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Seitenzweige moderner Malerei

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An den Ufern der großen Kunstströme bilden sich oft kleine Buchten, stille Seitenarme, die eine kurze und üppige Vegetation hervorbringen, aber bald wieder im Sande verlaufen: Jagdgebiete der Feinschmecker, die sich an subtilen Abseitigkeiten und der kleinen Bizarrerie delektieren. Die Kunst der „N a b i s“, der Schüler Gauguins —- deren Arbeiten man jetzt im Palais Lobkowitz ansichtig wird —, stellte einen solchen Seitenarm dar, der freilich nach nicht allzu vielen Jahren schon vertrocknete; was er während dieser Zeit hervorbrachte, war zwar nicht Prophetie — „Nabi“ heißt Prophet —, wohl aber gute und interessante Malerei, die mehr oder minder offensichtlich unter dem Zeichen Gauguins stand. Manche dieser „Nabis“, Bonnard oder Vuillard, haben später die Mündung in den großen Strom wiedergefunden, andere Mitglieder der Gruppe zerstreuten sich nach allen Richtungen. Unter dem, was sie zurückließ, sind die Wandteppiche von Paul Ranson, die ausgezeichneten Holzplastiken des infolge verschiedener Umstände so gut wie unbekannten Georges Lacombę und einige frühe Arbeiten Bonnards. Erlesene, schöne Dinge, die manchmal ein wenig an den späteren Jugendstil denken lassen; ein Hauch des Kuriosen fehlt ihnen nicht, macht sie aber eher noch reizvoller.

Die „Polnische Malerei des 19. u n d 2 0. Jahrhunderts“ in der Aga- thongalerie überrascht durch bedeutende handwerkliche Qualitäten und die .Tatsache, daß sie-durchaus westeuropäisch orientiert ist: die ausgezeichneten Bilder Brodowskis lassen siqji unserer Biedermeiermalerei ohne weiteres einfügen, Gierymskis schönes Familienporträt erinnert an Makart, und die Spuren Courbets, Delacroix’ oder Ensors sind picht leicht zu übersehen. Diese Bemerkungen sollen freilich weniger die Abhängigkeit, als die Verwandtschaft bezeichnen, die zwischen den polnischen Malern und ihren Kollegen in Österreich oder Frankreich zweifellos besteht, denn ihre Kunst ist im übrigen durchaus eigenartig — eine starke Neigung zum Realismus, ein kräftiges lyrisches Gefühl ist ihnen allen eigen. Im Widerspruch zu dem Titel der Ausstellung ist die Kunst unseres Jahrhunderts spärlich und nur mit nicht besonders guten Beispielen vertreten. Das Bild von Makowski, „Heimkehr aus der Schule“, ist die Ausnahme, die damit wiederum versöhnt.

Oskar L a s k e (Kollektivausstellung in der Galerie Würthle) nimmt in der österreichischen Malerei schon längst einen Ehrenplatz ein. Seinen Märchenbildern, Drolerien, vergnüglich-skurrilen Fabeln begegnet man immer wieder mit Freude. Wie Kubin al Zeichner, so ist Laske als Maler zugleich auch ein Moralist von hohen Graden, ein Sittenschilderer und Prediger, der barocke Vergleiche und Sprichwörter in Fülle bereit hat. Die Laske-Aquarelle sind wie immer so auch diesmal; saftig, hell und von unwiderstehlicher Heiterkeit.

Abschließend sei einer Photoausstellung Erwähnung getan, die sich die Arbeiter und Angestellten des Simmeringer Gaswerks zum Jubiläum ihres Betriebes mit viel Liebe und Sorgfalt geschaffen haben. Arbeiter, die ihre Fabrik selbst ins Bild brachten — was so entstand, sind wirklich echte Werkbilder, die jedem Berufsphotographen Ehre machen würden.

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