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Amüsanter Reisebericht mit Hintergründen

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Man liest diesen originellen Reiseroman Rose Macaulays, der in der Türkei und einigen Grenzgebieten spielt, zunächst mit dem vergnügtesten Schmunzeln. Köstlich die Beobachtungsgabe der Verfasserin für die kleinen Dinge und Geschehnisse am Rande, die oft doch so aufschlußreich sind. Köstlich ihr Humor, ihre Lust am Fabulieren, ihre Fähigkeit, nationale und religiöse Vorurteile ad absurdum zu führen. Und dann diese einmalige Reisegesellschaft: außer der Verfasserin das bockige, spöttisch blickende Kamel, das aber doch abwegige Expeditionen ermöglicht; der” seltsame anglikanische geistliche Vater Chantry-Pigg mit seinen ungeschickten Missionierungsversuchen; und schließlich die unvergleichliche Tante Dot mit ihrer unverwüstlichen Vitalität und ihrer unbezähmbaren Fernsehnsucht, die sie sogar zu. einem illegalen Besuch Sowjetrußlands verführt, wo sie — schlau und naivvertrauend zugleich — selbst die stursten Funktionäre und Bürokraten becirct und erreicht, daß sie. im Lande umherreisen darf.

„Das eben ist das Zwiespältige daran: Glück, Schuld und Gewissen streben nach verschiedenen Richtungen, so daß Geist und Seele auseinandergerissen werden, und wenn das so Jahr für Jahr anhält, setzt sich der Zwiespalt fest und hört nie auf, und selbst wenn das Leben, wie manche meinen, nach dem Tode weitergeht, ist dieser tiefe Zwiespalt immer noch da, und nichts kann ihn heilen, eben weil Niedertracht und Selbstsucht die Ursache für unser Glück und unsere Freude gewesen sind. Ich jedenfalls weiß keinen Ausweg aus diesem Dilemma …”

Am Schluß des Buches treten solche Reflektionen immer stärker in den Vordergrund. Laurie hat durch einen selbstverschuldeten Unfall ihren Geliebten verloren. Nach seinem Tod steht, äußerlich gesehen, nun nichts mehr im Wege, daß sie ihren Frieden mit der Kirche macht, was zu tun sie sich früher so oft gesehnt hatte.

„Aber ich, fühlte jnich nicht dazu imstande und trug ufcftt einmal Verlangen,. įdrnacį % . Ich lebe jetzt in zwei Höllen, denn ich habe Gott verloren und lebe auch ohne Liebe oder jedenfalls ohne die Liebe, an der ich hänge …Und dennoch ist das Leben bei all seiner Qual und Verzweiflung über Verlust und Schuld etwas Erregendes und Herrliches, klug darauf angelegt, uns zu unterhalten und zu erheben, voll Sympathie und Liebe, manchmal wie ein Gedicht oder ein hohes Wagnis, manchmal sehr edel und manchmal auch heiter, und was auch immer (wenn überhaupt) darnach kommen sollte, dieses Leben wird uns nie wieder beschie-

den sein …”

Durchhalten und Sich-Bescheiden — das ist die Quintessenz dieses, auf den ersten Blick so. heiteren Buches. Und eine zaghafte Hoffnung inmitten aller tapferen Resignation, eine sehr offene Hoffnung, deren Ziel fest zu umreißen wir nicht wagen.

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