6685274-1962_13_11.jpg
Digital In Arbeit

Leidernur einBüchlein

Werbung
Werbung
Werbung

TIROLER TRACHTEN. Von Josef R i n g 1 e r. Illustriert von Grete K a r a-s e k. Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien -München, 1961. Acht Seiten Text, 32 farbige Bildtafeln. Preis 78 S.

Der bekannte Volkskundler Josef Ringler, dem die Schaffung des Tiroler Volkskunstmuseums in Innsbruck mit der reichhaltigen Sammlung alter Originaltrachten zu danken ist, gibt in einer kurzen Einleitung eine allgemein gehaltene Übersicht über die Entwicklung der bäuerlichen Trachten Tirols. Nach den Musealobjekten und anderen vorhandenen Unterlagen schuf die Innsbrucker Malerin Grete Karasek Darstellungen von Paaren in den Festtagstrachten der einzelnen Täler und .Landschaften, wie sie im 19. Jahrhundert noch allenthalben in Tirol getragen wurden. Selbstverständlich betrachteten die Autoren das Land Tirol als geschichtliche und kulturelle Einheit und nahmen die schlichte braune Passeier Joppe, die schöne Tracht der Burggräfler, das leuchtend gelbe Rockel der Eggentaler und andere Süd-tfroler Trachter* in die Sammlung auf. Die Künstlerin zeichnete die Träger der alten, überlieferten Gewandung als Kinder und

gab diesen passende Requisiten in die Hände: einen Blumenstrauß, ein Obstkörbchen, eine bunte Spanschachtel. Kein Zweifel, es sind reizende, geschmackvolle Bilder, sehr anmutig, hübsch anzusehen, aber ... Und dieses Aber sei kurz motiviert.

Seit mehreren Jahrzehnten bemühen sich die österreichischen Volkskundler um die Erhaltung oder zeitgemäße Erneuerung der .ingestammten Trachten unserer Heimat. Professor Ringler selbst gab in den dreißiger Jahren ein Album mit Abbildungen erneuerter Tiroler Männer- und Frauentrachten heraus, um die ländliche Bevölkerung zur Pflege des bedeutsamen Erbgutes anzuregen. Auch die etwas später erschienene Arbeit von Gertrud Pesendorfer ging von dem gleichen Grundgedanken aus. Es war ja die Zeit der „Salontiroler“-gwandln, des Edelweißgschnas und greulicher Sommerfrischendirndln. (Die gleiche Tendenz feiert jetzt in etwas milderer Form als modischer „Trachten-Look“ unnötige Urständ.) Professor Ringler und Frau Dr. Pesendorfer waren bestrebt, der beliebten oberflächlichen Klischeevorstellung vom „luschtigen Tirolerbuam“ in der Krachledernen durch Besinnung auf die überlieferten Stilformen und deren sinnvolle Neugestaltung entgegenzuwirken. Die Einrichtung der „Heimatwerke“ in den einzelnen Bundesländern bedeutete einen weiteren Schritt auf diesem Weg.

Was diese Publikationen von der vorliegenden Neuerscheinung unterscheidet, ist ihre sachliche Orientierung, die genaue Beschreibung aller Teile der Tracht, die Angaben über Farbe und Material, die Wiedergabe der Schnitte, der Muster und Stickereien.

In Nord- und Osttirol leben viele der alten Trachten als Bekleidung der Schützenkompanien weiter. Zugegeben, manche davon sind keine eigentlichen Volkstrachten, sondern Schützengewänder, wie zum Beispiel die scharlachrote loppe der berühmten Stadtmusik und Schützenkompanie Witten. Auch die Stubaier Männertracht ist nicht bäuerlichen Ursprungs, sondern schreibt sich von einem „Schüt-zenröckel“ her, dennoch ist hier ein wertvoller Ansatzpunkt gegeben. Was der Tiroler Volkskunde schon längst not täte, wäre eine systematische, umfassende Aufnahme der Trachten und ihrer Eigenheiten, von der Hutform bis zur Musterung der Strümpfe, ein Werk etwa im Sinne von Viktor v. Gerambs beispielhaftem, großangelegtem steirischen Trachtenwerk. Der neue Band „Tiroler Trachten“ aber ist lei-$jjr! nur ein 'Büchlein, ein nettes Präsent.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung