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Historische Streiflichter
DIE LEGENDA AUREA. Aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz. Union-Verlag, (Ost ) Berlin, 1963, 1113 Seiten. Preis 22 DM.
DIE LEGENDA AUREA. Aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz. Union-Verlag, (Ost ) Berlin, 1963, 1113 Seiten. Preis 22 DM.
Ein zweites Mal kurz hintereinander legt der Union-Verlag mit der Herausgabe der berühmten lateinischen Sammlung der „Legenda Aurea“ des Jacobus Voraginus, Erzbischof von Genua, 1292, Zeugnis ab von seinem technischen Können und seinem guten Geschmack, aber auch von seinem Willen — oder Auftrag? — zu kulturellen Leistungen, auch wenn diese keinen finanziellen Gewinn einzubringen versprechen. In derartigen Überlegungen spielen natürlich die damit erzielten propagandistischen Effekte eine ausschlaggebende Rolle.
Für die flüssige Übersetzung der über 150 Heiligenlegenden und der einzelnen Betrachtungen zu heiligen Festen zeichnet Richard Benz, der den einfachen, an historische Tatsachenberichte gemahnenden und daher überzeugenden Ton der Originaltexte getreulich beibehielt.
DIE LEIDENSGESCHICHTE UND DER BRIEFWECHSEL MIT HELOISA. Von A b a e i a r d. übertragen und herausgregeben von Eberhard Brost. Union-Verlag, (Ost-) Berlin, 1963. 442 Seiten, mit 50 Seiten Anhang. Preis 12.50 DM.
Der ostdeutsche Union-Verlag hat sich mit der Herausgabe dieses einzigartigen Werkes des französischen Frühscholastikers ein besonderes
Verdienst erworben. Nicht nur der hervorragende Baskerville-Antiqua- Druck auf Dünndruckpapier, sondern auch der im Anhang beigefügte, sachlich ausgezeichnete Kommentar tragen wesentlich zum Genuß dieser lebensnahen Schilderung des Leidensweges eines genialen, aber unkonventionellen — und darum verfolgten — Gelehrten und eines leidenden, asketischen Menschen bei. Der gut gelungenen und einfühlsamen Übersetzung E. Brosts gebührt besonderes Lob.
Für uns, 800 Jahre später Lebende, könnte die Leidensgeschichte Abaelards ein Trostbuch sein, so ähnlich waren und blieben die Zustände auf akademischem Boden und die (Kampf-) Methoden geistiger Auseinandersetzungen. Wirklich geistige Leistungen und materiell desinteressierte Zielsetzungen, die über das billige Mittelmaß hinausreichen, sind in der langen Bildungsgeschichte der Menschheit von den Zeitgenossen selten erkannt und noch weniger gewürdigt worden.
LEONARDO DA VINCI. Roman. Von Leo Weismantel. Union-Verlag, (Ost-) Berlin, 1963. 455 Seiten, mit einem Anhang und 16 Schwar -we4ß-Abbildungen von Meisterwerken des Künstlers. Preis 9.20 DM.
Der Roman Leo Weismantels über Leonardo da Vinci zeichnet sich vor allem durch das überzeugend ge staltete Charakterporträt eines der ganz Großen des Abendlandes aus.
Ohne zunächst künstlerische Ausbildung genossen zu haben, gelingen dem Knaben Leonardo bereits Kunstwerke von erschreckender
Tiefsicht und Genialität. Als Schüler Verrocchios, der das Einmalige in Leonardo, das er als Künstler, Forscher und Mensch zu verwirklichen berufen war, bald erkannte und behutsam zu höchster Vollendung entfaltete, verlebte da Vinci seine Lehrjahre in Florenz. Da Vincis seelische Distanziertheit führt ihn in immer einsamere Höhen, zu denen selten eine menschliche Seele vorzudringen vermochte. Nur die geheimnisvolle Gespielin der Simonetta Vespucci — „Mona Lisa“ — und sein Freund Giovanni, dessen Antlitz er sowohl als Christus als auch als Judas im „Letzten Abendmahl“ im Kloster Santa Maria delle Grazie zu Mailand verewigte, standen seinem Herzen Augenblicke nahe.
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