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Kulturkampfpresse in Rom

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Überaus eindrucksvoll sind die Bilder, die ausländische Blätter von der Massenkundgebung bringen, in der sich am Sonntag vor Weihnachten das römische Volk zum Protest gegen die seit Menschengedenken unerhörten Verunglimpfungen der Persönlichkeit des Papstes und der Kirche durch eine kommunistische Presse erhob. Den Riesenplatz vor der Peterskirche, Kopf an Kopf, links und rechts herandrängend an die Kolionaden Beminis, füllte ein Menschenmeer. Von der Loggia sprach der Papst zum Volke. Ein Sturm begeisterter Kundgebungen brauste zu Ihm aus der Tiefe herauf.

Über die Herkünfte und Hintergründe der vorausgegangenen Pressexzesse berichtet ein römischer Mitarbeiter der „Neuen Zürcher Nachrichten“:

„Es erscheinen in Rom drei illustrierte Wochenzeitungen, die sich zur Aufgabe gesetzt haben, die Kirche, ihr Oberhaupt mit Verleumdungen zu besudeln: ,D o n B a s i 1 i o', ,11 Pbllo' und ,11 Mercante'. Don B a s i 1 i o ist das älteste. Bis heute sind fünfzehn Nummern erschienen. Die Zeitung trägt den Namen, den sie verdient: Don B a s i 1 i o. Beaumarchais und Rossini haben im Barbier von Sevilla Don B a s i 1 i o zum klassischen Typus des Heuchlers geschaffen. Das Blatt ,D o n B a s i 1 i o' heuchelt: er gibt vor, für die Reinheit der Sitten zu kämpfen, und reiht Lüge an Lüge, Verleumdung an Verleumdung.

Es kämpft gegen die Lateran vertrage: sie seien das persönliche Werk Mussolinis und müßten abgeschafft werden; das italienische Volk müsse sich vom Vatikan und der Kirche befreien, wie es sich von Monarchie und Diktatur befreit hat. ,D o n B a s i 1 i o' kämpft gegen die freie, konfessionelle Schule, gegen die Unauflösbarkeit der Ehe. Wie jede Nummer dieser Wochen Leitung eine Karikatur des Papstes veröffentiidit, so trägt sie jedesmal eine Karikatur von Ee Gasperi und seinen Mitarbeitern Gonella, Corsanego usw.

Der Ausländer, der hier in Rom dieses traurige Getue des .Don B a s i 1 i o' mitansieht, fragt sich, ob seine Redak-

toren von allen guten Geistern verlassen seien: wie kann ein Mensch Pius XII. mit Kot bewerfen, Pius XII., den ganz Rom als den Defensor Civitatis verehrt? Verdankt man es nicht dem Papste, daß Rom nicht zu einem zweiten Stalingrad wurde? Hat nicht Pius XII. während und nach der deutschen Besetzung täglich Tausenden und Hunderttausenden von Menschen Brot und Suppe austeilen lassen? Hat er während der deutschen Besetzung nicht Hunderte von Juden und Marxisten vor der Hinrichtung durch die SS gerettet, indem er sie in Männer-und Nonnenklöstern verborgen hielt? Haben nach der Befreiung nicht ganze Menschenscharen — zum Teil mit roten Fahnen, mit Sichel und Hammer — dem Heiligen Vater auf dem Petersplatz zugejubelt, zum Dank dafür, daß er durch sein klug-energisches Eintreten die Stadt vor der Zerstörung und ihre Einwohner vor dem Hunger gerettet hatte?

Und doch gibt es heute in der Ewigen Stadt Redaktoren und Karikaturisten, die ihn auf eine Weise angreifen, die man, nach dem ,Popolo', nicht einmal in den schlimmsten Zeiten der spanischen Kirchenverfolgung trifft.

Der Vatikan hat bei der italienischen Regierung protestiert, die katholischen Zeitungen haben entrüstet ihre Stimme erhoben, sie haben ein eigenes Wochenblatt herausgegeben, ,R a b a r b a r o', das auch mit der Karikatur kämpft. Abgeordnete der christlich Demokraten sind bei der Regierung vorstellig geworden.

In der verfassunggebenden Versammlung kam die Hetzkampagne zur Aussprache. De Gasperi nannte das Werk, das ,D o n B a s i 1 i o', ,11 Mercante' und ,11 Polio' führen, eine .satanische Kampagne' und huldigte in Gegenwart der Abgeordneten dem Oberhaupt der Kirche. Die Abgeordneten standen wie ein Mann auf mit dem Rufe: ,V i va i 1 Pap a'. .

Nur die Kommunisten blieben sitzen: sie waren sichtlich verlegen — und schwiegen.^“

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