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Ironie braucht Einverständnis
Der in Berlin und Köln lebende Thomas Höft, in Österreich bekannt als Dramaturg der Styri-arte 1995, verfaßt und bearbeitet Libretti. Er schrieb, in seiner ernsten Zeit, unter anderem ein Ballett „Cyr-ce und Odysseus" und ein Stück mit Musik „Heinrichs Fieber" über Heinrich von Kleist. Mit dem Auftrag der Deutschen Oper Berlin, „Die schöne Galathee", eine komisch-mythologische Oper Franz von Suppes, zu bearbeiten, kam die Wende im Leben des Schwermütigen.
„Für mich ist es schwieriger, etwas Lustiges zu machen. Komik ist eine Frage der Distanz zu den Problemen. Komik ist eine Stufe höher. Man schaut auf Situationen und wartet ab, was entwickelt sich daraus."
Suppes Bearbeitung wurde in den Händen Thomas Höfts zu einer Satire auf den Kunstbetrieb, in dem Bollen vertauscht, verschiedene Spielebenen der Verfremdung und neue Figuren eingefügt wurden. Die Geschichte wurde vom antiken Zypern ins gegenwärtige Berlin verlegt. „In der Originalgeschichte wurde über Dinge geredet, die heute überhaupt nicht mehr komisch sind. Die Hauptrolle - ein besitzergreifender, gieriger, menschen verführender Jude - ist nicht lustig, sondern nur beängstigend." In Höfts Bearbeitung wurde der Jude Midas zu einem Galeristen, der am Ende der Sieger ist. Dieser Galerist ist unsympathisch: er vermarktet Kunst, bringt Dinge in seinen Besitz, für die er sich überhaupt nicht interessiert. Aber trotzdem ist er sympathischer als seine Vorlage, weil er echte Leidenschaften empfindet. Als Homosexueller verliebt er sich in jede männliche Figur. Am Ende kriegt er seinen Wunschpartner, die Mona Lisa von Duchamp. Mehrfach Gelegenheit, die Kunstgeschichte aufs Korn zu nehmen.
Höft nennt Galathee, die vom Stein zu Leben erwachte Frauenfigur, „einen zu lang geratenen Herrenwitz".
„Sie ist - im Original von 1865 - der vom Bürgertum projizierte Männertraum von einer Frau. Als sie lebendig wird, nimmt sie alle Männer aus und entpuppt sich als eine gräßlich dumme Gans, die nur schön ist. Am Ende beten alle, daß sie um Himmels willen wieder zu Stein wird." Und die Herren der Schöpfung werden zu verarmten Witzfiguren.
130 Jahre später ist Galathee im Libretto Thomas Höfts eine sehr selbstbewußte, kluge Frau. Alle Figuren leben bereits, das Lebendig-Werden ist nur ein Spiel der Kunstwerke, um den Männern zu zeigen, daß sie - ganz im Gegensatz - überhaupt keine Macht über die Schöpfungen haben.
Die Kunstwerke bestimmen in der neuen Galathee die Welt: die Marilyn von Andy Warhol, das zum Leben erwachte Foto der Cello-Dame von Man Ray, ein Demoiselle DAvignon von Picasso. „Tragik ist leichter", sinniert Höft im Gespräch, von einer Wo-zzeck-Aufführung in der Staatsoper kommend. „Vielleicht weil es schwieriger ist, die Welt gut zu sehen."
Was hindert Spaß? „Eine Gruppe, mit der ich nicht lachen will, die mangelnde soziale Übereinkunft. Komik setzt Einverständnis und eine gemeinsam Ebene voraus, ein Wiedererkennen von Situationen, einen Bezugspunkt. Am einfachsten ist Konsens herzustellen mit Schadenfreude oder mit Slapstick. Ironie setzt voraus, daß zwischen Menschen ein Konsens besteht, welche Dinge sie für merkwürdig und seltsam halten. Es ist leichter, einen Konsens des Negativen herzustellen." Auf den komischen Geschmack gekommen, arbeitet Höft derzeit an einer Mordshetz, an einer Groteske mit Musik „Dr. Jekyll und Mr. Hyde".
„Die schöne Galathee" in der Bearbeitung von Karl-Heinz Wahren und Thomas Höft wird am 19. und 20. Februar in der Deutschen Oper Berlin aufgeführt
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