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Theatrum mundi
Die vierte große Ausstellung „Kunst der Graphik“, die die Zeit „Zwischen Renaissance und Barock“ im nördlichen Europa von etwa 1540 bis 1600 umfaßt, schüttet mit 382 Katalognummern ein neues reiches Füllhorn über den Besucher der Alberttna aus. Sie umfaßt eine Zeit, in der die Graphik, der Handel mit Stichen und die Illustrationen von Büchern eine unerhörte Blüte erfuhr; die ganze Fülle der Welt mit ihren neuentdeckten Kontinenten, dem Unerhörten, nie Gesehenen, wurde ebenso bildlich erfaßt und erobert wie das Vertraute des täglichen Lebens, wie seine großen Ereignisse- und geistigen Auseinandersetzungen. Lehrhaftes spricht sich ebenso deutlich aus wie soziale Kritik und religiöse Polemik, die verherrlichende Allegorie steht neben der aggressiven Satire. Es wimmelt von menschlichen Typen, Tieren, architektonischen und dekorativen Vorlagen, Landschaften, Porträts, Bibelillustrationen und Devottonalien, Städteansichten und Schlachten, orientalischen Poten-
taten und Seestücken mit Kravellen und Karacken — meist in der dem Norden eigenen Form des horror vacui und in manieristischer Übersteigerung und Unbeholfenheit — so verwirrend, daß man sich ob all des zappelnden, hastenden, kleinlichen Getriebes gern zu jenen Ruhepunkten flüchtet, die in ihrer einmaligen Großartigkeit der Ausstellung neben dem kulturhistorischen Aspekt die künstlerischen Akzente geben.
Dies sind vor allem die herrlichen Brewffhel-Zeichnungen und seine Radierung der Hasenjagd, sein Holzschnitt von „Urson und Valentin“ und die in ihrer Bedeutung diesmal so recht ersichtlich werdenden Arbeiten von Augustin Hirschvogel und Hanns Lautensack, die unbeholfenen, aber eigenartigen Blätter Jean Duvets zur Apokalypse, die Arbeiten Leon Davents und Melchior Lorcks. Eine überreiche, aber durch den Aufbau und die hervorragende Qualität der Drucke besonders für den Fachmann wertvolle Ausstellung, die einen mehrfachen Besuch lohnt.
Die große Herbstausstellung des Künstlerhauses stellt in ihren Mittelpunkt eine repräsentative Kollektion des Bildhauers Alexander Wahl, um die sich dann die Arbeiten der anderen Mitglieder der „Gesellschaft bildender Künstler Wiens“ gruppierten. Unter den Graphikern fielen besonders Gerhard Gutruf, Johannes Wanke, Wolfgang Weizendörfer, Kurt Ammann und Peter Kubovsky sowie Erich Steininger und die Kollektive Oskars' Zimmermann auf; unter den Malern Franz Eisner mit dem „Winterbild“, Dina Larot, Rudolf Ullik (einer der lebendigsten Maler), Florentina Pakosta, Hermann Kosel („Vorstadt“), Viktor Lederer, Dieter Staube, Peter Aich-holzer und die Aquarelle von Johann Wolfsberger.
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