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Linz: Heitere Farce und leeres Pathos

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In den Linzer Kammerspielen sind nun die Vorläufer von Ionescos „Nashörnern“ A y m e s „M o n d v ö g e 1“ zu sehen. Die Farce wurde 195 5 in Paris uraufgeführt. Ayme verwendet ein altes Motiv von Mythen und Märchen, die Verwandlung von Menschen in Tiere durch eine imaginäre magische Kraft. Ayme läßt Valentin, einen dürftigen Hilfslehrer, durch Konzentration in den Besitz solcher Kräfte kommen, die indes auch mit der Konstellation des Mondes in Zusammenhang stehen. So nennt er die in Vögel verwandelten Menschen Mondvögel. Damit werden verschiedene andere Motive verbunden, und zuletzt klingt noch das von Ionesco in den Nashörnern zum Thema gemachte an: die Suggestivwirkung auf das Kollektiv. Valentin verwandelt alle, die ihm Schwierigkeiten bereiten, in Vögel, die, in Käfigen verwahrt, bald das ganze Haus füllen. Doch beim Mondwechsel erhalten sie wieder ihre menschliche Gestalt. Die beiden ersten Akte sind humorvoll und zügig, dann wird die Fabel ausgewalkt. Das einzige, das man an der wirkungsvollen Regie Hermann Kutschers bemängeln könnte, ist, daß er den 3. und 4. Akt nicht gekürzt und zusammengezogen hat. Das Spiel wirkt gerade durch die unaufdringliche Art. Er verzichtet auch auf eine penetrant wirkende Tendenz in der Szene, wo Schüler — mit Ausnahme eines einzigen, analog dem Behringer bei Ionesco — dem suggestiven Sog erliegen und stürmisch verlangen, in Vögel verwandelt zu werden. Walter Perdacher schuf ein einstimmendes Bühnenbild, Kurt Werner die untermalende Musik und einen Schlußsong. Gespielt wird durchweg gut. Aus der großen Zahl des geschlossen wirkenden Ensembles seien genannt Alexander Wagner als vorbildlicher Valentin, Gustav Dieffenbacher als in vieler Hinsicht geschlagener Schuldirektor, Uta Wagner als unansehnliche Frau, Helga David als um so attraktiveres Mädchen, ferner Ae Damen Halovanic, Jenisch und Stefan sowie die Herren Frick und Groß.

Im Rahmen einer finnischen Woche in Linz brachte das Landestheater in den Kammerspielen die dramatische Studie „M a d a m e“ von Walentin Chorell als österreichische Erstaufführung. Das Stück hat freilich mit finnischer Art nichts zu tun, ist dramaturgisch schwach und. mit.tiefcnpsycholcjgischer Verbrämung auf Effekte abgestellt. Wir sehen die letz-' ten Tage einer von der Welt vergessenen Schauspielerin, die sich in ein Traumdasein flüchtete und sich auch um das Sterben im Wahn hinwegspielt, für den lieben Gott im Himmel eine große Szene zu spielen. Ergreifende Momente können nicht den makabren Gesamteindruck übertönen. Der Dramaturg des Landestheaters, Dr. Gerhards, hat als Regisseur den Einakter in drei Bilder, durch orchestrale Einlagen getrennt, zerdehnt. Das Bühnenbild Heinz K ö 11 e 1 s unterstreicht das Makaber-Phantastische. Was mit der Aufführung versöhnt, ist die hohe künstlerische Leistung von Berti Halovanic als Ma'dame. Sie vermag das vielfach hohle Pathos mit menschlichem Leben zu erfüllen, das Fehlen einer Substanz zu überdecken Ihrem profilierten Spiel galt auch der Beifall. Als Chargen sind verdienstvoll eingesetzt Maria Hanke und Herbert Kucera.

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