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Zwei Zeugen des Regnum Marianum

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Der zweite Jubilar, Bischof S h v o y, wurde 1897 in Budapest geboren. Er wurde Kaplan und später Direktor des Budapester katholischen Schülerkonvikts „Regnum Marianum“. 1918 ernannte ihn der damalige Kardinalprimas Csernoch zum Pfarrer der neuen Stadtpfarre „Regnum Marianum“. Dort, nahe am „Stadtwäldchen“, wurde nach dem Sturz der ungarischen Räterepublik zum Andenken der Opfer dieser Zeit eine gleichnamige Kirche errichtet, an deren Stelle von 1952 bis 1956 das Stalin-Denkmal stand … Bischof Shvoy wurde 1927 Nachfolger des großen Kanzelredners Bischof Prohäszka in Szekesfehervär. Er, der bislang vor allem ein Erzieher der Jugend war, lernte dort die besonderen Probleme der Seelsorge in bäuerlichen Gegenden kennen. Er blieb aber bis in sein hohes Alter ein sorgender Vater der Tugend, besonders des jüngeren

Klerus, der heute bekanntlich im Mittelpunkt des antireligiösen Kampfes steht. Bischof Shvoy ist mit seinen 82 Jahren der älteste Bischof Ungarns.

Die dritte Priesterpersönlichkeit, die irn Monat Juli im Mittelpunkt von Feierlichkeiten stand, ist der Piaristen- provinzial, bekannter katholischer Dichter, Literaturwissenschaftler und vormals Universitätsprofessor, Doktor Sandor S i k. Als Herausgeber der berühmten Jugendzeitschrift „Zäszlonk“ — einer Zeitschrift, die in ihrer Art schon vor dem ersten Weltkrieg auch im Ausland kaum ihresgleichen fand — und als einer der geistigen Führer und Mitbegründer der ungarischen Pfadfinderbewegung war Professor Sik jahrzehntelang einer der hervorragendsten katholischen Jugenderzieher Ungarns. „Zäszlonk“ und die Pfadfinderbewegung haben den Umsturz nach dem zweiten Weltkrieg nicht überlebt, aber

Professor Sik ist auch heute noch Herausgeber der einzigen katholischen Monatsschrift in Ungarn, „Vigilia". Außerdem ist Sandor Sik besonders in den letzten Jahrzehnten auch als hervorragender Kanzelredner bekannt geworden. Als Kuriosum verdient erwähnt zu werden, daß ein Bruder des Piaristenprovinzials und katholischen Dichters Sik, Endre S i k, der gegenwärtige — allerdings gemäßigte — kommunistische Außenminister Ungarns ist, der in der Zwischenkriegszeit als Hochschullehrer in der Sowjetunion wirkte und in Ungarn erst nach dem Sturz Räkosis in den Vordergrund rückte. Sandor Sik ist jedoch, unbeschadet dieses verwandtschaftlichen Kontaktes mit einem führenden Kommunisten, niemals als „Friedenspriester“ oder als Vermittler zwischen Staat und Kirche in Erscheinung getreten.

Die Substanz retten

Der Kontakt zum weltanschaulichen Gegner obliegt in Ungarn weitgehend Erzbischof Grösz. Aber auch dieser fromme Mann kann von sich nicht sagen, daß er den „Modus vivendi“, den Schlüssel zu der von den Kommunisten unablässig geforderten „friedlichen Koexistenz“ zwischen Kirche und Staat gefunden hätte. Er will die Substanz der Kirche retten und alles vermeiden, was der kommunistischen

Taktik Vorteile bieten könnte. Er, dessen Erzbistum im Mittelalter als' Missionsbistum angesichts der in Südungarn ansässigen byzantinischen Christen galt und unter dessen 86 Vorgängern auch Feldherren, wie der 1526 bei Mohäcs gegen die Türken gefallene Pal T o m o r i, waren, ist keine Kämpfernatur und auch kein geschmeidiger Diplomat. Zudem ist er in einer anderen Zeit, zu anderen Aufgaben erzogen worden. So werfen ihm seine7 Kritiker vor, daß er nicht immer dort, wo es am wichtigsten wäre, etwa bei personellen Fragen, Versetzungen und Ernennungen, die nötige Härte gegenüber der anmaßenden Einmischung der staatlichen Behörden aufbringt, dafür jedoch manchmal an Einrichtungen festhält, die man auch ohne Gefahr aufgeben könnte. Gerade diese Kritiker sind es jedoch auch, die den ausländischen Beobachter zur Vorsicht mahnen. Denn es sei auch nicht zu erwarten, daß ein Mann von der aufrechten Denkungsart und persönlichen Integrität des Erzbischofs Grösz alle taktischen Winkelzüge des dialektisch geführten Kirchenkampfes der Kommunisten in jedem einzelnen Fall „überlisten“ könne. Die Bischöfe Un-. garns, diese immer kleiner werdende Schar, die drei Jubilare dieses Sommers und schließlich die vielen eingekerkerten jungen Priester und Laien stehen in einer schwierigen Kampfsituation, die mit den herkömmlichen Begriffen nicht mehr zu erfassen ist und die ihnen allen das äußerste an Weisheit, Standhaftigkeit und Glauben abverlangt.

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