6676633-1961_25_08.jpg
Digital In Arbeit

Asonuklo: „Dorf der Anbetung“

Werbung
Werbung
Werbung

An der StraBe von Bouake, der zweitgroBten Stadt der Elfenbein- kfiste, nach der Ortschaft Mbahiakro, liegt, etwa acht Kilometer von der Stadt entfernt, der alte Flugplatz. Er dient nicht mehr seiner fruheren Be- stimmung, denn Bouake besitzt heute einen neuen, moderneren Lufthafen, doch vollzieht sich hier seit andert- halb Jahren in aller Stille ein Vorgang, der vielleicht erregender ist als das Kommen und Gehen der silbernen Vogel von Menschenhand, die den Menschen in so kurzer Zeit iiber die grofien Entfernungen des afrikanischen Raumes bringen.

Es begann am 11. Dezember 1959. Damals trafen in Bouake drei Bene- diktiner ein. Sie kamen nicht aus Europa, sondern aus dem nordafrikani- schen Benediktinerkloster von Tiourn- liline im Bergland von Marokko. Marokko ist ein Land, dessen ein- heimische Bevolkerung sich fast ge- schlossen zum Islam bekennt; eine kleine Minderheit ist jiidischen Glau- bens. Die in Marokko lebenden Christen sind Europaer, und wie in den meisten muslimischen Landern ist hier Missionstatigkeit nicht moglich. Doch ist Tioumliline als Ort der Begegnung christlichen und muslimischen Geistes im vergangenen Jahrzehnt fiber Marok- kos Grenzen hinaus auch in Europa und Afrika bekanntgeworden.

Hier, tief im schwarzen Westafrika, ist alles anders Die Volkerschaften der Elfenbeinkfiste bekennen sich iiberwiegend noch zu ihren alten Stammesreligionen, erst rund zehn Prozent von ihnen sind Christen. Im aufiersten Norden des Landes, das im August des Vorjahres ein unabhangiger Staat geworden ist, leben auch eine geringe Anzahl muslimischer Volker- schaften. In den kfistennahen Ge- bieten urn die Hauptstadt Abidjan ist die Anzahl der Christen groBer, und die ipeistenebildeten Afrikaner liaben christiicfie Vornamen. AbeuJKtf.Tmmf das Zajilenverhaltnis sein urag; mit der Mission und Verchristlichuhg setzt auch die Entchristlichung ein: dies ist in Afrika nicht anders als im Abendland. Und Afrika ist, am Ende der kolonialen Ara. im Umbruch.

Die drei Benediktiner von Tioum-

liline aber waren gekommen, um das erste Benediktinerkloster Westafrikas zu begriinden. Auf dem 80 Hektar groBen Gelande des ehemaligen Flug- hafens fanden sie ein kleines Gebaude vor, das frfiher der Wetterbeobachtung gedient hatte und nun ihre erste Unterkunft wurde. Rasch errichtete Strohhfitten dienen als erste Zellen. Im darauffolgenden Fruhjahr beginnt die Errichtung soliderer Gebaude, so- weit mbglich aus den Baustoffen des Landes: Ziegeln aus gebrannter Erde, Pfeiler aus Tekaholz, Ersatzplafonds aus Palmrippen. Und genau vor einem Jahr, am 17. Mai 1960, trafen sechs weitere Benediktiner ein. Die Gemein- schaft zahlt nun neun Mitglieder, und das Ordensleben beginnt sich gemafi der Regel zu entfalten: Chor- und Einzelgebet, Lesung, manuelle Arbeit und Gastfreundschaft ffir die, die kommen. Es kommen aber auch afri- kanische Postulanten, und die Bau- tatigkeit muB intensiviert werden, um sie beherbergen zu kbnnen. Bis Anfang 1961 zahlte. man schon 15 festgebaute Zellen, aber das Refektoriuni, das Ka- pitel und die Kapelle sind noch Be- helfskonstruktionen aus Stroh.

Ffir die afrikanischen Christen, die im Umkreis des Klosters von Bouake leben, ist dies eine vbllig neue Form des religibsen Lebens. Bald kommen viele von ihnen zur Sonntagsmesse, zum katechetischen Unterricht, aber auch zum Unterricht im gregoriani- schen Choral und zu Besinnungstagen. Fur die Frauen wird, etwas abseits von den iibrigen Bauten, eine eigene Stroh-

hfitte errichtet. Auch kommen schon Priester und Laien zu Tagen der per- sbnlichen Einkehr nach dem jungen Kloster. In der Stille vollzieht sich auf dem alten Flugplatz von Bouake das Wachstum der ersten Niederlas- sung nach der Regel St. Benedikts in Westafrika. Und es sind nicht nur die Christen, die Interesse ffir das Ge- schehen dort haben, sondern auch andere Bewohner der umliegenden Dbrfer. Sie gehbren dem Volk der Baoule an, das mehr als zehn Prozent der Bevblkerung der Elfenbeinkfiste bildet. Die Baoule sind Bauern, und so interessiert sie besonders die Bewas- serungstechnik, die die Vater an- wenden, aber auch ihre Art zu bauen. Die kleine Niederlassung laBt sie nicht gleichgiiltig, denn wie eines der vie- len Sprichwbrter der Baoule lautet: „Die linke Hand wascht die rechte Hand, und die Rechte die Linke. “

Und so haben auch die Baoule der umliegenden Dbrfer den Benediktinern von Bouake den Namen ffir das Kloster gefunden. In ihrer Sprache lautet der Ausdruck fur „anbeten, opfern“: So. Spontan benannten die Baoule die Niederlassung daher: Asonu-klo: „Du betest an, namlich im Dorf.“ Afrikaner haben dem ersten Kloster Westafrikas seinen afrikanischen Namen gegeben. Der Name Asonuklo — „Dorf der An- betung" — wird vielleicht einmal in der Kirchengeschichte Westafrikas einen Klang haben wie Montecassino in der Geschichte Europas. Wir wissen nicht, ob dies der Fall sein wird, aber wir dfirfen darum mitbeten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung