wird derzeit die Dezentralisation befürwortet, aber die Orden und Kongregationen können nicht schneller ziur Erneuerung übergehen, weil die zentralen Ordensorgane in Rom sich dagegenstellen. Die Religiösen wünschen mehr Raum für eigene lokale Erneuerungen und die Plenarversammlung war damit vollkommen einverstanden,

Anträge zum Vietnamkrieg und zum Atomsperrvertrag

Dann folgte die Vietnamresolution: Die Entwicklungen gehen in Vietnam sehr schnell vor sich, aber in diesem mutigen Dokument sind einige Punkte, die aktuell bleiben; alles wurde natürlich schon an anderer Stelle gesagt, aber nun nimmt die holländische Kirche das Problem auf: Beendigung der Bombenangriffe ohne Bedingungen, Anerkennung der Vietkongs als vollwertigen Partner bei den Verhandlungen und „Aufgeben des Gedankens an einen Sieg, der den Gegner erniedrigt, von allen in diesen Konflikt gezogenen Parteien in und außerhalb Vietnams“. Auch diese Resolution wurde mit einer großen Majorität angenommen.

Die Plenarversammlung blieb aktuell, weil sie nachher gleich eine Erklärung über die Nonproliferation der Nuklearwaffen (Atomsperrvertrag) akzeptierte. Die Kommission „Krieg und Frieden“ hatte diese Erklärung vorbereitet. Es ist interessant, daß man sich deutlich gegen jene Länder aussprach, die das Abkommen über die Nonproliferation von Nuklearwaffen aus dem Grund einer eventuellen Ungleichheit in der Behandlung ablehnten: Wenn man nach Einheit streben will in unserer Welt, dann wird man eine zeitliche Ungleichheit akzeptieren müssen, meint die Erklärung. Wie gesagt, das Konzil macht die Meinung der sehr sachverständigen Kommission zu ihrer eigenen.

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