Ukraine Soldat Butkevitsch - ©  Foto: Privat

Ukrainekrieg: „Freiheit ist keine Ideologie“

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Maksym Butkevych ist ein bekannter ukrainischer Pazifist, Menschenrechtler und politischer Kritiker. Jetzt ist er Soldat. Warum, hat er der FURCHE erzählt.

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Maksym Butkevych ist ein bekannter ukrainischer Pazifist, Menschenrechtler und politischer Kritiker. Jetzt ist er Soldat. Warum, hat er der FURCHE erzählt.

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Dass einer wie Maksym Butkevych einmal eine Schusswaffe auch nur anrühren würde, hat viele überrascht. Was tut ein Mann, der den Frieden liebt und Gewalt verabscheut, im Krieg? Und dennoch steht er heute da: Splitterschutzweste, Kalaschnikow, Helm. Ein Soldat. Als Russland die Ukraine am 24. Februar angriff, so sagt er, da habe es sich für ihn angefühlt, als gehe es jetzt um die „Existenz“. Denn: „Wenn sie die Ukraine besiegen, dann ist alles, was ich in den vergangenen 16 Jahren getan habe, umsonst gewesen.“

Maksym ist eigentlich ein Mann der Argumente, keiner des Kampfes. Er ist einer, der druckreif spricht und seine Worte wählt, als seien sie kostbare Pfeile oder vorsichtige Berührungen. Er kämpft mit ihnen für Geflohene und Vertriebene – selbst wenn oder gerade wenn die Aussichten auf Erfolg miserabel sind. Vor der Revolution 2014 waren es Flüchtlinge aus Afghanistan, die in Kiew gestrandet waren: Er hatte Flüchtlinge aus Usbekistan betreut, denen die Abschiebung drohte, er hatte sich für Menschen aus aller Welt eingesetzt, die ins humanitäre Nichts gefallen waren. Vor 2014 war die Ukraine ein Land an einer harten Schengen-Grenze mitsamt Rückführungsabkommen mit der EU. Die ukrainischen Behörden waren dem Abkommen allerdings administrativ nicht gewachsen.

Es gab nicht einmal Budgetmittel, um Dokumente zu drucken. Ohne Dokumente kann sich ein Asylwerber aber nicht ausweisen. Und kann er das nicht, öffnet das der Behördenwillkür Tür und Tor. Und die traf auch die Klienten von Maksym, Betreiber der Plattform „No Borders Project“. Er und seine Mitstreiter hatten zwar alle Argumente auf ihrer Seite, erhielten aber letztlich nicht einmal Akteneinsicht.

An einem bitterkalten Februarabend 2014, die Revolution vom Maidan hatte das alte System gerade über den Haufen geworfen, hatte sich Maksym Butkevych eine Splitterschutzweste übergeworfen und die Fremdenbehörde praktisch im Alleingang besetzt. Sein Mut und seine Entschlossenheit verschafften ihm Respekt. Der Leiter der Behörde beriet mit Butkevych, man vereinbarte Akteneinsicht durch das UNHCR und vereinbarte später die Modalitäten einer Zusammenarbeit.

Ein Star der Zivilgesellschaft

Als dann kurze Zeit später die Kämpfe in der Ostukraine losgingen, kam erstmals die Überlegung auf, zu kämpfen. Doch da war Maksym rasch klar: Dort, wo er war, wäre er effizienter als an der Front. Aber 2022 ist alles anders. An dem Tag, als Putins Armee den Angriffskrieg begann, sei ihm die Entscheidung abgenommen worden, sagt er. „Entweder alles wird zunichte gemacht, wofür ich gearbeitet habe, oder ich verteidige all das.“ Und als einer, der Ziele hat, der immer an Verbesserungen gearbeitet hat und der nicht aufgibt, gab es keine Frage, was zu tun sei: Rekrutierungsbüro, unterschreiben, Rucksack packen, vorbereiten.

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