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Eine wirkliche Festschrift

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JAHRBUCH DES STIFTES KLOSTERNEUBURG. N. F. 3. Bd. Festschrift für Alphons Lhotsky. I. Teil. Klosterneuburger Buch-und Kunstverlag, 1963. 208 Seiten, 44 Abbildungen. Preis: Leinen 190 S, broschiert 160 S.

Mit dem dritten Band der neuen Folge (eines Jahrbuches setzt das altehrwürdige Babenbergerstift eine hohe wissenschaftliche Tradition in würdiger Weise fort. Insbesondere darf betont werden, daß es dem Redakteur in vollkommener Weise gelungen ist, eine wirkliche Festschrift für den Ordinarius der österreichischen Geschichte an der Universität Wien, Alphons Lhotsky, vorzulegen: alle Mitarbeiter gehören zum Schülerkreis des Geehrten, alle behandelten Themata bieten österreichische Geschichte, gleichsam gebrochen durch das historische Prisma des „Escorials“ an der Donau.

Auf das den genealogischen und persönlichen Beziehungen Professor Lhotskys zum Stift und seinen Verdiensten um die Erforschung der Vergangenheit desselben gewidmete Vorwort des Generalabtes und Propstes Gebhard Koberger folgen im vorliegenden ersten Teil der Festschrift insgesamt acht Artikel. Der gelehrte und als Leopold-Forscher bereits mehrmals hervorgetretene Direktor des Linzer Stadtmuseums, Georg Wacha, handelt in souveräner und umfassender Weise über „Die Reliquien und Reliquiare des heiligen Leopold“, der Dominikaner Isnard Frank über „Thomistische Handschriften in Klosterneuburg“. Michael Mitterauer bietet eine gediegene Studie zur Biographie des „Magister Heinricus phisicus protonotar Herzog Leopolds VI.“.

In die Sphäre der vaterländischen Heraldik stößt der Redakteur des Jahrbuchs, Stiftsbibliothekar und Kustos Floridus Röhrig, mit seinem Aufsatz „Zum Ursprung des Fünf-Adler-Wappens“ vor. Gestützt auf die einschlägige Literatur — vor allem Karl Lechner (Wappen und Farben des Gaues Niederdonau, St. Pölten, 1942) und Eva Frodl-Kraft (Das Fünf-Adler-Wappen, in: Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 65, 1957, S. 93 ff.) — und durch neue Interpretation des Quellenbestandes gelingt es dem Verfasset tatsächlich, neuartige Gesichtspunkte zu diesem äußerst diffizilen Thema zu gewinnen. Man wird Röhrig folgen müssen, wenn er das heutige niederösterreichische Landeswappen bereits in die Zeit vor Herzog Rudolf IV. verlegt, wenn er den Zusammenhang dieses Wappens mit dem Kult des heiligen Leopold besonders betont (Lcopoldiornat) und gewisse französisch beeinflußte Vorbilder (Siegel der Herzogin Blanche) nachweist. Bestehen bleibt aber wohl die Tatsache, daß dieses

Wappen seinen historisch-politischen beziehungsweise seinen religiösen Gehalt Herzog Rudolf IV. verdankt. Offizielles Landeswappen von Niederösterreich wurde es wohl erst 1804; politische Bedeutung als Landessymbol (Alt- und Neuösterreich!) aber hatte es mindestens seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Alfred Strnad bietet in seiner Studie „Kanzler und Kirchenfürst“ eine umfassende Biographie des ersten Wiener Magisters Berthold von Wehingen. Die Heranziehung einiger älterer Literatur wäre wünschenswert gewesen. Der nachfolgende ausgezeichnete Beitrag Gerda Kollers „Koloman Knapp — ein Leben im Schatten des Konzils“ ist gleicherweise für die Geschichte der Wiener Universität und des Konstanzer Konzils von Bedeutung. Der Artikel von Renate Wagner-Rieger „Zur Baugeschichte der Stiftskirche“ bringt, in souveräner Weise das Wissen um alle einschlägigen Epochen des österreichischen Kunstschaffens vereinigend, neues Licht in die früheste Geschichte der Klosterneuburger Basilika und vermittelt so eine pla-

stische Vorstellung von der künstlerischen und kunsthistorischen Bedeutung dieser Kirche im Mittelalter. Dem „Codex 650 A der Stiftsbibliothek und der Klosterneuburger Buchmalerei des frühen 14. Jahrhunderts“ widmet Gerhard Schmidt einen, zahlreiche neue Erkenntnisse vermittelnden, Aufsatz. Besonders erfreulich wird gerade dieser Artikel durch die Tatsache, daß er zum Teil einer aus den Vereinigten Staaten von Amerika zurückgekauften Klosterneuburger Handschrift gewidmet ist.

Ein Sach- und Namensregister und ein Abbildungsverzeichnis erhöhen die Benütz-barkeit des Bandes. Als besonders rühmenswert mag abschließend auch die hohe Qualität der beigegebenen Abbildungen hervorgehoben werden. Landes- und Heimatkunde, Kunst- und Geistesgeschichte, historische Hilfswissenschaften und Nationalbiographie danken dieser wohlgelungenen Festschrift viele Aufschlüsse. Dem Stift ist zum Jahrbuch,' dem Jubilar zu seiner Festschrift und der österreichischen Geschichtsforschung zu ihrer jüngeren Generation zu gratulieren. Franz G a 11

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