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Technische Wunder im Traumhaus

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Von der Haustüre bis zur Abfallgrube arbeiten Maschinen + Wohnen wir so im 21. Jahrhundert?

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Von der Haustüre bis zur Abfallgrube arbeiten Maschinen + Wohnen wir so im 21. Jahrhundert?

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Wie werden wir morgen wohnen? Diese Frage scheint besonders die Amerikaner zu interessieren, denn sie haben bereits ein „Haus der Zukunft“, in dem die Technik Triumphe feiert und das eines Tages vielleicht auch in Europa stehen wird. Die Besitzerin des ersten „Vollautomatik- Hauses“, wie es die amerikanische Presse nennt, ist die mehrfache MiJ- lionärin Barbara Jarickson. Als die ersten Bilder und ausführlichen Beschreibungen dieses Hauses in amerikanischen Zeitungen und Zeitschriften erschienen, staunten selbst die Amerikaner darüber, was man alles an Technik in ein Haus hineinpacken kann, wie es der Architekt Bromley getan hat, als er von Barbara Jarick son den Auftrag erhielt, auf einer Anhöhe am Fuß der Rocky Montains im Staat Wyoming ein Wochenendhäuschen mit allem Komfort des 20. Jahrhunderts zu bauen.

Der amerikanisch-futuristische Stil, für den Bromley in den Vereinigten Staaten bekannt ist, dürfte dem europäischen Geschmack nicht unbedingt entsprechen. Dies trifft auch für die glatte und bunkerähnliche Fassade seiner neuesten Schöpfung zu. Dafür entspricht aber die technische Ausstattung gewiß den geheimsten Wünschen aller Hausfrauen. Sie beginnt schon in der Küche, deren Musterstücke ein Radar-Herd und eine elektrische Geschirrspülmaschine neuester Bauart sind. Was man auch immer braten und kochen will, im Radar-Herd dauert die Zubereitung nicht länger als drei Minuten. Ein Schnitzel ist in einer Minute gut durchgebraten, ein Hähnchen in etwa drei Minuten. Man legt das Fleisch zwischen zwei Metallplatten und dreht an einem Schalter. Das ist alles, was getan werden muß. Aufwaschen, Trocknen und Einordnen des Geschirrs besorgt die Spülmaschine, indem man wiederum auf einen bestimmten Knopf drückt.

Ideal ist die Abfallvemičhtung im Haus der Zukunft. Man wirft den Abfall in eine Öffnung in der Wand, hinter der er durch eine Maschine pulverisiert und danach in eine Grube im Keller abgesaugt wird. Auch das Kartoffelschälen ist kein Problem mehr. Die gewaschenen Kartoffeln werden in einen Apparat geschüttet, der die Schalen durch ein Heißluftsystem im Nu löst. Daß diese Küche, in der alle Geräte und alles Geschirr hinter lautlos gleitenden Schiebetüren staubdicht verschlossen sind, sehr nüchtern aussieht, wird durch die Bequemlichkeit derjenigen, die diese Küche benutzen, ausgeglichen.

Die Staub- und Schmutzbekämpfung scheint überhaupt eine Lieblingsidee des Architekten Bromley zu sein, die er im Vollautomatikhaus verwirklicht hat. Bereits an der Haustür werden die Schuhe des Besuchers durch zwei gegenläufig rotierende Bürsten gesäubert. Jeder Staub auf den Böden der einzelnen Zimmer wird durch mehrere Düsen abgesaugt, die man durch Betätigen eines Knopfes für alle Räume gleichzeitig oder auch nur für einen allein einschalten kann. Eine besondere Chemikalie, mit der die Möbel zwei- bis dreimal im Monat eingerieben werden, hält auch von diesen jeden Staub fern. Große Wäsche gibt es im Haus der Zukunft nicht mehr. Was an schmutzigen Kleidungsstücken anfällt, kann täglich bequem in der

Waschmaschine gewaschen werden, die nach dem Ultraschallprinzip arbeitet.

Jeder Raum des Hauses verfügt über eine Klimaanlage. An einer Skala kann man die für das betreffende Zimmer gewünschte Temperatur einstellen. Die Heizung selbst erfolgt durch Gas. Indirektes Neonlicht erleuchtet des Nachts Hallen, Gänge und Zimmer, als wenn es Tag wäre.

Rolläden, Fenster und Schiebetüren öffnen und schließen sich elektrisch. Die Garagentür hebt sich, sobald sich ein Wagen auf fünf Meter genähert hat und der Fahrer durch einen Knopfdruck ein bestimmtes Funksignal gibt Daß in diesem Haus von der Kaffee- und Teemaschine über den modernsten Starmix bis zum Fernsehapparat und elektrischem Mixbecher jede Neuheit auf diesem Gebiet vorhanden ist, versteht sich von selbst. Die Zimmer sind untereinander durch Hausmikrophone verbunden. Man drückt zum Beispiel in der Wohnhalle nur auf einen bestimmten Knopf und kann sofort mit der Küche oder auch mit dem Chauffeur sprechen.

Das vollautomatische „Wochenendhäuschen“ ist ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht, wie eine Zeitschrift das Haus der Millionärin Jarickson nennt. Daß die Baukosten ebenfalls märchenhaft hoch waren, kann man sich denken.

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