Dom Museum Wien - „Weinende Maria“ (1694) von Giovanni Giuliani vor „Ce n’est qu’un au revoir“ („Es ist nur ein Auf Wiedersehen“, 2020) von Alexandre Diop. "Sterblich sein", Dom Museum Wien - © Brigitte Schwens-Harrant

„Es ist nur ein Auf Wiedersehen“: "Sterblich sein" im Dom Museum Wien

19451960198020002020

Leben heißt sterblich sein. Das ist traurig und empörend, aber es ist so. Das Dom Museum Wien lädt mit alter und neuer Kunst zum Nachdenken über die Endlichkeit ein.

19451960198020002020

Leben heißt sterblich sein. Das ist traurig und empörend, aber es ist so. Das Dom Museum Wien lädt mit alter und neuer Kunst zum Nachdenken über die Endlichkeit ein.

Werbung
Werbung
Werbung

Als Ferdinand Hodlers Geliebte an Krebs erkrankte, griff der Maler zu Farben und Stiften und verarbeitete in 50 Ölbildern, 130 Zeichnungen und ungefähr 200 Skizzen die Entsetzlichkeit ihres Sterbens. In den dabei entstandenen Bildern gleicht sich der Körper Valentine Godé-Darels immer mehr der Horizontalen an, bis die Geliebte und Mutter seiner Tochter schließlich wie eine Linie unter anderen Linien flach, aber irgendwie auch geborgen im Bild liegt. „La morte“, „Die Tote“, ein Ölbild vom 26. Jänner 1915, ist im Rahmen der Ausstellung „Sterblich sein“ zur Zeit im Dom Museum Wien ausgestellt. Es ist das letzte dieser Bilderserie und strahlt eine ewige Ruhe aus. Der Schmerz der vergangenen Zeit ist irgendwie noch spürbar, aber er ist zu Ende.

Die österreichische Künstlerin Petra Sterry wiederum versuchte in ihrer Serie „The Nada Trust“, das Sterben und den Tod ihrer an einem Tumor erkrankten Mutter mit Bleistift skizzenhaft zu bearbeiten. Sie zeigt eine Patientin inmitten von medizinischen Hoffnungen und monsterhaften Ängsten. „Nada“, das heißt auf Spanisch „Nichts“, in slawischen Sprachen hingegen bedeutet es „Hoffnung“. Beides ist da, die Erfahrung des Nichts, die ständige Hoffnung dennoch.

Kunst als Protest

Wie Hodler und Sterry reagieren auch andere Künstler und Künstlerinnen auf den Schrecken des Todes, oder weniger abstrakt gesprochen: auf den Abgrund, der sich auftut, wenn ein geliebter Mensch stirbt. Kunst erscheint als Mittel der Bewältigung, aber oft auch des Protestes. Der Tod sei sein Todfeind, schrieb Elias Canetti, der Schreiben zeitlebens als Aktion gegen den Tod verstand. Alfred Kubin, Herwig Zens und Günter Brus wiederum zeichneten dagegen an.

Die Ukrainerin Olia Federova, die zu Beginn des Krieges in Charkiw lebte, schrieb im Bunker auf ein Leintuch ihr Wutgebet: „Ich werde aufrecht stehen. Ich stehe auf-recht. / Und du: Renn, so lange du noch kannst.“ Und die französische Künstlerin ORLAN ruft im Video „Ich will nicht!“, „Ich will das Leben!“ Und fordert in ihrer „Petition gegen den Tod“ zur Unterschrift auf. Ihre Plakate kann man mitnehmen und so auch außerhalb des Museums gegen den Tod protestieren.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung