6746484-1967_10_16.jpg
Digital In Arbeit

Warszawa, ul. Prozna 8

Werbung
Werbung
Werbung

Wir stehen auf blutgetränktem Boden. Das Gebäude der im Warschauer Aufstand 1944 heißumkämpften ehemaligen Telefonzentrale, der „Pasta“, wurde in alter Gestalt wiederaufgebaut, sonst blieb in der nahen Marszalkowska und ihren Seitengassen kaum ein Stein über dem anderen. Neue Häuser geben Warszawa-Srödmiesce, dem Warschauer Bezirk „Stadtmitte“, immer mehr ein supermodernes Gesicht. Hier, wo in wenigen Jähren ein neues urbanistisches Zentrum entstehen soll, hat das Österreichische Kulturinstitut in der polnischen Hauptstadt Quartier bezogen. Die Wahl des Platzes war ein Wechsel auf die Zukunft. Aber das kann auch von der Aktivität des Instituts gesagt werden, das unter der erfahrenen und initiativen Leitung von Doktor Fritz Cocron seit zwei Jahren österreichische Kultur nach Polen vermittelt und interessierten Polen den Zugang zu den Quellen österreichischen Geistesschaffens zu ebnen mit Erfolg bestrebt ist.

Seit ihrer Eröffnung im März 1965 hat die Czytelnia Austriacka — so die offizielle polnische Bezeichnung

— bei 41 Veranstaltungen ungefähr 9500 Besucher empfangen können. Ungefähr 30 Prozent von ihnen — das ist der besondere und berechtigte Stolz der verantwortlichen Leitung

— kamen aus den Kreisen der studierenden Jugend.

Was interessiert die Polen besonders? Diese Frage ist schwer zu beantworten. Das Angebot war und ist reich — ob es sich um Vorträge, Dichterlesungen, musikalische Darbietungen, um Ausstellungen bildender Kunst oder um kunstgeschichtliche Expertisen handelt.

Und die Pläne für die Zukunft? An ihnen hat es keinen Mangel. So will das Kulturinstitut vor allen Dingen auf dem Sektor der Literatur Vorlesungen von österreichischen Schriftstellern forcieren, deren Werke in Polen für Übersetzungen vorbereitet werden oder bereits übersetzt sind. Einer polnischen Anregung folgend, plant das Kulturinstitut in weiterer Sicht auch die Realisierung einer Ausstellung „Polo-nica in österreichischen Sammlungen“. Vorerst aber bekommen Blätter von Lehmden und Kokoschka Gastrechte in der ul. Prözna. Roland Rainer ist in Warschau, das noch im Wiederaufbau steht, sehr willkommen. Die österreichische Idee wird von Dr. Drimmel interpretiert werden und Univ.-Prof. Leitsch kann für seinen Vortrag über „Das Slawische in der Wiener Kultur“ eines interessierten Publikums sicher sein. Professor Sittner und Erik Werba werden in Wort und Ton neben anderen zur Intensivierung des musikalischen Sektors beitragen. Das alles sind aber nur Streiflichter, die die volle Aktivität des Kulturinstitutes nicht voll beleuchten können.

Und das Echo? In ihrer zweijährigen Tätigkeit ist die Czytelnia Austriacka im kulturellen Warschau zu einem festen Begriff geworden. Dies geht nicht nur aus dem steigenden Besuch der Veranstaltungen, sondern auch aus den relativ häufigen polnischen Zeitungsstimmen hervor. Besonders anerkennend wird vermerkt, daß im Zuge der Eigenplanung des Kulturinstituts österreichische Vortragende und Künstler speziell nach Polen kommen und nicht etwa nur im Rahmen eines Europatrips hier in Warschau gleichsam „Zwischenstation“ machen. Wer die Polen kennt, weiß, daß sie solches Interesse doppelt zu schätzen wissen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung