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Probleme des Alters

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In jungen Jahren bestürmt den Menschen eine Fülle von Wünschen, Fragen und Problemen. Probleme, die gelöst, und solche, die vielleicht erst viel später oder auch gar nicht gemeistert werden können. Wohl fallen viele dann mit zunehmenden Jahren überhaupt weg, andere ändern sich und wieder andere treten aber auch erst im „Winter des Lebens” auf.

Uftter diesen tritt die schwerwiegende Frage in den Vordergrund: wo werden Wir wohnen und kann uns ein Altersheim zu einem schönen, geruhsamen, friedvollen Lebensabend verhelfen? Denn im Alter stehen die Menschen oft ganz allein da in der Welt. Die körperliche Verfassung, der naturgemäße Abbau der Kräfte, erschwert die Führung eines eigenen Haushaltes, der alleinstehende Mann insbesondere weiß ich vielfach kaum zu behelfen.

Bei der sorgfältigen Analyse dieser Probleme ergibt sich eine Reihe von lösbaren und unlösbaren Schwierigkeiten, verursacht durch die zahlreichen unterschiedlichen Lebensumstände, und eröffnen sich dann zugleich aber doch jene Auswege, die für den betreffenden Menschen anwendbar und ausschlaggebend sind. All dies muß sorgsam und genau überlegt werden, denn die Koordinierung der erwähnten Lebensumstände und der sich bietenden Lösungsmöglichkeiten zeigt dem einzelnen Menschen die für ihn maßgeblichen Entschließungen klar an. Dabei geht es nicht nur um die finanzielle Seite oder um Wunschvorstellungen eines geruhsamen, harmonischen Lebensabends, sondern euch um jenen Wohntyp, der die größtmögliche Erfüllung der Wünsche für die Menschen bietet.

Unter den so nur kurz angedeuteten Vielheiten unerläßlicher und unabdingbarer Unterscheidung, verspricht das Altersheim noch immer jene menschlich sorgfältigste Wahl, die, in Berücksichtigung der obenerwähnten Lebensumstände, den sorgenfreien Lebensabend nicht nur versprechen, sondern auch erfüllen kann.

Es führte im Rahmen dieser kurzen Betrachtung viel zuweit, eine Analyse folgen zu lassen, welche die Wege und Auswege, aber auch die jeweils gegebene Lösungsmöglich- keit aufzählt. Hier bieten sich die Empfehlungen der mündlichen versierten Beratungsstellen und Aussprachemöglichkeiten über die vielen teils sehr schweren Fragen an.

Als Schulbeispiel soll aber hier wenigstens ein Typ eines modernen Altersheimes (siehe unser Bild) Erwähnung finden, der auf vinzenti- nisch-caritativer Basis, gemeinnützig durch den Vinzenzverein von vornherein eine Reihe von allgemeinen auftauchenden Fragen zu klären versucht, sodann aber auch entsprechende Voraussetzungen schafft.

Der Platz eines solchen Heimes sollte nicht im Stadtzentrum oder einem enggeschlossen verbauten Stadtteil, vielmehr an der Peripherie, aber nicht zu sehr weit draußen liegen. Umgeben von Gärten, Ruheplätzen und Grünflächen sollte der alte Mensch in unmittelbarer Nähe gute Verkehrsverbindungen haben.

Dies sowohl für Fahrten in die Stadt wie auch für Besuche von Verwandten und Bekannten im Heim. Durch eine, wenn auch keineswegs luxuriöse, aufwendige, so doch komfortable Bauweise mit Einzelzimmern, tunlichst nach Süden gelegen, die über alle modernen Einrichtungen (Bad, Toilette, Waschraum) verfügen, durch bequeme Gemeinschaftsräume, die nach Belieben zur Verfügung stehen, Fernseh- und Leseräume, wird die Gefahr der Vereinsamung gebannt. Der Insasse hat aber dennoch die freie Wahl, den Tag allein oder in den Gemeinschaftsräumen zu verbringen. Die, wie schon erwähnt, lichten Zimmer nach Süden, gewähren viel Sonne. Die Lage der Wirtschaftsräume, Küche usw. usw., muß vor allem ausschließen, daß das Heim den ganzen Tag über mit Essensgerüchen erfüllt ist. Lift ist Selbstverständlichkeit, aber auch flache, bequeme Treppen sollen die Stockwerke ohne Mühe leicht ersteigen lassen.

Als Kleinigkeiten betrachtet werden oft zu Unrecht in den Heimen die „Nichtigkeiten”, wie etwa Lärmbekämpfung durch schaumgummi- abgedichtete Türen, keine Kabel, die frei am Boden schleifen, stabile, gut griffige Treppengeländer, Telephonautomaten mit Sitzgelegenheit für gehbehinderte Insassen, automatisches Licht, sogenanntes Fünf- bis Zehn-Minuten-Licht, beim Öffnen der Haustüren und vieles andere mehr. Sie sind wichtig, und ihre Nichtbeachtung kann eine recht ärgerliche Quelle von Unannehmlichkeiten werden. Sie zählen alle zu jenen „epitheta ornantia”, die, zusammen genommen, zur steten Nervenberuhigung und zur Sich- wohlfühlen gehören.

Das als Beispiel erwähnte Altersheim — das im übrigen auch alleinstehenden, berufstätigen Menschen schon eine Heimstatt bieten kann — soll am Hang des Wilhelminenber- ges, verkehrsmäßig günstig gelegen, entstehen. Die prächtige Sicht über die Stadt und zum südlichen Wienerwald bietet ein unerschöpfliches Reservoir von Luft und Sonne zu allen Jahreszeiten. Nicht nur beim ihskSsen, sonder leider auch beim Bauherrn ergeben sich natürlich zwingende materielle Voraussetzungen, die aufeinander abgestimmt werden müssen. Sind es bei den Interessenten vielleicht beengte, finanzielle Verhältnisse, so ergibt sich für die Initiatoren die Notwendigkeit, durch Bauzuschüsse die Verwirklichung des ganzen einstweiligen Bauprojektes zu ermöglichen. Wird aber ein solcher Bau auf gemeinnütziger Basis errichtet und auch geführt, dann wird es dadurch auch möglich werden, die genannten Zuschüsse in einem festgelegten Zeitraum den Insassen zu refundieren. Gerade da zeigt sich in’ augenfälliger Weise die Gemeinnützigkeit von ihrer segensreichsten Seite.

Der Bedarf an solchen guten Heimen ist groß — das Angebot einstweilen noch weit entfernt von einer Deckungsmöglichkeit der Nachfrage. Der Anteil alter Menschen an der Gesamtbevölkerung ist in stetem Wachsen begriffen, die Lebenserwartung in absehbarer Zeit klettert weiter nach oben, und wir wollen uns darüber freuen. Wenn es caritative Organisationen gibt, die sich mit Erfolg bemühen, das erwähnte Mißverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage zu mildern, also diese Altersprobleme nicht nur zu erkennen, sondern sie schließlich zu meistern und zu lösen, sie in ihrer Härte zu entschärfen versuchen, dann ist der richtige Weg zur Devise Gemeinnutz Vor Eigennutz eingeschlagen, zur gelebten .Nächstenliebe, wo das Christentum eigentlich beginnt, wo es aber in unserer modernen Gegenwart vielfach leider noch aufhört.

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