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Kunst bei den Vereinten Nationen

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Am 14. Oktober wird das Gebäude der UNO-Generalversammlung in New York dem Gebrauch übergeben werden. Für sich allein ist es architektonisch gelungen, aber angeklebt an die ungeheure schmale Zündholzschachtel des Verwaltungsgebäudes Wirkt es unharmonisch. Im Innern merkt man das nicht. Gestaltung und Ausstattung sind in bestem modernem Stil gelungen. Die hohen Hallen, die breiten Wandelgänge, die Sitzungszimmer und der große Versammlungssaal machen einen großen und starken Eindruck. Sie erinnern an die großen Leistungen moderner skandinavischer Architektur. Der Eindruck wird aber verdorben, sobald man den Sitzungssaal betritt. Da sind links und rechts, überflüssig und unbegründet, zwei riesige Farbflecke an den Wänden. Nicht einheitliche Farbflecke, sondern breite Striche und Kreise in drei Farben. Sie sehen aus, als ob man ungeheure Zahnpastetuben ausgedrückt hätte, oder als ob ein Riesenbaby seine Finger in Farbe getaucht und damit auf der Wand hin und her gefahren wäre. Das ist nicht übertrieben; der unbefangene Beschauer traut kaum seinen Augen, Die „Rechtfertigung“ dieser „Kunst“, die der französische Maler einmal versuchte, fördert nicht das Verständnis, denn diese Worte haben gar keinen Zusammenhang mit dem Gestalteten. „Gegenstand und Perspektive lehne ich absolut ab. Ich führe einen Gegenstand ein, der auf ein plastisches Gesamtbild zurückwirkt Die Technik muß immer mehr exakt werden. Heutzutage muß ein Kunstwerk den Vergleich mit dem Industrieerzeugnis aushalten. Das künstlerische Gemälde ist falsch und veraltet. Nur das Bild, das ein Gegenstand ist (?), kann dem Vergleich standhalten und der Zeit trotzen.“

Vielen werden diese Worte nicht sinnvoller erscheinen als das jüngste Produkt ihres Autors, das von nun an Tausenden von Delegiertet , Funktionären und Besuchern die Stimmung verderben wird. Oder soll der Blick auf Grotesken das Ohr gelegentlich für Groteskes abstumpfen?

Vor kurzem wurde auch .einer der drei Rat- Sitzungssäle mit dem Wandgemälde eines norwegischen Malers geziert. Das fällt wieder ins andere Extrem. In überlebtem Jugendstil auf zahlreichen Feldern, die die Einheitlichkeit zerreißen, sirld mehr oder weniger bekleidete Gestalten aller Rassen dargestellt, die durch Kräfte, die die Vereinten Nationen versinnbildlichen sollen, aus verschiedenen unangenehmen Situationen gerettet werden. Im Vordergründe bewacht ein Storch — oder ist es ein Schwan? — eine Höhle, in der die dunklen Mächte versinken. Das Gesamtbild ist so zerfahren und eindruckslos, daß es nicht einmal seinen symbolischen Zweck erfüllt und den harmonischen Eindruck des Saales gewiß nicht hebt.

Diese Werke sind Geschenke der betreffenden Nationen, die nicht abgelehnt werden können, ohne politische Empfindlichkeiten auszulösen. Der norwegische Ministerpräsident ist sogar zur Übergabe des Geschenkes nach New York gekommen. Es sollte aber doch nicht genügen, daß ein Künstler in einem

Lande Beamte in einem Ministerium von dem Werte seiner Erzeugnisse überzeugen kann, damit Menschen aus aller Welt, die dem internationalen Parlamente mit Stimmung und Hoffnung nahen, solche Eindrücke verdauen müssen. Wenn man schon Bildschmuck in den Sälen braucht, so könnte man sich große Kunstwerke aus den Museen von New York und Washington, vielleicht auch von weiter her, ausborgen, die sogar zeitweise ausgewechselt werden könnten. Das würde weniger kosten und besser wirken, und so auch symbolisch für manches dienen, das bei den Vereinten Nationen anders gemacht werden könnte.

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