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Haben Sie Österreich in der Tasche?

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Wo alles liebt: auch Österreich hat seine Kleinbuchserien, darunter „Das österreichische Wort“ des Graz-Wien-Kölner Stiasny-Verlages. Die Problematik des Taschenbuches an sich bleibt bestehen, ungeachtet seiner Millioneninflation. Im vorliegenden Unternehmen springt sie zweifach in die Augen; einmal in dem bis zum Zerreißen gespannten Bogen vom Nibelungenlied bis zu „Servus, Herr Oberst“, und dann in dem unlösbaren Unterfangen, das oft überreiche und vielverästelte Werk unserer Lebenden durch Auszüge und Textproben in 120 Seiten hineinzuzwängen. Bleibt das unbestrittene Verdienst, Sterne zweiten Grades zum Leuchten zu bringen oder von lebenden oder toten „Stars“ Unbekannteres oder Vergriffenes vorzustellen.

Nummer 163 also: Siegfried Freiberg, „Von Winkeln und Welt“. Nomen est omen: Freibergs Heimat ist die enge Wiener Vorstadt genau so wie die weite Welt von Brasilien, Schweiz, Italien, Portugal, Finnland, Rußland, Ägypten, die der weitgereiste Oberstaatsbibliothekar der Akademie der bildenden Künste dn Wien, Hofrat und Professor, gar liebevoll umfängt. Hier schwelgt die Auswahl in der Vielartigkeit, von der Lyrik und der Reiseschilderung bis zur Novelle und zum Roman, vom Volksstück bis zur magischen Legende vom „kleinen Weltwirtshaus“.

Nummer 164: Anna Maria Achen-rainer („Horizonte der Hoffnung“) ist Tirolerin, Lyrikerin, man möchte sagen: naUu verliebt, schiene nicht durch jede Blume und jeden Bach tiefere Bedeutung, mitunter schmerzlicher Niederschlag von Stationen eines bitteren Lebens: Waisenhaus, stellenlose Lehrerin und reichlich späte Anerkennung.

Eines unserer stärksten erzählenden Talente ist die oberösterreichische Försterstochter Marlen Haushof er — Nummer 165: „Lebenslänglich“. Unbeschaut reiht sie jeder Gymnasialprofessor unter die „magischen Realisten“, aber vielleicht liegt der ganze Fall gar nicht so einfach. Seelische Verwundungen aus der Kindheit und Jugend werfen ihre Schatten auf ihr Werk, überdacht nur noch von einem anderen Thema: der Liebe, dem Haß und der Haßliebe der Geschlechter. Unheimlichster Höhepunkt: „Die Geschichte vom Menschenmann“.

Der Waldviertler Wilhelm Szabo (Nummer 167: „Schnee der vergangenen Winter“), dem Rezensenten durch die gleichzeitige Auszeichnung mit dem Preis der Stadt Wien vertraut, geht in die Literaturgeschichte als „Alfons Petzold vom Land“ ein, als Entzauberer der Dorfidylle. Lesenswert neben den oft harten Gedichten die gescheiten Essays, darunter besonders „Das Blut — und Bodenthema“.

Zu begrüßen sind an jedem Band die Einleitungen zuständiger Germanisten und Dichter, am Schlüsse Lebenstafel und Bibliographie des behandelnden Dichters und sogar eine Kurzbiographie des Einleiters.

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