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Sender und Hörer

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Neben etlichen, “mit Sorgfalt gewählten Spielen vom Leiden und Sterben des Erlösers wiesen die Programme der österreichischen Sender in den letzten Wochen mehrfach auch Spiele auf, die auf das Passionsgeschehen nicht unmittelbar Bezug nahmen, sondern sich gewissermaßen nur um den österlichen Gedankenkreis bewegten. Brachte der Sender Rot-Weiß-Rot die auf engen Raum geballte „Passion“ des Sal2-burgers Georg Rendl zur eindrucksvollen Aufführung, so darf die Radiobühne der Ravag das Verdienst buchen, ihren Hörern das literarhistorisch Wohl bedeutsamste und auch seinem Alter nach ehrwürdigste aller österreichischen PassionS-spicle vermittelt zu haben, das „Klosterneüburgör Oster-spiel“, das auf weit früheren Ursprung zurückgeht, als selbst jenes von Sankt Stephan, ja nachgerade die allerfrüheste Quelle jeglichen „Dramas“ auf unserem Heimatboden darstellt. Eingefügt in die österliche Liturgie, vollzogen sich die ersten Aufführungen dieses Spiels ZU Beginn des 13. Jahrhunderts im Kreuzgang des jungen Stiftes Klosterneuburg, sehr wahrscheinlich im Beisein des jeweiligen Babenbergerherzogs und seiner Ritterschaft. Ein seltsames Schicksal sollte der einzigen erhaltenen Handschrift zuteil werden: der Schatz war eines Tages verschwunden und blieb es durch zwei Jahrhunderte hindurch. Noch im Jahre 1912 mußte Anselm Salzer in seiner „Geschichte der deutschen Literatur“ den unersetzlichen Verlust beklagen. Von dem Klosterneuburger Chorherrn Hermann Pfeiffer wieder aufgefunden, erfuhr der lateinische Text des ungenannten Verfassers durch Gisela von Berger eine edle Nachdichtung ins Deutsche, die zunächst als festliche Aufführungen der „Christlichen Kunststelle“ in Szene ging, um hernach auch den Spielplan des Burgtheaters zu bereichern. Wenngleich die Musik, die damals Andreas Weißenbäck für diese Aufführungen aus den Quadern uralter kirchlicher Motive so machtvoll aufgetürmt hatte, leider bei der Sendung des Spiels durch unsere Radiobühne nicht verwendet werden konnte, gelang es doch einer ausgezeichneten Regie, dem Hörer Stimmung und Rahmen jener allerersten Darstellungen im Kreuzgang Von Klostemeuburg fühlbar zu machen, Gleichfalls dem Wiener Sender war die Uraufführung des Spiels

„Die Tochter des Jairus“ von Felix Braun zu danken. Hier findet ein wahrhaft dichterischer Einfall — die einstens vom Heiland auferweckte Jungfrau erfährt die Botschaft seines Todes aus dem Munde des Verräters Judas — in einer hochbeschwingten, biswellen zu Vers und Reim verdichteten Sprache seine würdige Prägung.

Daß zweien, uns seit langem wohlvertrauten Bühnenstücken, nämlich „M o n-signores große Stunde“ von Emmet Lavery und Hofmannsthals „Der Tor und der Tod“, ihre Einrichtung zu Hörspielen so gut bekam, ist in besonderem Maße bemerkenswert. Sparsam, ja karg an äußerlichem Geschehen, schöpfen beide ihre Wirkung mit dem Goldbecher des schönen Wortes aus der Tiefe schöner Gedanken, und eben dies bedingt ihre Eignung auch für die Hörbühne. — Einigermaßen schwer dürfte es den Hörern gefallen sein, klare Beziehungen des Osterspiels „Am End des Weges ist das Licht“ von Hubert Haßlinger zum österlichen Gedanken zu finden. In formsicherer Verssprache rauscht es in das Dunkel seiner Symbolik hinein. Möglicherweise könnte ein zuversichtliches Wort, das da einmal fällt, den bewegten Vorgängen zu befriedigender Deutung verhelfen: „Es ist kein Mensch auf dieser Erd', der nicht der Auferstehung wert.“

Wie ein verheißungsvoller Frühlingstag mutete die seltsamerweise erste österreichische Aufführung des einzigen erhalten gebliebenen Aktes von Schuberts romantischer Jugendoper „Clau-dine von Villa bella“ an. Mit der Partitur der beiden anderen Akte heizten eines unschönes Tages die Wirtsleute von Schuberts Freund Hüttenbrenner ihren Ofen an, Welche Melodienfülle da in Flammen aufgegangen sein mag, läßt der von dem gleichen Schicksal bewahrt gebliebene Akt schmerzlich genug ahnen: er ist bereits unverkennbarer Schubert. Die Aufführung wurde gesanglich wie instrumental ausschließlich von Studierenden unserer Musikakademie bestritten, und das ergab denn freilich ein junges, herzerfreuend freudiges Singen und Musizieren,

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