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Das Weltbild von heute

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Eine Sammlung, die den Zweck erfüllt, äie Geschidite der Erd- und Himmelskunde möglichst übersichtlich an Hand von Originalen und Kopien von Weltkarten, Atlanten und Globen zu zeigen, gab es bisher nicht. Eine solohe Schau braucht nicht den großen Staaten vorbehalten zu sein, sondern findet bei uns vielleicht günstigere Voraussetzungen. Sie verfügt bereits über sammle-risdxe Unterlagen von internationaler Bedeutung, wobei die Fülle geschichtlich-erdkundlichen Materials Dr. Erich W o 1-d a n s einen wesentlichen Beitrag leistet.

Tatsächlich ist nun in Wien seit einiger Zeit ein Globusmuseum im Entstehen. Sein Ziel ist nicht darauf beschränkt, nur ein Museum der Globen zu sein, sondern eine Darstellung der Geschichte der Erd- und Himmelskunde in der Weise zu bieten, daß bestimmte Themen innerhalb dieses großen Rahmens in Ausstellungsform gebracht «rerden.

So wird derzeit in seinen Räumen in der Gußhausstraße 20 „Das Weltbild im Wandel der Zeiten“ gezeigt, ihm sollen dann „Alt-Wien in Plan und Bild“ und später „Die Weltstädte der Erde“ folgen.

Im 17. Jahrhundert hat es ein hervorragender Kartograph und Globenhersteller, Pater Vincenzo Coronelli, vermocht, •einem Zeitalter das wahre Weltbild zu zeigen und weithin Interesse hiefür zu erwecken. Seine Hingabe allein hätte ihn aber dieses Ziel kaum erreichen lassen, wenn seinen Bestrebungen nicht anfangs eine sehr wesentliche Förderung durch den Auftrag Ludwigs XIV. zuteil geworden wäre, einen in Größe und Schönheit bis dahin unerreichten Globus zu schaffen. Von diesem Erd-und Himmelsglobuspaar von fast 5 Meter Durchmesser gab es verkleinerte Nachbildungen von 1,10 Meter Durchmesser mit gestochener Karte, die durch die von ihm begründete „Accademia Gosmografica degli Argonauti“ weit verbreitet wurden. Ein Blick in das von Coronelli 1693 herausgegebene Verzeichnis der Mitglieder dieser „cosmografischen Akademie“ zeigt 260 hervorragende Persönlichkeiten, größtenteils aus Venedig, Paris und Rom. Auch in Polen befand sich ein Zweig dieser Akademie, mit König Johann Sobieski als Protektor. So wurde durch einen um die Verbreitung des Erdbildes hochverdienten Mann die erste geographische Gesellschaft der Welt gegründet.

Auch heute wäre zu hoffen, daß eine Summe von Bemühungen, die ein werdendes Museum darstellt, durch entsprechende Resonanz Förderung erfährt. Damh; dies durch die jetzige Generation geschehe, sollen Atlanten, Weltkarten und Globen von Behaim, Ortelius, Mercator, Hondius, Kepler, Blaeu, Greuter, Habrecht, Coronelli, Eimmart, Moroncelii, Doppelmayr, Delisle, Homann, Moll, Anich und anderen im Globusmuseum EU ihr sprechen. Aufgabe des Globusmuseums ist es auch, im weitesten Maß für das Wissensgebiet der Geographie zu werben, das, im Verhältnis zu anderen, in die Allgemeinheit viel weniger eingedrungen ist als man bei der heutigen Aufgeschlossenheit der Erde vermuten sollte. Ich habe in den letzten Ewölf Jahren im In- und Ausland diese Erfahrung gemacht und bin überzeugt, daß Österreich sich ein .Verdienst erwirbt, wenn es durch Verbreitung des Weltbildes zur Besserung dieses Zustandes beiträgt. Wien besitzt, wie kaum eine andere Stadt, reiche öffentliche Sammlungen kartographischer und kunsthistorisch-geographischer Schätze, die jeweils für museale Darbietungen von» internationalem Interesse herangezogen werden könnten *. Vorbereitet auf dem Boden des Globusmuseums, ließe sich vielleicht schon bis zum Jahre 1950, das einige wichtige Gedenktage auf diesem Gebiete bringt, eine große weltkundliche Ausstellung entwickeln.

Eine besondere Gegenwartsaufgabe des Globusmuseums liegt auch darin, die studierende Jugend und den Lehrernachwuchs mit dem Erdbild auf Karte und Globus in Vergangenheit und Gegenwart durch Führungen und Vorträge vertraut zu machen. Wenn es gelingt, das allgemeine Interesse hiefür, besonders in der Volksbildung, in jenem Ausmaße zu wecken, wie es einmal vor Jahrhunderten bestanden hat, würde eine solche geographische Renaissance auch in hervorragendem Maße völkerverbindend wirken. Für eine volkstümliche Verbreitung erwiese sich der physikalische Globus am geeignetsten, da er die dauernden Beziehungen von Bergen und Flüssen, von Land und Meer bringt und außerdem die Besorgnis aller „Globusskeptiker“, daß sich die von Mensdienhand gebildeten Grenzen darauf einmal ändern könnten, zerstreut.

Eine Aufgabe, die allerdings nur unter organisierter Mitwirkung einer Reihe in- und ausländischer Institute lösbar wäre, ist die systematische Erfassung der gesamten historisch-geographischen Bibliographie. Auf einem Teilgebiet, der Anlage eines Weltkataloges alter Globen, ist die Arbeit vom Globusmuseum bereits in Angriff genommen.

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