6640407-1957_41_15.jpg
Digital In Arbeit

Saisoneröffnung im Keller

Werbung
Werbung
Werbung

„Philemon und B aukis”: Das Theater der Courage konfrontiert uns mit einem äußerst geschickten, talentierten Schauspiel des jungen Münchner Dramatikers Leopold Ahlsen. Nachdem man sich vom Unmut befreit hat, der einen immer dann befällt, wenn (schon wieder) von einem jungen Autor eine antike Sage hergenommen wird, um als Vorgeschichte, Vorbild und Vorwand für verklausulierte, unser Jahrhundert betreffende Aussagen zu dienen, erschließt sich (unter der weiteren Voraussetzung, daß man der unzähligen „Neudeutungen” nicht schon so gründlich müde ist, wie der Unart bäuerlicher Bühnenmenschen, ihre Gefühle in studentisch hochtrabenden Formulierungen zu verkünden) ein gut gemachtes, spannendes Stück. Es versetzt uns höchst wirkungsvoll in eine Schicksalstragödie zweier alter Menschen, die im Kriege zwischen die Mühlsteine der bedingungslosen Feindschaft und in ideologischen Diensten stehenden Unmenschlichkeit geraten; weil, wenn Hilfe not tut, ihre Hütte für Freund und Feind offen steht. — Philemon und Baucis eben, das klassische greise Paar der bedingungslosen Gastfreundschaft und Humanität, das der Sage nach von den Göttern den Vorzug .des gemeinsamen Todes geschenkt bekam. In Ahlsens • Stjfö ßesötgt’diesen Toä f r e i 1 ic5hJ’ i tr’ f ’6¥ö s eV Pär - tisanenfunVer, kein antfker öotti BieSėm Umstahd waren ursprünglich ein paar Bogen hörbar raschelnden Papiers gewidmet, beschrieben mit politischen Problemballast. Sie fielen einem klugen Rotstift zum Opfer, und das war gut so. So verlagerten sich die Akzente dem rein Menschlichen zu — zum packenderen und bedeutungsvollen Teil des Stückes. Die Aufführung (Regie: Fritz Zecha) ist neben einigen Schönheitsfehlern dicht und voller Spannung; im Vordergrund steht die außerordentliche Gestaltungskraft Anton G a u g I s. Um ihn herum ein Ensemble kräftiger Charakterisierungen; Augusta Ripper, Hanns Obonja. Walter Langer, Maria Walenta, Otto Gassner und andere.

„Pierre und Isabelle” von Marcel Achard im Parkring - Theater .: Es ist. schon so — wenn sich die Theaterbesucher deutscher Zunge unterhalten gehen, dann wollen sie vor Vergnügen gröhlen. Wenn es nichts zu gröhlen gibt, dann empfinden sie Langeweile. Dann überlegen sie, ob sie nicht vielleicht doch in ein ernstes Stück hätten gehen sollen. Achards Komödie „Pierre und Isabelle” unterscheidet sich von all der gängigen Unterhaltungsware unserer Lustspielroutiniers so. wie ein bunter, leichtfertiger Vogel von einer grell und grotesk angestrichenen Taube mit Schnürschuhen. Sie ist also gar nicht komisch. Niemand schlägt sich vor Vergfnigen auf die Schenkel. — Unter solchem Gesichtspunkt dauert diese amüsante, geschwätzige Achardsche Seifenblase, die uns von zwei den Musen ergebenen, verliebten und hungernden Glückspilzen in einem Pariser Atelier erzählt, viel zu lange. Bei, einem liebenswürdigen Boulevardstück, in dem es weder Verwechsfungsällotria noch Verkleidungsulk gibt, das weder „gut gebaut” noch „handfest” ist, eben „nur” charmant und voller reizender kleiner ; halten zu haben. Besonders dann, wenn es weder beliebte Komiker noch Konversationsstars gab (die das kleine Parkring-Theater verständlicherweise nicht bieten kann). Daß die bescheidene, aber liebenswürdige Aufführung (Regie: Jörg Buttler) in der Person des ungemein begabten, humorvollen und gewandten jungen Alexander Wagner eine große kleine Entdeckung hervorbrachte, ging in dem ausgebliebenen Gröhlen unter. Die anderen bemühten Darsteller waren: Bibiana Zeller, Fritz Rudolf, Herbert Kersten, Hedda Zoglauer, Luise Prasser.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung