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Der drückende Nachwuchsmangel

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Freilich, den tiefer Blickenden und von der Geschichte Gebildeten ist es klar, daß jedes Kloster immer zuerst aus dem Emst und der Tiefe des religiösen Lebens seiner Mitglieder lebt. Klöster — und das erwarten gerade die gläubigen Laien — müssen Stätten des Betens, des stillen Selbstopfers, der bedingungslosen Nachfolge Jesu sein. Daß viele einzelne in unseren Stiften diesem Ziel in ganzer Hingabe folgen, wissen vielleicht zu wenige. Aber vielleicht müssen diese Klöster doch als Gemeinschaft eine gültigere, unserer heutigen Zeit und ihren Bedürfnissen angemessenere Form finden. Der Historiker weiß, daß die Benediktinerklöster stets blühten, wenn sie sich in zeitgemäßer Weise dem Dienste der Kirche zur Verfügung stellten. (Englandmission, Bonifatius, Cluny im Kampf gegen das verweltlichte Rom usw.) Da mag der Grund zu suchen sein, warum doch ein sehr drückender Nachwudis- mangel zu beklagen ist. Ich kann es ganz gut verstehen, daß heute, in dieser Zeit ohne jugendliche Romantik, voll von krassem Realismus, nur wenige sich zu einem zölibatären Leben mit nicht geringen Beschränkungen der persönlichen Freiheit entschließen können. Wenn trotzdem immer wieder junge Menschen diesen Entschluß fassen, so möchten sie damit zu einer Änderung der heutigen Situation beitragen, sie möchten der missionarischen Forderung der Stunde, die sichtbar von den jüngeren Menschen stärker erlebt wird als von den Generationen, die durch starke Erinnerungen an eine schönere Vergangenheit eher einer konservativen Gesinnung anhangen, Folge leisten. Und dieser Forderung werden die österreichischen Klöster in ihrer heutigen Gestalt kaum gerecht. Eine solche Änderung, die freilich nie in neuen Formen und strengeren Gepflogenheiten allein bestehen wird, sondern immer von innen her aus einem neuen Geist zu erhoffen ist, wird zweifellos um das Um und Auf dieser Häuser entscheiden.

Aber muß man dem Pessimismus Raum geben, der von vornherein sagt, in einem so säkularisierten Land wie es unser von Josephinismus, Liberalismus, Sozialismus und Nazismus zersetztes Österreich nun einmal ist, könnten unmöglich so viele Klöster, die mehr oder weniger doch beschaulichen Charakters sind, weiterbestehen? Die Frage müßte gewiß von den Verantwortlichen als sehr ernst und drängend empfunden werden, aber kann nicht auch von jüngeren Menschen erwartet werden, daß sie dort, wo das monastische Ideal in neuer, zeitgemäßer Form verkündet wird — und die wird immer irgendwie auf das Anliegen der Stunde, der längst notwendigen österreichischen Innenmission, zugeschnitten sein —, ihr Ja sagen? So wie es Hunderte junger Männer in bereits 20 Ländern taten, wo ihnen in dem institum saeculare Opus Dei — als Laien in weltlichem Beruf und ohne Priestertum — mit allen Bindungen der drei Gelübde diese Möglichkeit gezeigt wird? Das ist kein leeres Gerücht, sondern der Bericht eines spanischen Priesters, der seit Jahren selbst als Seelsorger dieser umstürzenden Bewegung angehört. Ich kann nicht glauben, daß ich bloß als alternder Mann den Glauben nicht lassen kann, für eine solche Erneuerung stehe die Wiege in unseren österreichischen Klöstern bereit.

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