6636393-1957_17_10.jpg
Digital In Arbeit

Fügung oder Willkür?

19451960198020002020

Das Haus hinter dem Hochofen. Erzählung. Von Alexandra Hohl, Oesterreichische Verlagsanstalt, Innsbruck. 176 Seiten.

19451960198020002020

Das Haus hinter dem Hochofen. Erzählung. Von Alexandra Hohl, Oesterreichische Verlagsanstalt, Innsbruck. 176 Seiten.

Werbung
Werbung
Werbung

„Am 10. Oktober 19 .. stürzte ein vor kurzem errichteter Kran in dem neu einbezogenen Werks- gelände der Hütte Eisenburg auf das Haus Nr. 27, dessen Räumung knapp bevorstand, und beschädigte es schwer. Es gab zwei Tote und mehrere Verletzte ...“ Eine Zeitungsnotiz, die viele Leser über sensationelleren Nachrichten schnell vergessen werden, ohne darüber nachzudenken, welche menschlichen Schicksale sich hinter iįr, ve/bergen mögen. Ihnen geht Alexandra Hohl mit weiblichem Spürsinn- für innere Geschehnisse naih, vor allem auch der Frage nach dem Sinn des oft so rätselhaften Schicksals: „Ob wir in einer guten Hand sind oder der Willkür preisgegeben " Und hier nun hat sie Tröstliches zu sagen. Alle die Menschen, die sie uns vor der Katastrophe in ihren Nöten und Kümmernissen, mit ihren ungelösten Problemen und unerfüllten Sehnsüchten zeigt, sie werden durch den grausamen Unglücksfall aufgerüttelt. ihnen wird, durch höhere Fügung, eine Chance gegeben, ihre gestörten Lebensverhältnisse wieder in Ordnung zu bringen. In einem Fall geschieht das gewaltsam: der Tod holt den jungen Roman Spari, der Milli Tsche- duks unglückliche Ehe schwer bedroht. Gustl Loderer, dem stillen, spintisierenden Kaufmann gegenüber zeigt er sich barmherziger, ihm gibt er in Dora Donauers Sterbestunde dieses Mädchen ganz zu eigen, dessen hochfahrende Pläne im Leben über seine beständige, zuverlässige Neigung sich achtlos hinwegsetzten. Nun bleiben ihm ihre letzten Worte: „Wie gut du mich hältst, wie gut.“ — „Er begriff, was ihm gewährt worden war. Keiner konnte mehr tun, sei es nun für Minuten oder für Jahre, als seine Liebe sanft hinübertragen durch die Zeit in die Ewigkeit ... Er hatte das Seine, und es schreckte ihn nicht, sich seine künftigen Tage wie ein währendes Allerseelen vorzustellen . . .“

Alexandra Hohl erzählt ihre kleine Geschichte schlicht, ohne Pathos. Als Lehrerin in Donawitz kennt sie die Verhältnisse in einer Arbeitersiedlung und sie weiß auch um die zeitlosen Probleme des Menschen, um die Rätsel und Geheimnisse des Lebens. Ihr Buch ist keine geniale Dichtung, zeugt aber von einem soliden literarischen Talent und von einer warmen, redlichen Menschlichkeit. In den Worten der halbwüchsigen Anna Tscheduk, die Ordnung in die traurigen Verhältnisse ihrer Familie zu bringen sucht, sehen wir den Schlüssel zu Alexandra Hohls eigener Lebenseinstellung: „Ich glaub halt, daß wir nichts anderes zu tun haben, als möglichst lieb und freundlich zu sein zu den Menschen, die einmal da sjnd. Man kann sįchjcįa, qichts ąussuchen.“ Eine Eią: sicht, die schwer wiegt inmitten der für unsere Zeit typischen4 Gleichgültigkeit gegenüber den Mit£ menschen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung