Sprießende Bilder
Die Filme von Angela Schanelec sind fordernd. Ihr neues Werk „Ich war zuhause, aber“ ist keine Ausnahme – vielleicht sogar ihr rätselhaftester und feinfühligster Film. Es lohnt sich.
Die Filme von Angela Schanelec sind fordernd. Ihr neues Werk „Ich war zuhause, aber“ ist keine Ausnahme – vielleicht sogar ihr rätselhaftester und feinfühligster Film. Es lohnt sich.
Plötzlich war der 13-jährige Philip (Jakob Lassalle) weg. Und blieb es. Eine ganze Woche lang. Das hat Astrid (Maren Eggert), seine Mutter, beinahe in den Wahnsinn getrieben. Doch dann war Philip auf einmal wieder da. Es gibt keine Erklärung, warum er ging und wohin. Am Fuß hat er eine Verletzung, und über die Gründe, warum er verschwunden war, lässt sich nur spekulieren. Der Vater ist schon gestorben und Astrid fragt sich, ob das vielleicht der Antrieb für Philip war, abzuhauen. Wollte er dem Tod nahe sein, dem eigenen Vater begegnen?
Auch wenn in Angela Schanelecs „Ich bin zuhause, aber“ bald wieder so etwas wie eine Normalität zwischen Mutter und Sohn einkehrt und sich mit seiner kleinen Schwester (Clara Möller) eine Art Dreierverbund bildet, bleibt da doch das Unbehagen in Astrid: Sie tut sich unendlich schwer damit, zu akzeptieren, dass ihr Sohn bereits ein eigenes Leben zu führen scheint, und dass sie nicht mehr wirklich an ihn herankommt. Als sich die Wunde am Fuß von Philip entzündet, muss er ins Krankenhaus, weil sich eine Blutvergiftung entwickelt hat. Astrid ist an diesem Punkt mit ihren Nerven völlig am Ende.
Angela Schanelecs Filme sind immer schon die radikalsten der sogenannten Berliner Schule gewesen, und mit „Ich war zuhause, aber“ legte sie nun ihren vielleicht rätselhaftesten und zugleich auch feinfühligsten Film vor, der bei der Berlinale im vergangenen Februar mit dem Silbernen Bären für die beste Regiearbeit ausgezeichnet wurde. Zu einer solchen Jury-Entscheidung gehört Mut, denn „Ich war zuhause, aber“ entzieht sich den Sehgewohnheiten gängiger (Arthaus-)Filme, ist puristisch, statisch, aggressiv und sanft, voller Energie und ohne Antrieb. Es sind Widersprüche, die ihn charakterisieren, aber eine Filmerzählung im klassischen Sinn findet sich hier kaum. Schanelec, der man bei der Viennale soeben ein „Tribute“ gewidmet hat, spitzt die Rat- und Rastlosigkeit ihrer Protagonistin Astrid so weit zu, dass sich hier in der Inszenierung genau widerspiegelt, was im Inneren dieser Frau vorgehen muss: Ohne Ahnung, wieso, muss Astrid dabei zusehen, wie ihr Kind ihr entgleitet. Ein Kind, das den ganzen Film über kaum spricht. Philip lässt sich manchmal nur zu ein paar Versen hinreißen, denn er probt „Hamlet“ für das Schultheater. Das klingt klug aus seinem Mund und ratlos zugleich, irgendwo zwischen Verstehen und „keine Ahnung“: wieder so ein Widerspruch, der diese Arbeit prägt.
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