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IM STREIFLICHT

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DANEBENGEBRETTELT hat wohl das „Fidele Brettl“, das am 27. Jänner vom Sender Wien I geboten wurde. Man ist nicht prüde und im „Brettlton“ auch schon manches gewöhnt, aber von Liebe, Ehe, Familie und Treue einfach alles, alles herabzutun und zu verwitzeln, geht nicht an. Das war bisher Schmieren und Kaschemmen Vorbehalten: es möge ihnen überlassen bleiben.

DAS Wiener Musikstudio von Rot-Weiß-Rot, das sich nicht gerade durch Förderung der Zeitgenossen auszeichnet, brachte in der vergangenen Woche zwei interessante Opemeinakter: Menottis „Telephon“, das wir in der Fassung für zwei Klaviere bereits im Cosmos-Theater gehört haben, und Paul Konts „Indische Legende“, das weitaus beste Werk de6 talentierten jungen Komponisten, Am nächsten Tag hörte man, gewissermaßen als Ausgleich, ein „Konzert aus Europa“, das „mit Hilfe der Marehall-Plan-Mi6Sion veranstaltet wurde und weder diesen Namen noch diese Unterstützung verdient. Das Programm führte in wildem Galopp von Beethoven über Theodor Berger und Franz Schmidt zu Tschai- kowskys „Chanson triste“. Auch den Kommentar, der einzelnen Werken zuteil wurde, kann man nur als „trist“ bezeichnen!

EIN ungewohntes Bild… Musikvereinssaal: etwa zweitausend Schüler mit ihren Lehrkräften, ein Geschwirr von Stimmen, Rufen, Schritten. Dann kommt das Orchester und — stürmisch akklamiert — der Dirigent: Professor Swarowsky von der Musikakademie. Er spricht einfach und erregend zu den jungen Menschen, macht 6ie mit dem Wesen der Orche6termusik, mit den Instrumenten und ihrem Zusammenwirken, mit Rechten und Pflichten des Konzertpublikums vertraut. Darm die Musik: Weber, Haydn, Mozart, Johann Strauß. Die jungen Menschen sind begeistert, der Beifall kann sich hören lassen. — Sechsmal wird das Amt für Kultur und Volksbildung die Absolventen der vierten Haupt- und Mittelschulklassen zu diesem Programm einladen, und rund 12.000 Schulkinder werden sie hören. Diese wahre, echte Musik, die sie nicht fanden, hat sich auf den Weg zu ihnen gemacht. Später werden sie sie selbst suchen und im „Theater der Jugend oder in der „Musikalischen Jugend Österreichs“ zu finden wissen.

DER Autor dieses „Streiflichts“ unternahm vor Jahresfrist auf eigene Gefahr den Versuch, eine erete kleine Ausstellung „neuer österreichischer Graphik auf eine Rundreise durch westdeutsche Ausstellungshäuser zu schicken. Rund 50 Blätter — da6 ergibt eine nicht einmal vollgestopfte Zeichenmappe — gingen über die Grenze und wurden in sedi6 deutschen Städten ausgestellt; der materielle Erfolg war gleich Null, der propagandistische ziemlich groß. Die Zeichnungen von Fronius, Moldovan und ihren Kollegen, veranlaßten die staatlichen deutschen Kunststellen zu einer offiziellen Einladung: im Laufe des nächsten Jahres wird eine große Ausstellung moderner österreichischer Kunst in deutschen Großstädten gezeigt werden. — So weit, 60 gut. Nachzutragen bleibt nur noch, daß der Autor dieser Zeilen keinen ähnlichen Vereuch mehr wagen wird: den zollamtlichen Vorschriften nämlich fühlt er sich kein zweites Mal gewachsen… Ob nicht doch die Möglichkeit bestünde, zugunsten eines intensiveren Kulturaustausches mit dem Ausland — bei dem ja nichts gehandelt, noch auch, normalerweise, verkauft wird —, wenigstens eine Sonderklausel in die allzu zahlreichen Vorschriften einzubauen, die die Ausfüllung soundso vieler Formulare und die Erfüllung soundso vieler Formalitäten etwas erleichterte? Im allgemeinen heißt es ja ohnehin, daß Gedanken zollfrei seien. Warum nicht auch gemalte oder gezeichnete?

MIT Beginn des Sommersemesters 1952 wird die Akademie für Musik und darstellende Kun6t in Wien eine „Klasse für Filmkunst“ eröffnen, die in zwei parallel laufenden Lehrgängen (Filmdaretellung: 4 Semester, Filmgestaltung: 6 Semester) die Nachwuchsschulung von Schauspielern, Regisseuren, Assistenten und Drehbuchautoren zum Ziele hat. „Stud. film“, „Cand. ein. : Spaß beiseite. Die Sache ist todernst Die „Filmkarriere“ ist eines der grausigsten soziologischen Phänomene des Jahrhunderts. Hier den Zufall, die Charla- tanerie und nicht gerade selten auch das Verbrechen wenn nicht auszuschalten, so doch zurückzudrängen, würde allein 6thon den Versuch lohnen. Ad multos annos, Kollegen von der neuen Fakultät!

JEAN Cocteau war in München. Man hatte ihn zu Vorträgen eingeladen, seine Filme und seine Bilder gezeigt und öffentliche Diskussionen mit ihm veranstaltet. Trotzdem mag es mehr als die Höflichkeit des Gastes gewesen sein, die fhn veranlaßte, freundliche Worte über da6 deutsche Kulturleben, insbesondere über die Aufgeschlossenheit der Jugend zu sprechen. Die Teilnahme der Öffentlichkeit an den Coctau-Veran6taltungen war so groß, daß man das hübsche Bonmot prägte, daß München mitten im Winter sein „Cocteauberfest“ gehabt habe.

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