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Für Krieg und Frieden

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Es ist eine gute Idee, den französischen Film „Von Mensch zu Mens c h“ über de Schweizer Kaufmann, Schriftsteller und Philantropen Henri Dunant und seine Ideen über die Humanisierung der Kriegführung (ein schrecklicher Ausdruck) durch das Rote Kreuz und die Genfer Konvention den österreichischen Schülern vorzuführen. Noch wichtiger freilich wäre, die Erwachsenen dazu zu kriegen, den Erwerbsgierigen unserer Tage vor Augen zu führen, wie dieser Dunant leichten Herzens das gute Geschäft der Wüstendränierung in Algerien fahre ließ und angesichts der Verwundetengreuel bei Sol- ferino der „weiße Mann“ wurde, der erstmals Ärzte von hüben und drüben zur Verwundetenpflege heranholte, wie er ein Leben in bitterster Armut verbrachte und noch die beachtenswerte Summe des ersten Friedens-Nobelpreises 1901 verschenkte, und wie er bis zu seinem Tode zur geliebten Frau nicht das entscheidende Wort sagte und sie wieder ihm in keiner Weise entgegenkam, aus Scheu, aus Scham, aus Achtung, aus Liebe — das wären Rollen für einen Brigitte-Bardot- oder Sofia- Loren-Film unserer Tagei Der französische Film, über den leider schon ein feiner Schleier filmischer Veraltertheit liegt, ist von Christian Jaque und Charles Spaak inszeniert und erhält von den gewichtigen Darstellerpersönlichkeiten Jean Louis Bar- raults und Bernhard Bliers Profil. Seine große Szene spielt im deutsch-französischen Krieg bei der Belagerung von Paris: Ais Dunant erstmals mit der Rotkreuzflagge in der Hand Frauen und Kinder aus der Gefahrenzone bringt, setzt einige Augenblicke lang selbst die Präzisionsmaschinerie der preußischen Artillerie aus. Seither ist die Rotkreuzidee weit über ihren Urzweck, im Kriege ein letztes Flämmchen Barmherzigkeit in Brand zu halten, hinausgewachsen i und ein ständiges Mahnmal menschlicher Bewährung auch im Frieden geworden. So . sollte diesei Filmbesuch nicht nur den Jugendlichen, sondern auch den Alten zur Pflicht gemacht werden, als notwendiger Fremdspracheunterricht, nämlich als Wort . von Mensch zu Mensch!.

Wenn es so etwas wie de Unterschied

von äußerer und innerer Anständigkeit : gäbe, müßte man ihn der Titelheldin des i deutsch-französischen Films „D a s I kunstseidene Mädchen" zuge- i stehen. Wie diese Stenotypistin sozial i wehrlos von einem Mann zum ändern gereicht wird, ist etwas unzeitgemäß, leider h(,au jjieuie ¿ihjicht ganz, .ungjauij wördig,

fein, wünscht sie sich noch in ihren licn- i testen Stunden vom Moloch Großstadt i immer wieder den Mann „mit Geld und

mit Herz“. Und doch hat man fast immer r das Gefühl, daß dieses Tschapperl im i Grunde kein schlechter Kerl ist. Das mag

wohl auch daher kommen, daß Giuiietta Masina auch in fremder Umgebung, das

heißt , in einem deutschen Atelier mit dem Regisseur Julien Duvivier und den Mitspielern Gustav Knuth, Gert Fröbe, Wilhelm Borchert und Hannes Messemer, ihre Rolle mit Leben und Poesie ausfüllt wie nur eh und je. Eine Schwester der Cabiria ist diese Doris Putzke, kein deutsches Gretchen und schon gar nicht ein Lieschen Müller.

Ein italienisches Volkslied (Melodie: „Unter den Dächern von Rom“) ist „V o- l a r e“ mit Domenico Modugno und einer Vittorio-de-Sica-Episode. Ein deutscher Problemfilm über die Todesstrafe, „Lm Namen einer Mutter", ist nicht mehr als ein Verkehrsunfall mit Toten und Schwerverletzten „Teehäustr, Tempel, Wolkenkratzer ist ein neuer Kulturfilm Herbert Viktors; kein Paradies, kein Feuerofen, aber auch kein Papier, kein Stroh.

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